BilMoG und Organschaft – Eine gefährliche Symbiose

Voraussetzung für die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft ist nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrages. Da die Regeln zur Gewinnermittlung und –abführung durch das BilMoG grundlegende Veränderungen erfahren haben, stellen sich eine Fülle von Zweifelsfragen, die in der Praxis mit Blick auf die zutreffende Durchführung des Gewinnabführungsvertrages zu erheblichen Unsicherheiten führen und eine Gefährdung für die Anerkennung der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft darstellen. Ausgangspunkt für diese Risiken sind unterschiedliche Fragenkomplexe:

  1. Die fehlende zeitliche Abstimmung der steuerlichen Änderungen mit den handelsrechtlichen Regelungen wirft die Frage auf, wie mit den Erträgen zu verfahren ist, die aus der Auflösung von handelsrechtlichen Passivposten resultieren, die wegen des Wegfalls der formellen Maßgeblichkeit bereits im Jahre 2009 entfallen können. Die Finanzverwaltung hat sich ausdrücklich nur zur Auflösung der Aufwandsrückstellungen geäußert, für alle übrigen Fragestellungen besteht Unsicherheit.
  2. Ist die Auflösung solcher Passivposten zugunsten der Gewinnrücklage erfolgt, so stellt sich die Frage, ob für die Fortführung dieser Gewinnrücklagen ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund bestehen muss und wie ggf. eine Auflösung der Rücklage zu behandeln ist.
  3. Grundlegende Neuregelungen sieht das Gesetz  beispielsweise für Bewertungseinheiten (§ 254 HGB) und die Saldierung von Altersversorgungsverpflichtungen mit Planvermögen (§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB) vor, die mit erheblichen Zweifelsfragen verbunden sind, für die sich gegenwärtig noch keine herrschende Meinung herausgebildet hat. Die vom Bilanzierenden zum 31. 12. 2010 nach bestem Wissen und Gewissen gewählte bilanzielle Behandlung kann somit im Widerspruch stehen zur herrschenden Meinung, die sich in den kommenden Jahren herausbildet und deswegen in künftigen Betriebsprüfungen möglicherweise als Beurteilungsmaßstab herangezogen wird.
  4. Zahlreiche Zweifelsfragen stellen sich im Zusammenhang mit den Ausschüttungs- und Abführungssperren, die in Organschaftsfällen insbesondere im Zusammenhang mit latenten Steuern vielfältige ungelöste Probleme aufwerfen.
  5. Fraglich ist auch, ob die steuerliche Sonderbehandlung vororganschaftlicher Rücklagen für das Handelsrecht von Bedeutung ist und wie im Konflikt zwischen Handels– und Steuerrecht um die Behandlung vororganschaftlicher Rücklagen  zu verfahren ist.
  6. Schließlich stellte sich schon bisher die Frage, ob die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrages gefährdet ist, wenn die bilanzierte Abführungsverpflichtung bei der Organgesellschaft nicht exakt mit dem Abführungsanspruch beim Organträger korrespondiert, weil beispielsweise der Abschluss der Organgesellschaft noch nicht vorlag, als der Abschluss des Organträgers festgestellt wurde.

Die aufgezeigten Unsicherheiten treffen Steuerpflichtige, die bemüht sind, ihre gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, aber wegen der bestehenden Unsicherheiten über die zutreffende Behandlung Gefahr laufen, dass ihnen in künftigen Betriebsprüfungen die mangelnde Durchführung des Gewinnabführungsvertrages entgegengehalten wird. Diese Unsicherheit, die existenzbedrohenden Charakter erlangen kann, sollte möglichst umgehend beseitigt werden. Hilfreich wäre es beispielsweise, wenn die Finanzverwaltung anerkennen würde, dass bei einem Handeln auf der Grundlage geprüfter Jahresabschlüsse von der tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrages ausgegangen werden kann. Da gegenwärtig die Erstellung der Jahresabschlüsse für 2010 ansteht, wäre ein möglichst baldiges Handeln der Finanzverwaltung sehr hilfreich.

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