Finanzamt darf angekaufte Bank-CD auswerten

RA/FAStR Oliver Holzinger, Chefredakteur DER BETRIEB, Düsseldorf

Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Steuerbehörden angekaufte ausländische Bankdaten bei der Besteuerung verwenden dürfen, selbst wenn diese von den Mitarbeitern der Kreditinstitute illegal beschafft sein sollten. Mit diesem aktuell veröffentlichten Beschluss hat nun erstmals ein Finanzgericht die Ausnutzung der Schweizer Steuer-CD bestätigt (FG Köln, Beschluss vom 15. 12. 2010 – 14 V 2484/10). Seit 2008 sind insbesondere über die breite Medienberichterstattung Fälle bekannt gewordenen, in denen den deutschen Finanzbehörden, teilweise unter Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes, von untreuen Mitarbeitern ausländischer Kreditinstitute oder Treuhandanstalten vor allem aus der Schweiz und Liechtenstein Kundendaten inklusive Informationen über bislang zumeist verheimlichte Kapitalanlagen zum Kauf angeboten wurden. Die Auswertung der Steuer-CDs dauert bei den Finanzämtern nach wie vor an und hat bereits zu einer Welle von Selbstanzeigen, aber auch zu einer Vielzahl strafrechtlicher Ermittlungsverfahren geführt.

Bereits im November 2010 hatte das BVerfG entschieden, dass der für eine Wohnungsdurchsuchung erforderliche Anfangsverdacht ohne Verfassungsverstoß auf Daten gestützt werden kann, die ein Informant aus Liechtenstein auf einem Datenträger an Deutschland verkauft hat (Beschluss vom 9. 11. 2011 – 2 BvR 2101/09, DB0395330). Das gilt auch dann, wenn ein Amtsträger bei der Beschaffung der Daten nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig oder gar strafbar gehandelt oder gegen völkerrechtliche Übereinkommen verstoßen haben sollte. Es besteht kein Beweisverwertungsverbot, weil der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht berührt wird. Zudem sind Beweismittel, die von Privaten erlangt wurden, selbst wenn dies in strafbewehrter Weise erfolgte, grundsätzlich verwertbar.

 

Steuerliche Auswirkungen

Im jetzt entschiedenen Fall ging es um einen Anleger, der nach dem Ankauf einer CD mit Daten über Kapitalanlagen bei einer Schweizer Bank getroffen wurde. Das Finanzamt erfuhr dabei, dass er dort Geld deponiert, in seinen Einkommensteuererklärungen aber keine ausländischen Kapitalerträge erklärt hatte. Daher schätzte das Finanzamt diese mit 5% des Kontostandes von fast 2 Mio. CHF. Der Sparer begehrte Aussetzung der Vollziehung dieser Schätzungsbescheide, was das Finanzgericht ablehnte. Bei summarischer Prüfung bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide.

Da der Anleger die unter seinem Namen auf der CD aufgeführten Kapitalanlagen nicht erläuterte und keine Kontounterlagen vorlegte, kann das Finanzamt mit einem angemessenen Zinssatz von 5% im Jahr Kapitaleinnahmen schätzen. Dies gilt umso mehr, als der Sachverhalt etwa durch Vorlage von Kontounterlagen leicht transparent zu machen gewesen wäre. Es liegt auch kein Beweisverwertungsverbot aus einer behördlichen Straftat vor, weil der Ankauf der CD nicht strafbar war. Es handelt sich um Geschäftsdaten, die nicht vom Finanzbeamten selbst beschafft, sondern lediglich von ihm in Empfang genommen worden sind.

Der finale Zugriff

Durch die finanzgerichtliche Entscheidung wird der ersehnte finale Zugriff des Staates auf Finanzdaten des Steuerpflichtigen im Ausland nunmehr auf einen rechtssicheren Sockel gestellt. Was mit der Ankündigung Steinbrücks vom Ausrücken der Kavallerie begann, sich Anfang 2010 in den Shopping-Wünschen von Merkel manifestierte findet jetzt seine konkreten Ausformungen bei den Finanzgerichten. Ob das damit viel diskutierte „Steuerklima“ de facto milder wird erscheint mir allerdings äußerst zweifelhaft.  Denn was mögen wir künftig wohl von dem uns so vertrauten Finanzbeamten denken, der pflichtbewusst und unter Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO seinen Aufgaben zur Steuerveranlagung nachkommt.

§ 30 AO bildet das notwendige Gegengewicht zu den umfangreichen Offenbarungs-, Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen gegenüber der Finanzbehörde.  Das Steuergeheimnis soll sicherstellen, dass die im Besteuerungsverfahren dem Finanzamt offenbarten Verhältnisse des Steuerpflichtigen nicht an Dritte weitergegeben werden. Das Vertrauen in die Amtsverschwiegenheit verdient einen besonderen Schutz, um die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlichen Sachverhalte zu fördern. Bringen wir künftig einem Finanzbeamten noch das „gleiche“ Selbstverständnis entgegen, in dem Bewusstsein das in jeder Person auch ein „Datendealer“ schlummern könnte .

M.E. sollte der Gesetzgeber hier für Sicherheit sorgen und die mitunter „unseriöse“ Datenbeschaffung künftig mit klaren Vorgaben versehen. Denn das Pingpong-Spiel zwischen Exekutive und Gerichtsbarkeit ist auch für den ehrlichen Steuerpflichtigen nicht befriedigend. Das Gebot heißt diesmal nicht die Realisierung von Steuervereinfachungen, sondern die Förderung von Vertrauen im  Besteuerungsverfahren.

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