Seit Jahren wird immer wieder über das Schicksal der Gewerbesteuer diskutiert und es werden Vorschläge zur Neugestaltung der kommunalen Finanzen entwickelt. Eine große Reform ist aus Sicht aller Beteiligten überfällig, gestaltet sich aber nach wie vor schwierig. Umso dringender ist weiterhin eine Adressierung der akuten Brennpunkte aus Sicht der Unternehmen und eine Diskussion zu Korrekturbedarf und -möglichkeiten auch im bestehenden System.
Die letzten umfangreichen Änderungen des Gewerbesteuergesetzes durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 führen zu vielen Fragen bei der praktischen Handhabung, die von der mangelhaften Abstimmung der Gewerbesteuer mit Einkommen- und Körperschaftsteuer, beispielsweise mit der Zinsschrankenregelung, über die Einbettung der Gewerbesteuer in den internationalen Kontext, z. B. des EU-Rechts, bis hin zu Einzelaspekten reichen.
Ein Problemfeld sind auch Geld- und Sachkapitalüberlassungen vor dem Hintergrund des § 8 Nr. 1 GewStG, der die Hinzurechnung von Zins- und Finanzierungsanteilen in Mieten, Pachten sowie von Aufwendungen für die Nutzung von Rechten regelt. Eine Hinzurechnung erfolgt bei jedem Steuersubjekt, unabhängig davon, ob das Geld- oder Sachkapital im eigenen Unternehmen verwendet oder weitergegeben wird. Es kann somit bei Weitergabe bzw. Durchleitung von Geld- und Sachkapital zu Kaskadeneffekten kommen, d. h. einer gewerbesteuerlichen Erfassung auf jeder Stufe. Lediglich bei Lizenzen (und nach Auffassung der Finanzverwaltung weiteren hinzurechnungspflichtigen Rechten), die ausschließlich zur Weiterleitung bestimmt sind, sieht das Gesetz eine Ausnahme vor; eine Eigennutzung wäre aber schädlich. Steuerpflichtige sind somit gezwungen, soweit faktisch überhaupt möglich, gesonderte Verträge für die eigengenutzten und die weitergeleiteten Rechte abzuschließen, um einen Kaskadeneffekt zu vermeiden.
In Inlandsfällen kann die doppelte Belastung auch durch eine steuerliche Organschaft vermieden werden. Bei Weiterleitung an ausländische Konzerngesellschaften erfreut sich der deutsche Fiskus aber an der Erhebung von Gewerbesteuer auf die (weitergeleiteten) Aufwendungen der gesamten Gruppe.
Ungeachtet der fiskalisch ergiebigen Ausgestaltung erschließt sich nicht, warum diese Ausnahmeregelung auf Lizenzen bzw. Rechte beschränkt bleibt. Auch bei anderen Hinzurechnungen kommt es zu Kaskadeneffekten, wie bei Cash Pool Systemen. Zudem stellt sich die Frage, warum die Hinzurechnung nicht auf jeder Ebene auf den Nettoaufwand und damit auf die Aufwendungen beschränkt wird, die tatsächlich das Steuersubjekt belasten. Die Regelung zur Zinsschranke zeigt, dass dies möglich ist. Eine Beschränkung der Hinzurechnung auf die Nettoaufwendungen würde zu wirtschaftlich richtigen Ergebnissen führen. Allerdings scheint bisher weder auf Seiten des Gesetzgebers noch der Finanzverwaltung die Bereitschaft zu bestehen, hier Abhilfe zu schaffen.
Aber selbst wenn man nicht so weit geht, Gesetzesänderungen einzufordern, würden Klarstellungen des Gesetzeswortlauts in der Praxis helfen. So erfolgt eine Hinzurechnung von Aufwand aus „nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprechenden“ Skonti als Entgelt für Schulden. Allerdings bleibt leider offen, ob unter „gewöhnlichem Geschäftsverkehr“ auch individuelle, unternehmen- oder kundenspezifische Skontoregelungen, die in der Vergangenheit bereits praktiziert wurden, erfasst sind. Hier besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber oder zumindest die Finanzverwaltung hier Abhilfe schaffen würde und nicht die Finanzgerichte.
An diesen wenigen Beispielen wird bereits der dringende Änderungsbedarf an den bestehenden gewerbesteuerlichen Regelungen deutlich. Ein Forum zur Diskussion offener Probleme und Lösungsmöglichkeiten im bestehenden System – gestalterisch wie legislativ – bietet sich im Rahmen eines Kolloquiums des Instituts Finanzen und Steuern am 28. 9. 2010 in Berlin mit Vertretern aus Politik, Finanzverwaltung, Industrie und Beraterschaft.