Ein Unternehmen, das sich im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms verpflichtet, Arbeitnehmern verbilligt Aktien zu überlassen, kann bei der Gestaltung des Plans entscheiden, diese Verpflichtung durch Überlassung bereits bestehender Aktien oder durch junge Aktien zu erfüllen. Bei der Überlassung bestehender Aktien wird das Unternehmen sich diese entweder bei Gewährung, bei Überlassung oder zu einem Zeitpunkt innerhalb dieses Zeitraums beschaffen, sofern sich die Aktien nicht bereits im Bestand des Unternehmens befinden. Junge Aktien werden dagegen im Rahmen einer Kapitalerhöhung geschaffen, bei der das Bezugsrecht der Altgesellschafter zugunsten eines Bezugsrechts der Arbeitnehmer ausgeschlossen ist. Der Mitarbeiter hat stets die Verbilligung als Arbeitslohn zu versteuern, unabhängig davon, ob ihm junge oder bestehende Aktien überlassen werden.
Mit Urteil vom 25. 8. 2010 (I R 103/09, DB 2010 S. 2648, DB0395291) entschied der BFH, dass die Gewährung von Optionen auf den Bezug junger Aktien beim Unternehmen steuerlich nicht zu gewinnminderndem Personalaufwand führt und versagte den Betriebsausgabenabzug.
Bislang ist jedoch ungeklärt, ob ein Betriebsausgabenabzug zulässig ist, wenn das Arbeitgeberunternehmen den Arbeitnehmern bestehende Aktien überlässt. In der Regel handelt es sich hierbei um eigene Aktien des Unternehmens. Seltener erwirbt ein Arbeitgeberunternehmen Aktien, beispielsweise der Muttergesellschaft, um diese sodann seinen Arbeitnehmern verbilligt zu überlassen.
Bei dem Unternehmen kommt es zu einem Abfluss von Zahlungsmitteln, wenn sich das Unternehmen die Aktien am Markt beschafft. Dem steht, wenn die Aktien verbilligt überlassen werden, grundsätzlich ein Zufluss von Zahlungsmitteln in Höhe des vereinbarten Bezugspreises gegenüber; der Bezugspreis kann allerdings auch Null betragen. Mit der Aktienüberlassung soll den Arbeitnehmern im Rahmen des Arbeitsverhältnisses regelmäßig ein Motivationsanreiz gegeben werden. Nach der Rechtsprechung des BFH stehen sich Arbeitsleistung und Arbeitslohn als ausgewogene, gleichwertige Leistungen gegenüber. Dem Delta zwischen dem Bezugspreis und den Anschaffungskosten der überlassenen Aktien entspricht – fiktiv – eine gesteigerte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers.
Nun regelt § 8b Abs. 3 KStG, dass bei einer Kapitalgesellschaft Gewinnminderungen nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie durch die Veräußerung von Aktien entstehen; Gewinnminderungen dieser Art sind außerbilanziell dem Steuerbilanzgewinn wieder hinzuzurechnen. Bislang ist ungeklärt, ob auf der Grundlage des § 8b Abs. 3 KStG der Betriebsausgabenabzug für Personalaufwand versagt werden kann, wenn Arbeitnehmern im Rahmen eines Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogramms verbilligt Aktien überlassen werden. In der Literatur und von den Finanzbehörden werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
§ 8b Abs. 3 KStG soll Substanzverluste erfassen, die auf Wertminderungen der Aktien zurückzuführen sind, wobei sich die Wertminderungen u. a. durch einen Verkauf unter den Anschaffungskosten realisieren. Die Vorschrift ist aber nicht auf Betriebsausgaben anwendbar, die wirtschaftlich mit dem Anteil zusammenhängen. Sie sollte ebenso wenig bei einer verbilligten Veräußerung von Aktien im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms anwendbar sein. Der Minderzahlung steht die Dienstleistung der Arbeitnehmer wertgleich gegenüber, auch wenn sich der Wert der Dienstleistung in der Praxis nicht exakt beziffern lässt. Somit wird durch die verbilligte Überlassung der Aktien keine Gewinnminderung realisiert, sondern die Minderzahlung gegen Dienstleistung getauscht.
Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde die handelsbilanzielle Behandlung eigener Anteile neu geregelt. Erwerb und Veräußerung eigener Anteile werden danach ergebnisneutral über das Eigenkapital abgebildet.
Derzeit ist ungewiss, ob über die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz auch in der Steuerbilanz Erwerb und Veräußerung eigener Anteile ergebnisneutral behandelt werden. Wäre dies der Fall, würde weder ein Veräußerungserlös, der die Anschaffungskosten übersteigt, zu einem Veräußerungsgewinn noch ein Veräußerungserlös, der die Anschaffungskosten unterschreitet, zu einem Verlust führen. § 8b KStG würde keine Anwendung finden.
Für den Abzug des Personalaufwands, der sich aus der Minderzahlung bei der verbilligten Überlassung von Aktien im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms ergibt, ist diese Frage indes nicht entscheidend. Hier gelten dieselben Gründe, aus denen die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG zu verneinen ist.
Seit Jahren wird eine offizielle Stellungnahme der Finanzbehörden zur Anwendung des § 8b KStG auf Gewinnminderungen, die durch die verbilligte Überlassung von Aktien an Arbeitnehmer veranlasst sind, vergeblich erwartet. Bleibt zu hoffen, dass die Finanzbehörden im Zusammenhang mit den geänderten Regelungen zur handelsbilanziellen Darstellung eigener Anteile auch zum Betriebsausgabenabzug bei der Überlassung von Aktien an Arbeitnehmer Stellung nehmen werden.