Mit Urteil vom 19. 10. 2010 (I R 67/09, DB 2011 S. 455) versagte der BFH der Komplementär-GmbH einer „rein“ vermögensverwaltend tätigen, nicht gewerblich geprägten KG in einer bei geschlossenen Immobilienfonds typischen Gesellschaftsstruktur die begehrte sogenannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen. Dem Urteil kommt Breitenwirkung zu. Auch andere Immobilienstrukturen bedürfen der Überprüfung, soweit möglich, einer „Neujustierung“. Ohne erweiterte Kürzung kann sich die Gesamtsteuerlast verdoppeln.
Die KG verwaltete und vermietete ein Bürogebäude; weitere Tätigkeiten übte sie nicht aus. Die GmbH, kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig, war weder zur Geschäftsführung noch zur Vertretung der KG befugt. Dennoch könne sie die erweiterte Kürzung nicht beanspruchen. Allein schon das Halten der KG-Beteiligung sei kürzungsschädlich. Das Urteil wirft Fragen auf:
- Führt die nur minimale Beteiligung einer GmbH an einer kleinen, „rein“ vermögensverwaltenden KG dazu, dass die GmbH auch für ihre „eigenen“, deutlich umfangreicheren Einkünfte aus reiner Vermögensverwaltung die erweiterte Gewerbesteuerkürzung verliert?
- Spielt eine Rolle, ob es sich bei der KG um eine sog. „Ein-Unternehmer-KG“ im Sinne des BFH-Urteils vom 3. 2. 2010 (IV R 26/ 07, DB0349498) handelt, bei der am Vermögen der KG nur eine GmbH als einzige Komplementärin beteiligt ist und der Kommanditanteil von einer anderen GmbH treuhänderisch für die Komplementärin gehalten wird?
- Ist von Bedeutung, ob die GmbH ihr Grundvermögen rechtlich auf eine vermögensverwaltende (Ein-Unternehmer-) KG auslagert oder dieses Vermögen nur dem Werte nach („quoad sortem“) überlässt?
- Wie sieht es aus, wenn zwei kürzungsberechtigte GmbHs zur Durchführung eines Immobilienprojektes eine GbR gründen? Unterliegen die sowohl die Einkünfte aus dem Gemeinschaftsprojekt als auch die eigenen Einkünfte aus einer bisher begünstigten Vermögensverwaltung nun der vollen Gewerbesteuer?
Worum geht es? Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an die Stelle der einfachen Kürzung (= 1,2% des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes) die Kürzung „um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes“ entfällt. Begünstigt sind nur die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. Eine Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Nebentätigkeiten zählt (wie z. B. die Betreuung von Wohnungsbauten), schließt die erweiterte Kürzung aus.
Nach langjähriger Rechtsprechung verstößt das Halten einer Kommanditbeteiligung durch ein grundstücksverwaltendes Unternehmen an einer gewerblich geprägten, aber ebenfalls nur grundstücksverwaltenden Personengesellschaft gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Es liegt keine Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes vor, weil Wirtschaftsgüter, die bürgerlich-rechtlich oder wirtschaftlich Gesamthandsvermögen einer gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten KG sind, „einkommensteuerrechtlich grundsätzlich zu deren Betriebsvermögen“ und nicht zu dem ihrer Gesellschafter gehören. Außerdem sei das Halten der Beteiligung auch deswegen kürzungsschädlich, weil es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, die nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten, wie z. B. die Betreuung von Wohnungsbauten, gehöre.
Dasselbe solle nun auch gelten für das Halten einer Komplementärbeteiligung an einer „rein” vermögensverwaltend tätigen Immobilien-KG. Auch das sei eine kürzungsschädliche Nebentätigkeit. Die GmbH erwirtschaftete im Rahmen ihrer Beteiligung an der KG, im Streitfall eine sog. Zebragesellschaft, kürzungsschädliche gewerbliche Einkünfte, nicht aber – wie die KG – solche aus Vermietung und Verpachtung.
Der von der KG verwaltete Immobilienbestand könne auch nicht als ausschließlich „eigener” Grundbesitz der GmbH zugerechnet werden. Denn bei dem von der KG genutzten Grundbesitz handele es sich um deren Gesamthandsvermögen. Die bei einer sog. Zebragesellschaft vorzunehmende Einkunftsqualifikation auf Gesellschafterebene führe dazu, dass jedenfalls bei der GmbH von fremdem Grundbesitz ausgegangen werden müsse, da der Grundbesitz der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft „nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafter zuzurechnen ist“.
Das BFH-Urteil liegt auf der Line einer seit vielen Jahren restriktiven Rechtsprechung in diesem Kontext. Diese sollte aber – wie bisher – nicht anwendbar sein auf das Halten einer Komplementär-Beteiligung an einer sog. „Ein-Mann-Personengesellschaft“ i.S. des BFH-Urteils vom 3. 2. 2010. Die GmbH als Gesellschafterin in einer solchen Struktur ist ertragsteuerrechtlich so zu behandeln, als wäre sie – auch bezüglich des gesamthänderisch gebundenen Vermögens – Alleineigentümerin sämtlicher ihrer eigenen betrieblichen Tätigkeit dienenden Wirtschaftsgüter. Die in das Gesamthandsvermögen der Ein-Unternehmer-KG ausgegliederten Wirtschaftsgüter sind ertragsteuerlich weiterhin der GmbH zuzurechnen und in die originäre Gewinnermittlung der GmbH – gleich Wirtschaftsgütern, die sich in deren „Eigenvermögen“ („eigener Grundbesitz“) befinden – eingebunden.
Der in die KG ausgelagerte Grundbesitz wird also nicht „nur im Rahmen der Beteiligung an jener Gesellschaft dem Betriebsvermögen der Gesellschafterin zugerechnet.“ Die auf die KG ausgelagerten Wirtschaftsgüter bleiben Betriebsvermögen der Ein-Mann-Gesellschafterin. Insbesondere dann, wenn es sich bei dem ausgelagerten Grundbesitz ausschließlich um Wohnungsbauten handelt, die von der KG und/oder der Ein-Mann-Gesellschafterin „betreut“ werden, sollten solche Strukturen kürzungsunschädlich sein. Denn wenn schon die Betreuung von Fremd-Wohnungsbauten für die eigenen Einkünfte der Ein-Mann-Gesellschafterin aus deren vermögensverwaltender Tätigkeit kürzungsunschädlich ist, sollte dies erst recht gelten für die Betreuung von Wohnungsbauten, die ertragsteuerlich wie „eigener Grundbesitz“ behandelt werden.