Ist die einmonatige Rechtsbehelfsfrist abgelaufen, wird ein Steuerbescheid bestandskräftig. In diesem Fall wird der Einspruch vom Finanzamt als unzulässig zurückgewiesen und Änderungen sind nur noch sehr eingeschränkt aufgrund spezieller Verfahrensregelungen möglich. So kann der Steuerbescheid auch zuungunsten des Finanzamts nach Bestandskraft und bis zur Verjährung noch berichtigt werden, sofern der Steuerpflichtige im Verfahren auf neue Tatsachen verweisen kann. Dieses Argument greift, wenn Belege oder Sachverhalte nachgereicht wurden, die bei Erstellung der Steuererklärung nicht bekannt waren. Sollte sich das zugunsten von Steuerzahlen auswirken, muss dem Finanzamt nachgewiesen werden, dass kein eigenes grobes Verschulden vorliegt. Der Hinweis auf vergessene Belege oder allgemeine Unordnung in der Aktenführung reicht daher nicht aus. Denn in solchen Fällen unterstellt der Finanzbeamte eine Mitschuld am verspäteten Nachweis und akzeptiert die Kosten oder verminderte Einnahmen nicht mehr.
Ein praktisches Beispiel hierzu ist der Fall aus dem im Januar 2012 vom BFH veröffentlichten Urteil. Nach dem Tenor kann ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nicht aufgrund einer später vorgelegten Mitteilung über Verluste eines Investmentfonds geändert werden, wenn diese Beteiligung in den Formularen nicht angegeben war. Es handelt sich zwar um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache, doch hieran trifft den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden, wenn er im Formular ausdrücklich eine einen bestimmten Vorgang betreffende Frage nicht beantwortet hat. Damit verliert er die Option, die Bestandskraft auszuhebeln, sofern er steuermindernde Sachverhalte geltend machen will (Az. VIII R 18/08).
Ein Steuerpflichtiger handelt grob fahrlässig, der auf eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte und auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht antwortet. Denn Steuerpflichtige haben für die Richtigkeit ihrer Angaben in der Erklärung selbst einzustehen. Hat daher ein Anleger in der abgegebenen Anlage KAP weder die Frage nach Investmentanteilen beantwortet, noch den Namen der Fondsgesellschaft eingetragen, verletzt er damit seine Pflicht zur vollständigen Abgabe von Steuererklärungen, weil er in diesem konkreten Fall seine Beteiligung am Fonds schon dem Grunde nach nicht offenlegt.
Aus der Verpflichtung, die Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen anzufertigen, ergibt sich, dass jeder seinem Finanzamt sämtliche steuerrelevante Tatsachen vollständig zu deklarieren hat, betonten die Richter. Aus diesem Grund kommt keine Änderung zulasten des Fiskus in Betracht und die an sich rechtmäßige Steuererstattung bleibt endgültig in der Finanzkasse.
Um eine nachträglich erhaltene Fondsbescheinigung dem Finanzamt später doch noch erfolgreich übersenden zu können, hätte der Steuerpflichtige das Finanzamt bei der Erstabgabe seiner Einkommensteuererklärung darauf hinweisen sollen, dass noch Belege ausstehen und der Bescheid zunächst entweder vorläufig zu diesem Punkt oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergeht.