Zur Versteuerung eines Veräußerungsgewinns von Mitarbeiteraktien zusätzlich zum Arbeitslohn

RA StB Dr. Rosemarie Portner LL.M., Düsseldorf

Erwirbt ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verbilligt Aktien am Arbeitgeberunternehmen, ist die  Verbilligung regelmäßig in dem Zeitpunkt als Arbeitslohn zu versteuern, zu dem die Aktien dem Arbeitnehmer überlassen werden. Gleiches gilt, wenn ein mit dem Arbeitgeberunternehmen verbundenes Unternehmen, beispielsweise die Muttergesellschaft dem Arbeitnehmer verbilligt Aktien überlässt. In der Regel verkauft der Arbeitnehmer die Aktien oder einen Teil der Aktien zeitgleich mit der Überlassung, um die Steuerlast oder den Kaufpreis zu finanzieren – sog. Same Day Sale.   

Bis Ende 2008 war regelmäßig zusätzlich zum Arbeitslohn ein Veräußerungsgewinn zu versteuern. Der Veräußerungsgewinn ergab sich daraus, dass sich die Verbilligung  für die Lohnsteuer aus der Differenz zwischen dem niedrigsten Börsenkurs am Tag der Überlassung und dem Kaufpreis berechnet. Kaufpreis und Verbilligung, mithin der niedrigste Kurs der Aktien, stellen für den Arbeitnehmer die Anschaffungskosten dar, die für die Berechnung des Veräußerungsgewinns  von dem Veräußerungserlös abzuziehen sind. Der Veräußerungserlös entsprach dagegen dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Orderausführung, der in der Regel höher war als der für die Lohnsteuer maßgebliche niedrigste Kurs. Damit war das Delta – oftmals zur Überraschung der Arbeitnehmer – als Veräußerungsgewinn zu versteuern, zusätzlich zum Arbeitslohn, der aus der Verbilligung resultiert.

Seit dem 1. 1. 2009 unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Aktien als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer. Werden die Aktien von einem inländischen Kredit-/Finanzdienstleistungsinstitut verwahrt oder verwaltet, muss dieses bei der Übertragung der Aktien von dem Depot des Arbeitgebers in ein Depot des Aktienerwerbers auf den Veräußerungsgewinn, den der Arbeitnehmer aus dem Verkauf erzielt, Kapitalertragsteuer einbehalten. Der Veräußerungsgewinn berechnet sich aus der Differenz zwischen dem Börsenpreis/Verkaufserlös und den Anschaffungskosten des Arbeitnehmers. Nach § 43a Abs. 2 Satz 9 EStG ist zur Ermittlung des Börsenpreises der niedrigste am Vortag der Übertragung notierte Kurs anzusetzen, weil bei Ausführung der Order der niedrigste Kurs dieses Handelstages noch nicht bekannt ist.

Nach dem BMF-Schreiben vom 8. 12. 2009 zur lohnsteuerlichen Behandlung  von Vermögensbeteiligungen kann für die Ermittlung des maßgeblichen Kurses (auch) auf den niedrigsten Kurs der Aktien am Vortag der Ausbuchung abgestellt werden. Daneben kann grundsätzlich der Tag der Ausbuchung  oder der Einbuchung  gewählt werden. In Fällen des Same Day Sale scheidet allerdings der Zeitpunkt der Einbuchung aus, weil die Aktien unmittelbar auf Order des Arbeitnehmers in das Depot des Käufers übertragen werden. Wird für Zwecke der Lohnsteuer der Vorteil auf der Grundlage des Vortags der Ausbuchung gewählt, ist der Kurs mit dem für die Kapitalertragsteuer maßgeblichen Kurs identisch, weil Zeitpunkt der Ausbuchung beim Arbeitgeber und Zeitpunkt der Übertragung auf ein Depot eines Erwerbers unterschiedliche Blickwinkel derselben Transaktion darstellen. Ein Veräußerungsgewinn oder -verlust kann dann nicht entstehen.

Gleiches sollte gelten, wenn die Aktien nicht durch ein inländisches Kredit-/Finanzdienstleistungsinstitut übertragen werden, das nicht zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichtet ist. Hier müsste der Arbeitnehmer einen Veräußerungsgewinn in seiner Einkommensteuererklärung deklarieren.

Für Arbeitgeber empfiehlt sich, beim Same Day Sale für die Ermittlung der als Arbeitslohn zu versteuernden Verbilligung den niedrigsten Kurs am Vortag der Ausbuchung heranziehen, um einen Gleichlauf zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns herbeizuführen. Dann lässt sich die Versteuerung eines Veräußerungsgewinns vermeiden.

Irritierend ist jedoch eine bundesweit geltende Verfügung des Bayerischen Landsamts für Steuern vom 14. 5. 2009.  Dort ist ausgeführt, dass „der Tag der Ausbuchung nicht maßgeblicher Zuflusszeitpunkt ist, wenn die Aktien sofort mit der Ausübung des Aktienoptionsrechts verkauft werden“. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Ausübung. Folge wäre, dass mangels eines Gleichlaufs zwischen dem für die Lohnsteuer und dem für die Kapitalertragsteuer maßgeblichen Börsenkurses in der Regel ein steuerbarer Veräußerungsgewinn entstehen würde.

Wörtlich genommen wäre diese Verfügung nur auf Fälle anzuwenden, in denen Aktien verbilligt durch Optionsausübung erworben werden, nicht aber auf einen unmittelbaren, verbilligten Aktienerwerb, beispielsweise im Rahmen eines aufgeschobenen Aktienversprechens (sog. Restricted Stock Units, RSUs). Für die Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ist aber allein der verbilligte Erwerb von Aktien maßgeblich. Die Art und Weise des verbilligten Aktienerwerbs, ob unmittelbar oder durch Optionsgewährung ist unmaßgeblich.  Hinzu kommt, dass der Ausdruck „Optionsausübung“ insofern unbestimmt ist, als sich danach der Zeitpunkt der Überlassung nicht hinreichend genau bestimmen lässt.

Bleibt zu hoffen, dass diese Verfügung aufgehoben wird, um sowohl für die zum Kapitalertragsteuerabzug verpflichteten Institute als auch die Arbeitnehmer Klarheit bei der Besteuerung eines Same Day Sales zu schaffen.

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