Das sog. Private Equity Urteil vom 24. 8. 2011 (I R 46/10, DB0461157) macht weiter Furore. Nicht nur, dass es die Abgrenzungskriterien im sog. Private Equity Erlass in Zweifel zieht (vgl. Töben, Steuerboard DB0462785), es rührt auch an der Frage, ob und wann ein (inländischer) ständiger Vertreter zur Vertreter-Betriebstätte oder gar zu einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte mutiert bzw. unter welchen Voraussetzungen die Räumlichkeiten des inländischen Vertreters einem ausländischen Auftraggeber als feste Einrichtungen zuzurechnen sind und damit für diesen eine Betriebsstätte im Inland begründen.
Im Urteil vom 24. 8. 2011 wurden die Räume einer (englischen) Managementgesellschaft, die von einer (ebenfalls englischen) Fondsgesellschaft (Auftraggeberin) als Subunternehmer beauftragt wurde, der Auftraggeberin als Betriebstätten zugerechnet (mit im Urteil positiven Folgen für die inländischen Gesellschafter der Fondsgesellschaft). Befürchtet werden indes negative Folgen in Fällen, in denen ein ausländisches Unternehmen einen inländischen Auftragnehmer / Subunternehmer beauftragt. Die Annahme einer inländischen Betriebstätte in diesen Fällen kann eine beschränkte Steuerpflicht des ausländischen Auftraggebers zur Folge haben, auch eine Gewerbesteuerpflicht anteiliger, eine solchen Betriebstätte eventuell zurechenbarer Einkünfte, für die allein ein ständiger Vertreter nicht ausreicht.
Wassermeyer stellt in seiner Anmerkung zum oben genannten Private Equity Urteil die „entscheidende Frage“, ob dem Urteil entnommen werden müsse, dass die Einschaltung nicht nur einer Managementgesellschaft, sondern eines „jeden Subunternehmers für den Auftraggeber eine Betriebstätte begründet bzw. wo die Grenzen für die Begründung einer Betriebstätte liegen“ (IStR Heft 23/11). Wassermeyer verweist in diesem Kontext auf „verschiedenste Dienstleistungen“, gar auf (inländische) Steuerberater, die die Bücher von (ausländischen) Unternehmen / Auftraggebern führen, auch auf Rechtsanwälte, die ausländische Unternehmen in Fragen des Managements beraten. Diese Beispiele würden verdeutlichen, dass die Bedeutung des Private Equity Urteils „weit über die Einschaltung von Managementgesellschaften hinausgehe“, denn sie betreffe die Beauftragung vor allem von Subunternehmern und Dienstleistern und die sich daraus für die ausländischen Auftraggeber ergebenden Besteuerungsfolgen im Inland. Jede Art von dauerhafter Vertretungstätigkeit könne, so Wassermeyer zutreffend, keine Betriebstätte begründen; ansonsten wäre § 13 AO (Ständiger Vertreter) überflüssig. Es müsse einen Unterschied geben zwischen „Betriebstätte“ und „ständigem Vertreter“. Deshalb sei kritisch anzumerken, dass das Urteil I R 46/10 keine Grenzen für die Vermittlung von Betriebsstätten erkennen lasse, die jedoch irgendwo bestehen sollten.
Aber gibt das Urteil nicht doch Abgrenzungskriterien?
Sowohl dem Private Equity Urteil I R 46/10 als auch dem in dieser Entscheidung zur Stützung der Betriebsstättenannahme in Bezug genommenen Urteil des BFH vom 23. 2. 2011 (I R 52/10 ) lagen Sachverhalte zugrunde, in denen die Geschäftsführer des Auftraggebers und die des Auftragnehmers identisch, jedenfalls weitgehend identisch waren. In der Entscheidung I R 52/10 war für die Annahme, die Räume des Auftragnehmers seien eine Betriebsstätte des Auftraggebers, ausdrücklich diese Personalunion bei Auftraggeber und Auftragnehmer maßgebend. Übertragen auf oben genannte Sachverhalte führte der BFH in diesem Zusammenhang aus: Dass der Auftraggeber über die Räume des Subunternehmers kein vertraglich eingeräumtes Nutzungsrecht zugestanden haben mag, sei unbeachtlich. Denn diese Einrichtungen wurden von den Geschäftsführern der Auftraggeberin, die zugleich Geschäftsführer der Subunternehmer waren, u. a. für Zwecke der Auftraggeberin genutzt. Das führt dazu, dass sie (auch) als Betriebsstätten der Auftraggeberin anzusehen sind. Diese Handhabung werde nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass sich nichts anderes ergäbe, wenn die Auftraggeberin Entscheidungen der Auftragnehmerin übertragen hätte und diese insoweit als Subunternehmer der Auftraggeberin tätig geworden wäre.
Die Betriebsstätte eines Subunternehmers ist zwar nicht stets zugleich als Betriebsstätte des Hauptunternehmers anzusehen; anders ist es aber, wenn dieser die Tätigkeit des Subunternehmers im Rahmen der betreffenden Einrichtung fortlaufend überwacht. Deshalb wären, wenn die Auftragnehmer für die Auftraggeberin Vermögen angelegt hätte und dabei „in ihren Räumlichkeiten“ von der Auftraggeberin „ständig überwacht“ worden wäre, die Räumlichkeiten zu Betriebsstätten der Auftraggeberin geworden. Dann kann es aber nicht anders sein, wenn den die Auftraggeberin leitenden Personen zugleich die Leitung der Auftragnehmerin obliegt und die genannte Überwachung gleichsam durch eine Identität der Leitungsorgane ersetzt wird.
Hier werden die Grenzen zwischen „Betriebstätte“ und „ständigem Vertreter“ liegen, eventuell noch genauer konturiert werden müssen.