Behandlung von Besserungsscheinen nach Anteilsübertragung

StB Dr. Michael Best, Partner bei Pöllath & Partner, München

Verzichtet ein Gesellschafter auf eine Forderung gegenüber der Kapitalgesellschaft, so führt dies in Höhe des Wegfalls der Verbindlichkeit handelsrechtlich stets zu Ertrag. Die ertragsteuerliche Beurteilung richtet sich nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 9. 6. 1997 (BStBl. II 1998 S. 307 = DB 1997 S. 1693): Soweit die Forderung werthaltig ist, ist der Forderungsverzicht steuerneutral bei der Gesellschaft als Einlage und beim Gesellschafter als Erhöhung der Anschaffungskosten für die Beteiligung zu behandeln. Soweit die Forderung nicht werthaltig ist entsteht bei der Gesellschaft ein steuerpflichtiger Ertrag. Dieser Ertrag kann gegen einen laufenden Verlust unbeschränkt und gegen einen Verlustvortrag nach Maßgabe des § 10d EStG verrechnet werden.

Gerade in Krisensituationen sehen sich Gesellschafter zu derartigen Maßnahmen gezwungen, um die Eigenkapitalsituation zu verbessern, sei es auch um den Preis des Wegfalls von Verlustvorträgen und der Mindestbesteuerung. Ggf. kommt die Anwendung des Sanierungserlasses in Betracht. Insbesondere wenn Banken hohe Forderungen haben oder eine Refinanzierung von Bankkrediten ansteht wird auch von deren Seite oftmals erwartet, dass der Gesellschafter auf Darlehen verzichtet.

In der Regel ist aber die Rückzahlung von Darlehensbeträgen deutlich einfacher als die Rückzahlung von Kapital. Außerdem ist die mit dem Verzicht einhergehende Vernichtung von Verlustvorträgen steuerlich nachteilig. Zunehmend mehr nutzen deshalb Gesellschafter in derartigen Situationen die Möglichkeit von Besserungsscheinen. Der Verzicht gegen Besserungsschein stellt eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger dar und ermöglicht dem Gläubiger die Forderung in einem späteren Fall der Besserung der  Vermögensverhältnisse des Schuldners (Eintritt des Besserungsfalles) wieder geltend zu machen.

Im Zeitpunkt des Eintritts des Besserungsfalls entsteht dann auf der Ebene der Gesellschaft Aufwand und zwar sowohl handels- als auch steuerrechtlich, da die Gesellschaft die Verbindlichkeit neu einbuchen muss.

Kommt es jedoch in dem Zeitpunkt zwischen dem Forderungsverzicht gegen Besserungsschein und dem späteren Eintritt des Besserungsfalls zu einer Anteilsübertragung, so stellt sich die Frage, ob hierdurch die spätere Geltendmachung des Aufwands aus dem Besserungsfall beeinträchtigt wird.

Die Meinung der Finanzbehörden

Im BMF-Schreiben vom 2. 12. 2003 (BStBl. I 2003 S. 648 = DB 2004 S. 35) vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der aus der Wiederauflebung des Besserungsscheins entstehende Aufwand unter die Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG (a. F) fällt.

Eine rechtsdogmatische Begründung dieser Rechtsauffassung ist das BMF bis heute schuldig geblieben. Zweifelsfragen zu der Regelung sind ungelöst, insbesondere ob hierfür ein zeitlicher und/oder sachlicher Zusammenhang zwischen Forderungsverzicht und Anteilsübertragung Voraussetzung ist. In der Literatur ist die Verwaltungsregelung überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus.

Auffassung des BMF nicht vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt

Sowohl der § 8 Abs. 4 KStG a. F. als auch § 8c KStG behandeln den Wegfall von Verlustvorträgen in Zusammenhang mit Anteilsübertragungen („Wegfall der wirtschaftlichen Identität“) und wollen damit verhindern, dass bestehende Verlustvorträge „transportiert“ werden. Beide Regelungen stellen ausdrücklich nur auf Verlustvorträge ab. Soweit ein Besserungsschein vorhanden ist existiert im Zeitpunkt der Anteilsübertragung aber allenfalls ein „Aufwandspotential“ aber hierdurch kein Verlustvortrag. Der Wortlaut deckt somit nicht die Auffassung der Finanzbehörden. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Entstehung des Besserungsscheins im Zeitpunkt des Verzichts auf die Gesellschafterforderung bereits Ertrag entstanden ist und dieser ggf. auch versteuert wurde. Der durch den Eintritt des Besserungsfalls entstehende Aufwand korrespondiert somit nur mit dem bereits zuvor versteuerten Ertrag.

Auch die Finanzbehörden selbst scheinen Zweifel an der Anwendung dieser Regelung auf die Vorschrift des § 8c KStG zu haben. So enthält das Anwendungsschreiben des BMF zu § 8c KStG vom 4. 7. 2008 (BStBl. I 2008 S. 736 = DB 2008 S. 1598) keine entsprechenden Ausführungen wie in dem BMF-Schreiben zu § 8 Abs. 4 KStG a. F.

Dem Steuerpflichtigen kann somit nur empfohlen werden sich gegen die Anwendung dieser Regelung im Rahmen des § 8c KStG zu wenden und ggf. Rechtsbehelf einzulegen.

Gestaltungsmissbrauch?

§ 42 AO ist neben § 8c KStG anzuwenden. In der Literatur wird (deshalb) die Frage diskutiert, ob die oben dargestellte Fallgestaltung möglicherweise missbräuchlich und deshalb nicht anzuerkennen sei.

Dies wird man im Einzelfall nicht völlig ausschließen können. Es würde aber voraussetzen, dass keine nicht steuerlichen wirtschaftlichen Gründe für den Verzicht mit Besserungsschein vorliegen und Käufer und Verkäuferseite zusammenwirken. Möglich erscheint das wenn der Verzicht auf die Gesellschafterdarlehen im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung ausgesprochen wird und die Rechte aus dem Besserungsschein ebenfalls auf den Erwerber übertragen werden.

In allen anderen Fällen, insbesondere dann, wenn der Verzicht auf das Gesellschafterdarlehen nicht in einen engen zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsübertragung ausgesprochen wurde und/oder der Verzicht unter Besserungsabrede das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens unterstützte oder der Verzicht vor dem Hintergrund anderer Drittgläubiger (z. B. Banken) erfolgte dürfte kein Anwendungsbereich für § 42 AO bestehen.

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