Trotz der vollmundigen Ansage eines für alle Beteiligten wirksamen Bürokratieabbaus im Koalitionsvertrag droht mit der Umsetzung des „Steuerbürokratieabbaugesetzes“ vom 20. 12. 2008 erneut eine erhebliche bürokratische Zusatzbelastung für die Unternehmen. Bereits mit Wirkung für 2011 sollen sie ihre Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in elektronischer Form an das Finanzamt übermitteln. Das hierzu in Arbeit befindliche BMF-Schreiben sieht in dem gerade den Verbänden zur Kenntnis gebrachten Entwurf eine Gliederungstiefe vor, deren Anforderungen von den bisherigen Buchhaltungssystemen nicht erfüllt werden können und die deshalb zu durchgreifenden Anpassungen in den ERP-Systemen der Unternehmen führen.
Wenn hier vermieden werden soll, dass später mühsam Nachbuchungen erfolgen, müsste diese Umstellung vor dem 1. 1. 2011 erfolgen. Dies ist nicht einmal theoretisch denkbar, zumal das endgültige BMF-Schreiben vermutlich frühestens im Dezember 2010 erscheinen wird. Deshalb ist unbedingt eine Verschiebung des Anwendungsbeginns um zwei Jahre erforderlich. Eine gesetzliche Grundlage hierfür ist in § 51 Abs. 4 Nummer 1c EStG gegeben.
Darüber hinaus ist die Einbeziehung von solchen Unternehmen, die nach den Vorschriften der Betriebsprüfungsordnung Steuer als Großbetriebe einsortiert sind und deshalb ständig und ohne Pause der Betriebsprüfung unterliegen, überschießend. Erklärtermaßen wird mit den Regelungen über die E-Bilanz das Ziel verfolgt, die Prüfung der Kontrollwürdigkeit von Unternehmen durch Außenprüfungen an Amtsstelle zu erleichtern. Dieser Gesetzeszweck kann bei Unternehmen, deren Kontrollbedürftigkeit schon auf Grund ihrer Größenklasse unterstellt wird, nicht erreicht werden. Angesichts der Belastung der Innendienste der Finanzämter kann davon ausgegangen werden, dass den von diesen Unternehmen aufgestellten Bilanzen keine Aufmerksamkeit gewidmet wird, weil sie wegen der Anschlussprüfung einer sorgfältigen, eingehenden und mit der Berechtigung zum EDV-Zugriff agierenden Außenprüfung vor Ort unterliegen. Es ist überhaupt kein Grund ersichtlich, diesen Unternehmen, denen die Dauerlast der Anschlussprüfung auferlegt ist, weitere Lasten in Form der elektronischen Übermittlung der Steuerbilanz in der dargestellten ausufernden Form zuzumuten, wenn klar ist, dass diese Arbeit letztlich nur für den elektronischen Papierkorb gemacht ist.
Die Finanzverwaltung sollte hier souverän genug sein, und sich nicht dem bereits vorgebrachten Argument beugen, dass eine Besserstellung der Großunternehmen aus politischen Gründen vermieden werden müsse. Diese liegt nämlich schon deshalb nicht vor, weil sie – anders als Klein- und Mittelbetriebe – der Dauerlast der Anschlussprüfung unterliegen.
Schließlich ist festzuhalten, dass die Öffentlichkeit bisher nur ein unzureichendes Bild von dem entstehenden Umstellungsaufwand hat. Im Gesetzgebungsverfahren wurde von der Finanzverwaltung noch ein Aufwand für die Wirtschaft in Höhe von 500.000 € angenommen. Fachleute schätzen den Umstellungsaufwand bei Realisierung der Entwurfsvorstellungen auf durchschnittlich mindestens 5.000 € je Unternehmen. Daraus errechnen sich leicht Gesamtaufwendungen im höheren einstelligen Milliardenbereich für die insgesamt bei Einbeziehung der Großunternehmen betroffenen 1,35 Mio Gewinnermittler.