Für die Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrages sind Zeitjahre relevant

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, Stuttgart/Denkendorf

Der BFH hat mit dem Grundsatzurteil vom 12. 1. 2011 (Az. I R 3/10, DB 2011 S. 914) entschieden, dass für die fünfjährige Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags (GAV) Zeitjahre maßgeblich sind. Seit mehr als 30 Jahren war die Rechtsfrage umstritten und hatte in den letzten Jahren zu zahlreichen hohen Steuernachforderungen geführt, wenn ertragsteuerliche Organschaftsverhältnisse deswegen gescheitert waren.

Die Frage, ob für die Mindestlaufzeit des GAV von Zeit- oder Wirtschaftsjahren auszugehen ist, war bislang in der Fachliteratur umstritten.

Vereinzelte Finanzgerichtsurteile kamen erst in den letzten Jahren zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wenn bei der Gestaltung einer Organschaft alles glatt lief und der Vertrag mindestens fünf reguläre Wirtschaftsjahre galt, spielte die Frage keine Rolle. Doch bei einem Rumpfwirtschaftsjahr zu Beginn, in der Mitte oder am Ende der Laufzeit des GAV wurde es kritisch, da die meisten Unternehmensverträge diese Besonderheiten nicht abdecken. Die Körperschaftsteuerrichtlinien haben zwar seit 1985 eine Laufzeit von fünf vollen Jahren verlangt, damit ein Rumpfwirtschaftsjahr nicht mehr als volles Kalenderjahr gezählt werden konnte. Doch in der Praxis wurden überholte Vertragsmuster oder ältere Verträge als Vorlage verwendet, die diese Besonderheiten nicht erfasst hatten. Und schon war es um die Organschaft geschehen.

Der BFH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die Mindestlaufzeit des GAV zunächst nur das Gründungsjahr mit rd. 8 1/2 Monaten und die vier folgenden ganzen Geschäftsjahre umfasste. Eine Verlängerung des GAV wurde erst verspätet vorgenommen, sodass die Organschaft im Gründungsjahr streitig wurde.

Der BFH schließt sich der h. M. an und verlangt Zeitjahre. Danach gilt für die fünfjährige Mindestdauer des GAV ein Zeitraum von insgesamt 5 x 12 (= 60) Monaten. Kürzere (Rumpf-)Wirtschaftsjahre reichen nicht aus. Bei der Auslegung von § 14 KStG orientiert sich der BFH streng am Wortlaut. Hätte der Gesetzgeber mit fünf „Jahren“ etwas anderes gemeint als bereits umgangssprachlich mit fünf Jahren gemeint ist, hätte er dies zum Ausdruck bringen müssen, zumal im gleichen Satz zwei Mal ausdrücklich der Begriff „Wirtschaftsjahr“ verwendet werde. Die variierende Begriffsverwendung lege es nahe, dass der Gesetzgeber mit den verschiedenen Be­griffen auch etwas Unterschiedliches gemeint habe. Der BFH akzeptiert es ausdrücklich, dass sich bei Rumpfwirtschaftsjahren die Mindestlaufzeit des GAV über fünf Zeitjahre hinaus deutlich verlängert. Dies war der Mindermeinung in der Fachliteratur verständlicherweise schon immer ein Dorn im Auge gewesen.

Der BFH stellt nun klar, dass unabhängig davon, ob das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft mit dem Kalenderjahr übereinstimmt oder nicht, die Mindestlaufzeit des GAV mindestens einen Zeitraum von 5 x 12 Monaten umfassen muss. Problematisch sind also Rumpfwirtschaftsjahre innerhalb eines Organschaftszeitraums. Dazu kommt es insbesondere bei Neugründungen, bei Umstellung des Wirtschaftsjahres oder beim Unternehmensverkauf. Für diese Fälle muss im GAV das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen sein, bis das fünfte zwölf Monate umfassende Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft abgelaufen ist.

Daher sollte ein GAV eine Formulierung der Mindestlaufzeit des GAV im Sinne einer automatischen Verlängerung der Vertragslaufzeit enthalten, sodass sich die Mindestlaufzeit des GAV verlängert, bis unter Einbeziehung von Rumpfwirtschaftsjahren während der Laufzeit ein Zeitraum von mindestens 5 x 12 Monaten abgedeckt ist. Vertragsmuster und ein bereits einmal verwendeter GAV sollten kritisch überprüft werden.

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