Am 15. 4. 2011 hat mit dem sogenannten Schwarzgeldbekämpfungsesetz eine Neuregelung der strafbefreienden Selbstanzeige nach Steuerhinterziehungen den Bundesrat passiert. Anstoß für die mit der Verkündung des Gesetzes (voraussichtlich Anfang Mai 2011) in Kraft tretende Überarbeitung war zum einen die Flut von Nachmeldungen aus Anlass des Bekanntwerdens des Ankaufs von Datenträgern über ausländische Bankkonten, aber auch die neuere Rechtsprechung des I. Strafsenats des BGH, die mit der der Rechtsprechung immanenten Rückwirkung erhebliche Einschränkungen der strafbefreienden Wirkung brachte.
Aus dem ebenso langwierigen wie kontrovers geführten Gesetzgebungsverfahren resultieren nun folgende wesentliche Neuregelungen:
- Keine Strafbefreiung mehr bei der Teilselbstanzeige. Wer gleichsam scheibchenweise je nach Grad des Entdeckungsrisikos bisher verschwiegene Steuerquellen offenbart, kann sich insoweit nicht mehr befreien. Vielmehr bedarf es der vollständigen Berichtigung aller strafrechtlich unverjährten Hinterziehungen im Bereich der betreffenden Steuerart (z. B. Einkommensteuer bei Verschweigen von Zinseinkünften).
- Keine Möglichkeit der Selbstanzeige mehr nach Bekanntgabe einer Betriebsprüfungsanordnung.
- Bei Hinterziehungen mit einem Verkürzungsbetrag (bezogen auf den einzelnen Veranlagungszeitraum) von mehr als 50.000,00 € kann Straffreiheit – bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen – nur erreicht werden, wenn eine „freiwillige“ Zahlung in Höhe von 5% der insoweit verkürzten Steuer geleistet wird.
- Die Rückwirkung der verschärfenden Rechtsprechung des BGH wird beseitigt, indem von Gesetzes wegen die genannten Verschärfungen erst bei Selbstanzeigen eintreten, die nach der Verkündung der Neuregelung erstattet werden.
Die Neuregelung wird aus meiner Sicht dazu führen, dass Zahl und Umfang der Selbstanzeigen deutlich abnehmen werden. Ob sich der Staat damit einen guten Dienst erweist, ist fraglich. Als besonders problematisch erscheint, dass den häufigen Selbstanzeigen nach Ankündigung einer Betriebsprüfung nunmehr die befreiende Wirkung genommen wird.
Die für den Fiskus lukrative „Entschlackung“ der Betriebsprüfungen wird nunmehr Verfahren weichen, die wegen der zusätzlichen steuerstrafrechtlichen Implikationen und den damit verbundenen Verfahrensunterbrechungen wesentlich zeitaufwändiger und in der Regel auch emotionsbeladener ablaufen werden. Ob die Praxis der telefonischen Vorankündigung und der Terminabstimmung des Prüfungsbeginns künftig beibehalten wird und damit ein gewisses Zeitfenster für Selbstanzeigen vor Betriebsprüfungen geöffnet bleibt, wird man abwarten müssen.
Der 5%-Zuschlag zur Erlangung von Straffreiheit bei Hinterziehungsbeträgen über 50.000 € gibt hinsichtlich seine Rechtscharakters und seiner Handhabung juristisch einige Rätsel auf. Am ehesten wird man ihn im strafprozessualen Bereich der Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage (§ 153a StPO) ansiedeln und dort auch eine verfassungsrechtlich haltbare Rechtfertigung finden können.