Im Rahmen der Verbandsanhörung zur E-Bilanz am 16. August im BMF wurde die Zielsetzung der Finanzverwaltung sehr deutlich: Durch weit reichende Zugeständnisse sollen die Voraussetzungen für einen Start der E-Bilanz geschaffen werden. Diesem Projekt wird von der Finanzverwaltung große Bedeutung beigemessen wegen der Rationalisierungsmöglichkeiten und der deutlich gezielteren Auswahl von Prüfungsfällen im Rahmen eines IT-gestützten Risikomanagements. Im Wesentlichen kommt es nach dem Entwurf des BMF-Schreibens vom 1. Juli, dem Bericht zu den Ergebnissen aus der Pilotphase vom 18. Juli, einem ergänzenden Schreiben vom 8. August sowie den Erläuterungen während der Verbandsanhörung zu den folgenden Erleichterungen:
- Allgemeine Nichtbeanstandung für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. 1. 2013 beginnen. Die Übermittlung in Papierform ohne Beachtung der Anforderungen der Steuer-Taxonomie wird für alle relevanten Berichtsanlässe der Wirtschaftsjahre 2012 und 2012/2013 von der Finanzverwaltung nicht beanstandet. Dieses faktische Wahlrecht zwischen elektronischer und konventioneller Übermittlung wird für inländische Betriebsstätten beschränkt Steuerpflichtiger, wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter Körperschaften, Betriebe gewerblicher Art sowie für Aktiva, Passiva, Aufwendungen und Erträge, die ausländischen Betriebsstätten zuzuordnen sind, auf Wirtschaftsjahre ausgedehnt, die vor dem 1. 1. 2015 beginnen. Besondere Erleichterungen gelten zudem für Personenhandelsgesellschaften und andere Mitunternehmerschaften, welche für vor dem 1. 1. 2014 beginnende Wirtschaftsjahre keine Kapitalkontenentwicklung und keine Sonder- und Ergänzungsbilanzen in elektronischer Form einreichen müssen.
- Die Anzahl der Mussfeld-Positionen in der allgemeinen Steuer-Taxonomie (Kerntaxonomie) wird um insgesamt 13 reduziert. Davon entfallen 5 auf den Berichtsbestandteil ‚Bilanz’, 6 auf den Berichtbestandteil ‚Gewinn- und Verlustrechnung’ (nach Gesamt- und Umsatzkostenverfahren) und 2 auf andere Berichtsbestandteile.
- Die Kerntaxonomie wird zudem um 30 sog. Auffangpositionen erweitert. 13 dieser (an der Bezeichnung „nicht zuordenbar“ im Positionsnamen erkennbaren) Felder entfallen auf den Berichtsbestandteil ‚Bilanz’, 17 auf den Berichtbestandteil ‚Gewinn- und Verlustrechnung’ (nach Gesamt- und Umsatzkostenverfahren).
- Wie während der Verbandsanhörung anklang, soll zur Vermeidung von Eingriffen in das Buchungsverhalten des Weiteren die Möglichkeit verstetigt werden, Summenmussfelder direkt mit einem Wert zu belegen, sofern sämtliche Mussfelder auf der darunter liegenden Ebene mit Leerwerten übermittelt werden. Mit Hilfe eines solchen „Ausblendens“ von Differenzierungen könnte eine E-Bilanz im Kurzformat entstehen, die den Anforderungen der §§ 266, 275 HGB genügt, aber keine darüber hinausgehenden Detaillierungen enthält. Ob diese Möglichkeit und die (alleinige) Befüllung einer Auffangposition auf der nachgeordneten Ebene als gleichwertige Alternativen angesehen werden, wurde noch nicht diskutiert.
Die Bedingungen, unter denen Positionen mit einem Leerwert (NIL-Wert) übermittelt werden können, sind sowohl für die Nutzung von Auffangposition als auch für die E-Bilanz im Kurzformat essentiell und wurden mit Schreiben vom 8. August konkretisiert. In Abänderung von Rdn. 16 des BMF-Entwurfes vom 1. Juli sollen NIL-Werte nunmehr zulässig sein, „sofern sich ein Mussfeld nicht mit Werten füllen lässt, weil die Position in der individuellen Buchführung nicht geführt wird oder nicht ableitbar ist“. Unklar ist hier noch, ob der Ausdruck „individuelle Buchführung“ sich auf die Konten des Hauptbuchs beschränkt oder ggf. alle steuerrelevanten Aufzeichnungen i. S. des §§ 140 ff. AO umfasst und wann eine Information aus der Buchführung „ableitbar ist“.
Gepaart mit der Härtefallregelung des § 5b Abs. 2 EStG dienen die vorgenannten Erleichterungen augenscheinlich dem Zweck, Umstellungsaufwand zu reduzieren und die Akzeptanz der E-Bilanz zu erhöhen; ein Erfolg des Projekts E-Bilanz auf dem (unvermeidlichen) Weg zu einem steuerlichen E-Government ist damit wahrscheinlicher geworden. Sachlich wie auch hinsichtlich der Gestaltung dieses IT-Großprojekts schließt Deutschland zu Ländern wie Großbritannien auf.
Offen bleibt allerdings nach wie vor, ob der (nun geringfügig reduzierte) E-Bilanz-Mindestumfang, der weiterhin auch außerbilanzielle Korrekturen umfasst, durch die Ermächtigungsgrundlage des § 51 Abs. 4 Nr. 1b EStG gedeckt ist.