Die Gewinngemeinschaft ist das unbekannteste Gestaltungsvehikel des Unternehmenssteuerrechts. Geregelt in § 292 AktG als ein anderer Unternehmensvertrag, durch den sich die Gesellschaft verpflichtet, ihren Gewinn zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns mit dem Gewinn anderer Unternehmen zusammenzulegen. Anschaulich als horizontale Gewinnpoolung bezeichnet, sind die Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft zweifelsfrei nicht erfüllt, da es sich nicht um einen Gewinnabführungsvertrag handelt.
Durch einen aktuellen Hinweis in einem verwaltungsnahen Kommentar wurde nun bekannt, dass sich die KSt-Referenten von Bund und Ländern mit der Thematik ausführlich befasst hatten. Die Finanzverwaltung lehnt die steuerliche Anerkennung der Gewinn- und Verlustgemeinschaft nicht nur für eine Organschaft ab, sondern generell. Zahlungen zwischen den Gesellschaften sollen steuerlich keine Betriebsausgaben bzw. –einnahmen sein. Die Tatsache, dass es sich um einen im Handelsregister eingetragenen und durchgeführten Unternehmensvertrag handelt, wird nicht berücksichtigt. Bei verbundenen Unternehmen sollen verdeckte Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen. Zugrunde lag eine 2004 auf vier Jahre vereinbarte Gewinn- und Verlustgesellschaft zwischen Schwestergesellschaften. Eine Organschaft wurde nicht gestaltet, weil dadurch € 200 Mio. Verlustvorträge der einen Vertragspartei eingefroren worden wären. Der ausschließlich fiskalisch motivierte Ansatz der Argumentation der Finanzverwaltung ist offenkundig, da bei Anerkennung der Gestaltung der Willkür Tür und Tor geöffnet sei, wie es im Zusammenhang mit der vereinbarten Rückwirkung heißt.
Über die Details der konkreten unternehmensvertraglichen Regelung mag man unterschiedlicher Auffassung sein. Eines aber ist unzutreffend: Weder aus den Organschaftsregelungen noch aus der Gesetzesgenese ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber steuerliche Ergebniskonsolidierungen zwischen verbundenen Unternehmen abschließend mit der Organschaft regeln wollte, wie die Finanzverwaltung meint. Sie lehnt es ab, aus dem BFH-Urteil vom 6. 12. 1955 (I 155/54 U, BStBl. III 1956 S. 95), das eine Gewinngemeinschaft anerkannt hatte, heute noch Folgerungen zu ziehen, da dieses seit der Einführung der gesetzlichen Organschaftsregeln nicht mehr einschlägig sei. Das dürfte kaum haltbar sein, denn steuerliche Ergebniskonsolidierungen gab es nach Vorarbeiten des Preuss. OVG aus 1902 spätestens seit 1922 auf Grundlage der Rechtsprechung des RFH. Die Regelung zur Organschaft in § 7a KStG 1969 wurde dann vom KStG 1977 übernommen. Auch die gesetzlich abgeschaffte Mehrmütterorganschaft ist letztlich ein Anzeichen dafür, dass es sehr wohl steuerlich relevante Ergebniskonsolidierungen geben kann, so lange sie nicht durch klare gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen sind.
Offenbar hat jedoch der von der Finanzverwaltung geregelte Einzelfall nicht den Weg zu einer finanzgerichtlichen Klärung gefunden. Daher bleibt für mutige Gestaltungen alles beim alten: Eine sorgfältig gestaltete Gewinn- und Verlustgemeinschaft aus betrieblich und wirtschaftlich sinnvollen und nicht nur gesellschaftlichen Gründen müsste so lange die Chance einer steuerrechtlichen Anerkennung haben, wie der Gesetzgeber nicht Abweichendes regelt. Falls die Organschaft zugunsten einer Gruppenbesteuerung abgeschafft wird, könnte die Diskussion um die Gewinngemeinschaft neue Nahrung bekommen, zumal ein aktienrechtlich geregeltes Rechtsinstitut zugrunde liegt.