Bisher ist die Diskussion um die Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB) nur auf der fachlichen Ebene der EU geführt worden. Es war ungewiss, ob und wie sich die politische Ebene der EU-Kommission zu diesem Projekt positioniert. Insbesondere konnte der für das Projekt zuständige Kommissar die weitere Entwicklung nicht allein vorantreiben, vielmehr war dazu eine Entscheidung der Kommission insgesamt erforderlich. Zum Zeitpunkt des Workshops zur CCCTB am 20. 10. 2010 in Brüssel stand eine solche Entscheidung noch aus.Inzwischen ist die Entscheidung gefallen, das CCCTB-Projekt ist in das Arbeitsprogramm der Kommission aufgenommen worden und dem Vernehmen nach ist im kommenden Jahr zum Ende des 1. Quartals mit der Vorlage eines Richtlinien-Entwurfs zu rechnen. Diese Entwicklung ist ausdrücklich zu begrüßen, da mit einem solchen Entwurf die bisher erarbeiteten Ergebnisse in geschlossener Form der Öffentlichkeit präsentiert werden und damit als Grundlage für die weitere Diskussion dienen können. Von dem Entwurf können auch Impulse für die Ausgestaltung der nationalen steuerlichen Gewinnermittlungsregime ausgehen, wenn eine Anschlussfähigkeit in der EU angestrebt wird. Für eine kurz- oder mittelfristige Umsetzung der Richtlinie in geschlossener Form ist die Zeit dagegen noch nicht reif, da gravierende Probleme noch keine befriedigende Lösung gefunden haben.
Die vorgesehene optionale Anwendung der CCCTB führt in den einzelnen Mitgliedstaaten zum Nebeneinander unterschiedlicher Gewinnermittlungssysteme, deren Administration erhebliche Probleme aufwerfen dürfte. Auch für die Europäisierung der stillen Reserven beim Eintritt in die CCCTB ist bisher keine überzeugende Lösung erkennbar, dies gilt entsprechend für den Austritt aus der CCCTB. Auch im Verhältnis zu Drittstaaten, mit denen die einzelnen EU-Mitgliedstaaten unterschiedliche Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben, stellen sich schwierige Fragen. Schließlich erfordert eine Umsetzung der CCCTB ein Ausmaß an Zusammenarbeit zwischen den Finanzverwaltungen der mitwirkenden Staaten, was weit über das bisher verwirklichte Niveau hinausgeht. Der Stand des gegenwärtigen Informationsaustausches zwischen Mitgliedstaaten lässt erkennen, welcher Weg in diesem Bereich noch zurückzulegen ist. Schließlich ist auf die fiskalischen Unwägbarkeiten der formelmäßigen Aufteilung hinzuweisen. Aus all dem ergibt sich, dass eine Umsetzung der CCCTB selbst im Wege der verstärkten Zusammenarbeit in der kurz- und mittelfristigen Perspektive als unrealistisch eingeschätzt werden muss.
Die Perspektive würde sich dagegen deutlich verändern, wenn sich die EU-Kommission dazu entscheiden könnte, das Gesamtprojekt aufzuschnüren und einzelne Bestandteile voranzutreiben. Besonders geeignet für ein solches Vorgehen ist die gemeinsame Gewinnermittlung ohne Konsolidierung und formelmäßige Aufteilung der gemeinsamen Bemessungsgrundlage. Ein solcher Schritt wäre von erheblicher Bedeutung und könnte dazu beitragen, die Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung in der EU voranzutreiben. Aus deutscher Sicht würde eine solche Europäisierung der steuerlichen Gewinnermittlung zu einer endgültigen Abkopplung vom nationalen Handelsbilanzrecht führen.