Seit 1997 betrug in allen Bundesländern der maßgebliche Grunderwerbsteuersatz 3,5%, in den 14 Jahren zuvor nur 2%. Auch 3,5% Grunderwerbsteuer klingt zunächst „harmlos“, ist aber viel, absolut und auch relativ, insbesondere bei notleidenden Immobilien, Zwangsverkäufen und Verlusten für die Verkäufer und die fremdfinanzierenden Banken. Wenn Immobilien heute unter ihrem nicht selten zu hohen Einstandspreis verkauft werden (müssen) und Geld – trotz aktuell niedrigen Zinsniveaus – schwer zu beschaffen ist, sind 3,5% auf den Kaufpreis oft nicht finanzierbar.
Vor gut zwei Jahren prophezeiten viele Berichte in der Tagespresse den Bundesländern für 2008 und danach böse Überraschungen bei den Steuerschätzungen und einen drastischen Verfall der Grunderwerbsteuereinnahmen, sozusagen ein Versiegen der Steuerquelle als Folge unter anderem der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise.
Auch das mag der Grund dafür gewesen sein, dass viele Bundesländer meinten, die Grunderwerbsteuer-Schraube anziehen zu müssen. Zunächst Berlin (schon ab 1. 1. 2007), dann Hamburg (ab 1. 1. 2009) und schließlich Sachsen-Anhalt (ab 1. 3. 2010). Statt 3,5% kostet der Grundstückskauf dort schon seit einiger Zeit 4,5% Grunderwerbsteuer, knapp 30% mehr als zuvor.
Andere Bundesländer folgten – und folgen – bereitwillig: Ab 2011 kostet es nun auch in Niedersachsen und Bremen 4,5%, in Brandenburg sogar 5%, im Saarland 4%. Auch Schleswig-Holstein wird 5% Grunderwerbsteuer erheben, allerdings schon ab 2012, ein Jahr früher als zunächst geplant. In Thüringen und Baden-Württemberg wird aktuell über eine Erhöhung „nachgedacht“. Von den 7%, die bis 1990 in der DDR galten, ist man nicht mehr weit entfernt.
Bei allem Verständnis für die Finanzierungsnöte der Länder dürfen jedoch befürchtete, ggf. nur behauptete Mindereinnahmen kein Grund dafür sein, den Grunderwerbsteuersteuersatz drastisch zu erhöhen, um über 40%. Es konnte doch in 2008 nicht wirklich überraschen, dass die Transaktionen im Immobilienmarkt mit überhitzen Preisen in den Boom-Jahren 2006 und 2007 wieder rückläufig sein würden (ja mussten) und damit auch das Grunderwerbsteueraufkommen. War es nicht nur ein Zurückpendeln auf das Normalniveau?
Natürlich, wenn das Grunderwerbsteueraufkommen in 2004 gut 4,6 Mrd. € mit dem Spitzenaufkommen in 2007 von 6,9 Mrd. € verglichen wird, beträgt das Mehreinkommen in 2007 rund 1,3 Mrd. €, also 28%. Ein Blick in die Steuerstatistik offenbart jedoch: Seit 1997, also seit 14 Jahren, liegt das jährliche Grunderwerbsteueraufkommen – mit nur wenig Ausnahmen – gewissermaßen konstant bei rund 4,8 bis 5 Mrd. €. Mehr Einnahmen gab es naturgemäß in den schon genannten Boom-Jahren 2006 (6,1 Mrd. €), 2007 (6,9 Mrd. €) und interessanterweise auch noch in 2008 (5,7 Mrd. € – kein wirklicher Einbruch der Steuereinnahmen, wie behauptet). Richtige „Ausreißer“ nach oben sind deshalb eigentlich nur die beiden Jahre 1998 und 1999 mit einem relativ hohen Grunderwerbsteuer-Aufkommen von damals 5,5 Mrd. bzw. 6 Mrd. €.
Mit einer Steuererhöhung scheinen die Länder zu versuchen, an dieses hohe Niveau anzuknüpfen. Doch der Schuss mag nach hinten losgehen, wie ein Bericht der Immobilen Zeitung schon im August 2010 zur Steuererhöhung in Sachsen Anhalt ausführt (von Peter Maurer, IZ vom 12. 8. 2010; siehe auch IZ vom 2. 9. 2010). In Sachsen-Anhalt brach das Transaktionsvolumen schon im ersten Halbjahr 2010 um 21% ein, die Steuereinnahmen verringerten sich dort trotz des höheren Steuersatzes um 6,6%. Grund dafür soll vor allem die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 4,5% ab 1. 3. 2010 sein.
Der Bundestrend war dagegen positiv: das Transaktionsvolumen stieg im ersten Halbjahr 2010 verglichen mit 2009 um mindestens 8,7%, das Grunderwerbsteueraufkommen bundesweit um 6,1%. Damit wäre man – hochgerechnet – bei rund 5,15 Mrd. €. Steueraufkommen, also wieder auf sehr hohem Niveau. Und das noch – bzw. gerade noch (!) – ohne flächendeckende Erhöhung der Steuersätze, welche Investoren abschrecken und Investitionen, dort wo sie erwünscht sind, auch verhindern können.
Bayern hat dies erkannt: „Mit dem Eigentum an Immobilien und Grundstücken werden langfristig Werte geschaffen. Damit auch in Zukunft weiterhin in Haus und Grund investiert wird, wird es in Bayern auch keine Erhöhung der Grunderwerbsteuer geben“, versicherte Finanzminister Georg Fahrenschon laut einer Pressemittelung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 6. 5. 2010. Da eben doch viele Menschen glauben, dass die Krise nicht vollends überstanden ist und es angesichts der gigantischen Staatsverschuldung durchaus noch ein böses Erwachen geben könnte, erscheint der auch fremdfinanzierte Immobilienkauf zu heute niedrigen Zinsen beruhigend; niedrige Grunderwerbsteuersätze auch.