Das Steuerabkommen mit der Schweiz, Unmut und potentielle Auswirkungen

StB Dr. Pia Dorfmueller, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt

Am 10. 8. 2011 haben Unterhändler der Schweiz und Deutschlands in Bern die Verhandlungen über offene Steuerfragen abgeschlossen und ein Steuerabkommen paraphiert (vgl. PM des BMF Nr. 32/2011 vom 10. 8. 2011). Der vollständige Text der Übereinkunft liegt derzeit noch nicht vor; er wird erst nach Unterzeichnung durch die beiden Regierungen in einigen Wochen veröffentlicht. Das Steuerabkommen könnte Anfang 2013 in Kraft treten.

 Nach der Pressemitteilung des BMF sieht das Steuerabkommen vor, dass Personen mit Wohnsitz in Deutschland ihre bestehenden Bankbeziehungen in der Schweiz nachbesteuern können, indem sie entweder eine einmalige Steuerzahlung (zwischen 19 und 34% des Vermögensbestandes, abhängig von der Dauer der Kapitalanlage sowie vom Anfangs- und Endbetrag des Kapitalbestandes) leisten oder ihre Schweizer Konten gegenüber den deutschen Behörden offenlegen. Es bleibt abzuwarten, welche Steuern mit dieser Zahlung abgegolten sind. Insbesondere der Einbezug von Erbschaft- und Schenkungsteuer würde den Höchstsatz von 34% relativieren. Um unter anderen ein Mindestaufkommen der Vergangenheitsbesteuerung zu sichern, haben sich die Schweizer Banken zu einer Garantieleistung von CHF 2 Mrd. verpflichtet. Dieses vorgestreckte Geld soll mit eingehenden Steuerzahlungen verrechnet werden.

Künftige Kapitalerträge sollen unmittelbar von einer Abgeltungsteuer in Höhe von 26,375% erfasst werden. Diese Steuer entspricht dem in Deutschland geltenden Abgeltungsteuersatz (§ 32d Abs. 1 EStG) zzgl. Solidaritätszuschlag. Ferner können die deutschen Behörden Auskunftsgesuche stellen, die den Namen des Kunden, jedoch nicht den Namen der Bank enthalten müssen. So soll vermieden werden, dass weiteres Schwarzgeld in der Schweiz angelegt wird. Die Auskunftsgesuche müssen in jedem Fall einen plausiblen Anlass haben; Anfragen ins Blaue hinein sind somit ausgeschlossen. Für die Anzahl der Auskunftsgesuche innerhalb einer Zweijahresfrist wurde eine Bandbreite von 750 bis 999 Gesuchen vereinbart; danach soll eine Anpassung aufgrund der Ergebnisse vorgenommen werden.

Des Weiteren sieht Deutschland von der strafrechtlichen Verfolgung von Schweizer Bankmitarbeitern ab, wenn diese vor Unterzeichnung des Steuerabkommens an einer Steuerstraftat beteiligt waren. Ferner sieht Deutschland für den Kauf von CDs aus der Schweiz mit den Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher aus Deutschland keinen Anlass mehr.

Personen mit Wohnsitz in Deutschland haben neben der Vergangenheitsbesteuerung nach dem Steuerabkommen ab 2013 weiterhin die Möglichkeit der Selbstanzeige. Erfahrungsgemäß schlägt eine Selbstanzeige mit bis zu 20% des Vermögens für Steuernachzahlungen zzgl. Hinterziehungszinsen durch. Insofern ist in jedem Fall zu prüfen, welche Alternative für den Anleger günstiger ist. Dabei ist zu beachten, dass durch die jüngste Schweizer Datenaffäre das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige (§§ 371, 398a AO) durch Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vom 28. 4. 2011 (BGBl. I 2011 S. 676)– nämlich Abschaffung der Teilselbstanzeige – verschärft wurde.

Dem Steuerabkommen müssen noch der Bundestag und der Bundesrat zustimmen. Im Bundesrat hat Schwarz-Gelb nicht die Mehrheit und SPD, Grüne sowie Linke lehnen die geplante einmalige pauschale Nachzahlung ab. Dabei werden die Vertreter der Opposition in der Presse mit den Worten „Ablasshandel“, „Geschenk für Steuerbetrüger“ und „höchst problematisch“ zitiert. Sie fordern weiterhin den Kauf von CDs aus der Schweiz mit den Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher aus Deutschland. Stellenweise wird sogar von der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz gesprochen, da eben keine gleichmäßige, gerechte und transparente Besteuerung gewährleistet sei. Dies deshalb, weil mit dem Steuerabkommen „sehr spezielle Regelungen für eine sehr spezielle Zielgruppe“ ausgehandelt worden seien. Des Weiteren ist der Presse zu entnehmen, dass seitens der Kriminalpolizei sogar überlegt wird, „wie das Verhalten des Bundesfinanzministers, seines Staatssekretärs und der beteiligten Ministerialbeamten strafrechtlich zu würdigen ist.“

Insofern ist mit Spannung abzuwarten, ob der Bundesrat dem Steuerabkommen zustimmen wird. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass je nach Schätzung zwischen 130 und 180 Mrd. EUR deutsches Schwarzgeld in der Schweiz vermutet wird (Tax Notes International, August 8, 2011, S. 427). Auch ist zu beobachten, ob Großbritannien, das ein vergleichbares Steuerabkommen mit der Schweiz aushandelt hat, auf nationaler Ebene zustimmt. Großbritannien hat wohl eine Abschlagzahlung von CHF 500 Mio. ausgehandelt (vgl. Tax Notes International, August 29, 2011, S. 644).

Ferner dürften die beiden Steuerabkommen der Schweiz die Blockade von Österreich und Luxemburg gegen den automatischen Informationsaustausch in der EU bestärken. Denn genau diesem entzieht sich die Schweiz. Die Schweizer Banken sollen lediglich durch die Abgeltungsteuer dafür sorgen, dass sämtliche Kapitalerträge genauso wie in Deutschland besteuert werden. Des Weiteren sind Auswirkungen auf die derzeitigen Beratungen hinsichtlich der Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs der EU Zinsrichtlinie (2003/48/EG; § 45e EStG) zu befürchten.

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