Gemeinsame Körperschaftsteuer in Deutschland und Frankreich

Das deutsch-französische Gipfeltreffen zwischen Staatspräsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel am 16. 8. 2011 in Paris hat neben dem Vorschlag einer Finanztransaktionsteuer noch zu einer weiteren steuerlichen Verabredung geführt, die sehr bemerkenswert ist. Angestrebt werden soll die Einführung einer gemeinsamen Körperschaftsteuer in beiden Ländern in 2013. Nach den ersten Verlautbarungen scheint sich das Ziel einer gemeinsamen Körperschaftsteuer auf eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlage und der Steuersätze zu konzentrieren. Mit dieser Verabredung werden die bisherigen Bemühungen um eine steuerpolitische Koordination zwischen Deutschland und Frankreich vorangetrieben und deutlich fokussiert. Als wichtiger Bezugspunkt dürfte dabei der Entwurf einer europäischen Richtlinie zur gemeinsamen konsolidierten körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage (GKKB) dienen, der jedoch bewusst auf eine Harmonisierung der Körperschaftsteuersätze verzichtet. Insoweit geht die deutsch-französische Verabredung deutlich über den Richtlinien-Entwurf hinaus.

Für Überlegungen zur Harmonisierung der Bemessungsgrundlage ist von besonderem Interesse, inwieweit im Detail auf die Vorschläge in dem Richtlinien-Entwurf der Europäischen Kommission vom 16. 3. 2011 zu einer GKKB zurückgegriffen wird. Dieser Entwurf enthält – neben den Regelungen zur Konsolidierung und formelmäßigen Aufteilung- in der ersten Stufe Regelungen für eine gemeinsame Bemessungsgrundlage. Es liegt nahe, für die deutsch-französische Kooperation auf diesen Ergebnissen aufzubauen, um eine Anschlussfähigkeit für andere EU-Staaten zu erleichtern. Im Ergebnis würde damit faktisch die Harmonisierung der Bemessungsgrundlage aus dem GKKB-Projekt ausgekoppelt, wobei allerdings das Endziel einer gemeinsamen konsolidierten körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage nicht aus den Augen verloren werden sollte.

Die inhaltliche Ausgestaltung einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage bis 2013 ist eine sehr reizvolle, aber außerordentlich ambitionierte Aufgabe. Denn eine materielle Maßgeblichkeit der nationalen handelsrechtlichen Grundsätze dürfte ebenso wenig in Betracht kommen, wie eine  auch nur subsidiäre Maßgeblichkeit der internationalen Rechnungslegungsregeln. Wie im Richtlinien-Entwurf der EU vorgesehen, ist vielmehr eine eigenständige steuerliche Gewinnermittlung zu konzipieren, die aus sich selbst heraus verstanden und ausgelegt werden muss, ohne Rückgriff auf handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Der Richtlinien-Entwurf sieht eine GuV-orientierte Ermittlung der Bemessungsgrundlage vor, die im Sinne einer Mehr-Weniger-Rechnung auf eine Harmonisierung nicht nur der bilanziellen, sondern auch der außerbilanziellen Korrekturen abstellt. Denn notwendig ist nicht nur eine Harmonisierung des klassischen Bilanzsteuerrechts, das sich auf den Ansatz und die Bewertung von Wirtschaftsgütern und Schulden erstreckt, sondern auch eine Harmonisierung der außerbilanziellen Korrekturen, also der Regeln zu verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, zu Korrekturen im Sinne von §1 AStG, zur Hinzurechnungsbesteuerung, zur Verlustverrechnung, um nur einige Beispiele zu nennen. Dieser Katalog, der sich leicht verlängern ließe, soll nicht abschrecken, sondern nur den Umfang des Problems verdeutlichen, dessen Lösung einen wichtigen Beitrag zur Schaffung eines wirklichen gemeinsamen Binnenmarktes leisten würde.

Die vorgeschlagenen Gewinnermittlungsregeln im Richtlinien-Entwurf bilden einen geeigneten Ausgangspunkt zur Harmonisierung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage, für eine endgültige Lösung ist aber eine deutliche Fortentwicklung unverzichtbar. Besonderes Gewicht sollte dabei auf eine Vertiefung der systematischen Ausrichtung gelegt werden. Eine harmonisierte gemeinsame körperschaftssteuerliche Bemessungsgrundlage (GKB) dürfte von den Steuerpflichtigen kaum optional genutzt werden können, wie im Richtlinien-Entwurf vorgesehen, sondern obligatorisch zur Anwendung kommen. Zu prüfen ist auch die Ausdehnung der harmonisierten Gewinnermittlungsregeln auf Nicht-Körperschaften, um eine weitere Zersplitterung der Gewinnermittlung und damit verbundene Ungleichbehandlungen und Verwaltungskosten zu vermeiden. Schließlich können aus deutscher Sicht auch die gewerbesteuerlichen Konsequenzen nicht vernachlässigt werden.

In diesem Sinne hat das deutsch-französische Gipfeltreffen möglicherweise einen wichtigen Anstoß geliefert, um die Arbeiten an einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage deutlich zu beschleunigen.

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