Mit Urteil vom 7. 7. 2011 (V R 42/09, DB 2011 S. 2300) hat der BFH die Frage geklärt, bis wann spätestens die Zuordnungsentscheidung dokumentiert sein muss, um bei gemischt-genutzten Gegenständen den Vorsteuerabzug zu ermöglichen: Es ist der gesetzliche Abgabetermin der Jahres-USt-Erklärung, also der 31. 5. des Folgejahres, in welchem die abziehbaren Vorsteuern angefallen sind. Dies war von den Finanzgerichten unterschiedlich gesehen worden.
Nach ständiger Rechtsprechung von EuGH und BFH kann ein Unternehmer einen Gegenstand, welchen er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke nutzt, seinem Unternehmen ganz oder teilweise zuordnen oder dies auch ganz unterlassen und den Gegenstand im Privatvermögen belassen.
Zuordnung gemischt-genutzter Gegenstände weiterhin möglich
An dieser Ausgangslage hat auch die Änderung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie und des Umsatzsteuergesetzes nichts geändert, nachdem nunmehr auch bei einer vollständigen Zuordnung zum Unternehmen ein Vorsteuerabzug nur in der Höhe der beabsichtigten Nutzung für nicht abzugsschädliche Umsätze möglich ist. Ändert sich deren Nutzung im Berichtigungszeitraum, erfolgt eine Korrektur nach § 15a UStG.
Diese Korrektur ist aber nur möglich, wenn und soweit der Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet wurde: Wurde dieser – etwa ein Gebäude – nur zur Hälfte dem Unternehmen zugeordnet und die Vorsteuer zur Hälfte abgezogen, ist bei einem späteren Anstieg der unternehmerischen Nutzung auf 70% keine Korrekturmöglichkeit nach § 15a UStG gegeben.
Zeitpunkt und Dokumentation der Zuordnungsentscheidung
Die Zuordnungsentscheidung muss im Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffen werden. Da sie eine „innere Tatsache“ ist, aber für den Vorsteuerabzug in Gegenwart und Zukunft entscheidend, muss sie durch Beweisanzeichen „zeitnah“ nach außen dokumentiert werden. Fehlen solche Beweisanzeichen, kann eine Zuordnung nicht unterstellt werden.
„Dabei ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen… Auch die bilanzielle und ertragsteuerrechtliche Behandlung kann ggf. ein Indiz für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung sein“ – so der BFH im Urteil vom 7. 7. 2011, V R 42/09, Rdn. 23, DB 2011 S. 2300.
Die bisherige FG-Rechtsprechung
Es gab verschiedene finanzgerichtliche Urteile, wann denn der Vorsteuerabzug geltend zu machen und damit die Zuordnungsentscheidung zu dokumentieren sei. Es wurde vertreten, dies müsse in der USt-Voranmeldung nach Leistungsbezug erfolgen. Da aber nicht jeder Unternehmer zur Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet ist, wurde auf die Jahreserklärung abgestellt. Im vorliegenden Streitfall war der Kläger Unternehmer und zur Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet, hatte die Vorsteuern aus einem gemischt-genutzten Grundstück aber erstmals in der Jahreserklärung geltend gemacht. Die Erklärung für 2003 war am 20. 12. 2004 beim Finanzamt eingegangen.
Dokumentation bis 31. 5. des Folgejahres notwendig, aber auch hinreichend
Während das FG die Klage deswegen abwies, weil der Kläger die Vorsteuer in den Voranmeldungen hätte geltend machen müssen, verwarf der BFH nun die Revision mit dem Argument, „zeitnah“ sei eine Dokumentation der Zuordnungsentscheidung nur noch bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist zur Abgabe der Steuererklärung. Allerdings – und hier weicht der BFH von der Sichtweise mancher Finanzgerichte ab – sei die Einhaltung dieser Frist und die Dokumentation in der Jahreserklärung aber auch ausreichend, eine Aufnahme in die Voranmeldungen sei nicht erforderlich.
Obliegenheit, den Steuerberater auf Frist hinzuweisen
Eine ähnliche Tendenz haben vor kurzem zwei Entscheidungen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz gezeigt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. 2. 2011 – 6 K 1004/09 und vom 14. 6. 2011 – 6 K 2016/08). Im ersten Fall hatte die Klägerin die Jahreserklärung erst 17 Monate nach Ablauf des Jahres abgegeben, in welchem die Vorsteuer angefallen war, im zweiten im Dezember des Folgejahres. Beides erschien dem FG zu spät.
Im Fall 6 K 2016/08 schrieben die Richter ins Urteil: „Das Erfordernis der zeitnahen Abgabe einer Umsatzsteuer-Erklärung zur Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung betreffend Gebäudeteile im Zeitpunkt des Bezuges der Herstellungsleistungen bedeutet für den durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertretenen Steuerpflichtigen, dass dieser seinen Steuerberater frühzeitig auf das Erfordernis der bevorzugten Bearbeitung seiner Umsatzsteuer-Erklärung hinweist und dass der Steuerberater für diese Steuererklärung keine Fristverlängerung über die allgemeine Frist für Angehörige der steuerberatenden Berufe hinaus beantragt.“ In beiden Entscheidungen wurde die Revision zugelassen. Sie sind in der Datenbank des BFH nicht erwähnt, eventuell noch nicht. Inhaltlich hat der BFH nun aber die Sichtweise des FG Rheinland-Pfalz bestätigt.
Vorsicht bei mehrjährigem Herstellungsvorgang
Zwar schreibt der BFH (in Randnummer 24): „Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung schon bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist. Gleichwohl kann die Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer „zeitnah“ erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen dokumentiert werden (vgl. BFH-Urteil vom 17. 12. 2008 – XI R 64/06, BFH/NV 2009 S. 798; BFH-Beschluss vom 26. 6. 2009 – V B 34/08, BFH/NV 2009 S. 2011)“. Das sollte aber nicht dahin missverstanden werden, dass der Unternehmer bis zum Abschluss des Herstellungsvorgangs warten kann. Wenn beispielsweise ein Gebäude in den Jahren 2011 und 2012 errichtet, aber erst in 2012 fertiggestellt wird und in 2011 bereits Vorsteuern anfallen, muss der Unternehmer m. E. bereits in diesem Zeitpunkt die Entscheidung über die unternehmerische Nutzung des künftigen Gebäudes treffen und sie bis zum 31. 5. 2012 nach außen dokumentieren, das heißt, dem Finanzamt mitteilen. Der BFH lässt diese Frage offen (Rdn. 43), da das Gebäude bereits im Streitjahr 2003 fertiggestellt war und weitere Kosten im Jahr nach der Fertigstellung anfielen.
Verschiedene Beweisanzeichen möglich
Unternehmer, die beim Leistungsbezug nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind- etwa Kleinunternehmer oder Unternehmer mit abzugsschädlich steuerfreien Umsätzen, aber davon ausgehen, dass sie innerhalb des Berichtigungszeitraums Umsätze bewirken, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, müssen andere Beweisanzeichen der Zuordnungsentscheidung schaffen. Das gilt insbesondere dann, wenn sie ertragsteuerlich Einnahmen-Überschuss-Rechner sind (und deswegen keine bilanzielle Behandlung ein Anzeichen sein kann). Die sicherste Art ist immer, dem Finanzamt – bis spätestens 31. 5. nach Ablauf des Jahres, in dem die später einmal abziehbare Vorsteuer angefallen ist – schriftlich mitzuteilen, dass und in welchem Umfang der Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet wird.
Umfang der Nutzung
Das FG München hat mit rechtskräftigem Urteil vom 2. 3. 2011 (3 K 2880/08, EFG 2011 S. 1665) entschieden, der Unternehmer müsse auch beim Leistungsbezug darlegen, dass er den Gegenstand zu mehr als 10% für unternehmerische Zwecke nutze. Diese Auffassung ist zweifelhaft, weil nicht gesichert ist, ob die Ermächtigung zur Abweichung vom europäischen Recht tatsächlich eine Zuordnung ausschließt oder nur den Vorsteuerabzug.