Eigene Anteile als Steuerrisiko

Mit dem BilMoG hat sich die bilanzielle Behandlung eigener Anteile deutlich verändert. Die neue Regelung in § 272 Absatz 1a HGB sieht vor, dass eigene Anteile unabhängig von der Rechtsform und unabhängig vom Zweck des Erwerbs stets passivisch vom Eigenkapital abzusetzen sind. Ausgehend von dieser veränderten bilanziellen Behandlung ist schon frühzeitig die Frage aufgeworfen worden, ob eigene Anteile noch als Vermögensgegenstände oder Wirtschaftsgüter qualifiziert werden können oder ob der Erwerb und die Veräußerung eigener Anteile nicht vielmehr auch mit steuerlicher Wirkung als Kapitalmaßnahmen qualifiziert werden müssen. Eine solche Einordnung entfaltet sowohl für den Erwerb als auch für die Veräußerung eigener Anteile erhebliche Konsequenzen.

Für den Erwerb würde dies bedeuten, dass die Anschaffungsnebenkosten nach § 272 Absatz 1a Satz 3 als Aufwand des Geschäftsjahres und damit steuerlich als Betriebsausgaben zu qualifizieren sind, während im Veräußerungsfall keine Anteilsveräußerung nach § 8b Absatz 2 KStG gegeben ist mit der leidigen Rechtsfolge einer 5%-Besteuerung. Vielmehr würde die steuerliche Behandlung der handelsrechtlichen Darstellung der Anteilsveräußerung als Kapitalerhöhung folgen mit der Konsequenz, dass die Nebenkosten der Veräußerung, die handelsrechtlich nach § 272 Absatz 1b HGB als Aufwand des Geschäftsjahres zu qualifizieren sind, steuerlich als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Gegen die der handelsbilanziellen Behandlung folgende steuerliche Beurteilung, die auf der nach BilMoG fortgeltenden materiellen Maßgeblichkeit (§ 5 Absatz 1 Satz 1 EStG) beruht, werden insbesondere zwei Einwände erhoben:

  1. Die handelsrechtliche Regelung in § 272 Absatz 1a HGB beinhaltet eine reine Ausweisregelung, der keine  Schlussfolgerungen für die Beurteilung eigener Anteile als Vermögensgegenstand oder Wirtschaftsgut entnommen werden können. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, dass in der Ausweisregelung eine Wertung zum Ausdruck kommt, wie der Gesetzgeber eigene Anteile verstanden wissen will. Diese handelsbilanzielle Wertung ist auch steuerlich beachtlich, da es an einer abweichenden steuerlichen Regelung fehlt.
  2. Da bei Transaktionen mit eigenen Anteilen auf der Gesellschafterebene die Behandlung als Kapitalmaßnahme nicht sichergestellt werden kann, insbesondere, wenn das Geschäft über die Börse abgewickelt wird, wird im Sinne eines Korrespondenzgedankens die entsprechende Behandlung auch auf der Gesellschaftsebene verworfen. Gegen diese Auffassung ist einzuwenden, dass einem solchen Korrespondenzprinzip die gesetzliche Grundlage fehlt.

Die steuerliche Unsicherheit im Umgang mit eigenen Anteilen resultiert aus dem beredten Schweigen der Finanzverwaltungen. Das BMF hat mit Schreiben vom 10.8.2010 das frühere Schreiben vom 2.12.1998 aufgehoben und die darin enthaltenen Grundsätze für alle offenen Fälle für nicht mehr anwendbar erklärt. Diese Negativaussage ist wenig hilfreich, da nun allerorten gerätselt wird, welche Auffassung die Finanzverwaltung zur Behandlung eigener Anteile einnehmen wird. Um die gerade im Umgang mit Steuern unverzichtbare Planungssicherheit herzustellen, sollte die Finanzverwaltung möglichst umgehend klären, welche Auffassung sie zur Behandlung eigener Anteile vertritt.

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