Kapitalgesellschaftsanteile unterliegen gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG den erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonungsregeln, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der betreffenden Gesellschaft zu mehr als 25% unmittelbar beteiligt war. Diese Mindestbeteiligungsquote ist seitens des Gesetzgebers vor allem für Gesellschafter von Familiengesellschaften als zum Teil unüberwindbare Hürde angesehen worden, da bereits nach nur wenigen Erbgängen eine erhebliche Zersplitterung einer Beteiligung gegeben sein kann.
Zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge ist deshalb durch das ErbStRG in § 13b 1 Abs. Nr. 3 Satz 2 ErbStG eine Regelung zu „Poolvereinbarungen“ aufgenommen worden. Demnach werden die unmittelbar gehaltenen Anteile des Erblassers bzw. Schenkers und weiterer Gesellschafter zusammengerechnet, wenn bestimmte Verhaltenspflichten zwischen den Gesellschaftern vereinbart sind, die die Anteile zum Zeitpunkt der Übertragung zu einem Pool verbinden. Für eine solche Poolvereinbarung ist z. B. erforderlich, dass der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegenden Anteilseigner zu übertragen.
So erfreulich der hinter dieser Möglichkeit einer Poolvereinbarung stehende gesetzgeberische Gedanke auch gewesen ist, desto unklarer war jedoch die Auslegung des Wortlauts des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG. Was ist unter einer Verfügung, mehr noch, unter einer einheitlichen Verfügung zu verstehen? Verlangt Einheitlichkeit der Verfügung Gleichzeitigkeit des Handelns der Gesellschafter? Ist die Einräumung eines Nießbrauchs an begünstigtem Vermögen als steuerschädlich zu qualifizieren? Beispielhafte Rechtsfragen, mit deren Beantwortung sich die Praxis mangels konkreter Anweisungen der Finanzverwaltung eingehend beschäftigen musste. Die Finanzverwaltung hat nunmehr zu den wichtigsten Zweifelsfragen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in der Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern (vom 11. 8. 10) und durch koordinierte Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Abschnitt 21 AEErbSt (vom 29. 10. 10) Stellung bezogen und die inhaltlichen Anforderungen an Poolvereinbarungen konkretisiert.
Die Finanzverwaltung erläutert hierbei erstmals die Frage, was unter einer einheitlichen Verfügung zu verstehen ist. Während aufgrund der zivilrechtlichen Prägung des Erbschaftsteuerrechts zum Teil vertreten wird, dass eine zivilrechtliche Auslegung des Begriffs Verfügung erforderlich ist, hat sich die Finanzverwaltung für eine engere Definition des Verfügungsbegriffs entschieden. Verfügung ist demnach die Übertragung des Eigentums an einem Anteil. Für die Praxis hat dies zur Folge, dass bspw. die Bestellung eines Nießbrauchs sowie die Verpfändung eines Anteils keine schädliche Verfügung darstellt, da die Rechtsstellung des Gesellschafters unberührt bleibt und er insbesondere das Stimmrecht behält. Offen ist hingegen weiterhin die Frage, ob auch bei der Einräumung einer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil über einen Anteil verfügt wird. Während die Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern nur die Einräumung einer atypisch stillen Beteiligung an einem GmbH-Anteil als schädliche Verfügung qualifiziert, bestimmt Abschnitt 21 Abs. 3 Satz 4 AEErbSt, dass bei Einräumung einer Unterbeteiligung auch der Unterbeteiligte den Verpflichtungen der Poolvereinbarung unterliegt.
Sehr aufschlussreich sind hingegen die Ausführungen der Finanzverwaltung zu der bisher sehr umstrittenen Rechtsfrage, was „Einheitlichkeit“ einer Verfügung erfordert. Eine einheitliche Verfügung setzt in Übereinstimmung mit der herrschenden Literaturmeinung voraus, dass in der Poolvereinbarung für die Poolmitglieder gleiche Verfügungsregeln hinsichtlich der gepoolten Anteile festgelegt sind (A 21 Abs. 4 Satz 2 AEErbSt). Ausdrücklich nicht erforderlich ist, dass alle Poolmitglieder zum selben Zeitpunkt über ihre Anteile verfügen oder die Anteile auf dieselbe Person zu den gleichen Konditionen übertragen (A 21 Abs. 4 Satz 4 AEErbSt). Vielmehr muss geregelt sein, dass die Anteile nur an einen bestimmten Personenkreis, z. B. Familienmitglieder oder einen Familienstamm, übertragen werden dürfen oder dass eine Übertragung der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf.
Rechtssicherheit schafft die Finanzverwaltung nunmehr auch für die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vorgabe einer Übertragung auf „ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner” erfüllt ist. Während bei sehr enger Auslegung des Gesetzeswortlauts eine unschädliche Verfügung nur dann vorliegen könnte, wenn der Erwerber bereits zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung Anteilseigner und Poolmitglied gewesen ist, hat die Finanzverwaltung klargestellt, dass es ausreicht, wenn der Erwerber zeitgleich mit der Übertragung der Poolvereinbarung beitreten muss.
Weiterhin problematisch ist der Anwendungsbereich der von § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 ErbStG vorgesehene Nachversteuerungsregelung für Poolvereinbarungen. Ausführungen in dem koordinierten Erlass der obersten Finanzbehörden finden sich hierzu nicht. Demgegenüber geht das Bayerische Landesamt für Steuern davon aus, dass das Ausscheiden eines einzigen Poolmitglieds nicht zu einer Nachversteuerung bei allen Poolmitgliedern führt, sofern die verbleibenden Mitglieder das Erfordernis der 25%-Grenze weiterhin erfüllen. Dies erscheint folgerichtig und mit dem Gesetzeszweck, Unternehmensnachfolgen zu erleichtern, vereinbar. Ob diese Ansicht jedoch auch von allen Finanzämtern so vertreten wird, bleibt fraglich. Insgesamt sind die Ausführungen der obersten Finanzbehörden zu wichtigen Teilfragen hinsichtlich Poolvereinbarungen zu begrüßen. Die Lösungen einiger bisher sehr umstrittener Rechtsfragen sind aus praktischen Gesichtspunkten leicht umsetzbar und fördern – zumindest in Teilgebieten – lang ersehnte Rechtssicherheit bei der Gestaltung von Poolvereinbarungen.