Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer hat eine wechselvolle Geschichte. Bis 1995 galten die allgemeinen Regeln, die Aufwendungen waren abzugsfähig, wenn sie durch die Erwerbstätigkeit veranlasst waren. Viele verstanden das als Einladung zu einem Steuersparmodell und machten entsprechende Aufwendungen auch unter häuslichen Bedingungen geltend, die mehr als zweifelhaft waren. Zwar forderte die Rechtsprechung eine klare Trennung der häuslichen und beruflichen Sphäre, aber wie sollte die Finanzverwaltung das überwachen können? Vor allem die Schwierigkeit ausreichender Kontrolle veranlasste den Gesetzgeber 1996 zur Einführung einer Abzugsbeschränkung.
Das Gesetz regelt seitdem, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Nur in Ausnahmefällen (u.a. wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand) begnügte sich der Gesetzgeber mit einer Abzugsbeschränkung, in ganz engen Ausnahmefällen wie etwa der Heimarbeit war weiterhin der unbeschränkte Abzug möglich. Im Jahre 2007 wurde der Abzug weiter eingeschränkt und war nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildete. Dieses nahezu vollständige Abzugsverbot ging dem Bundesverfassungsgericht zu weit. Es hob mit dem Beschluss vom 6. 7. 2010 (1 BvL 13/09) die Vorschrift insoweit auf, als das Abzugsverbot auch die Personen (z. B. Lehrer) erfasste, denen für ihre berufliche Tätigkeit (Unterrichtsvorbereitung) kein außerhäuslicher Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Die Begrenzung der Abzugsfähigkeit der Kosten des häuslichen Arbeitszimmers als solche hielt das Bundesverfassungsgericht jedoch für sachlich gerechtfertigt. Im Jahressteuergesetz 2010 kehrte der Gesetzgeber deshalb (mit Einschränkungen) wieder zur vorherigen Regelung zurück.
Eine kaum übersehbare Zahl von finanzgerichtlichen Verfahren begleitet seit jeher die einkommensteuerlichen Auswirkungen des häuslichen Arbeitszimmers. Wer in der Datenbank BFH/NV von Haufe das Stichwort „Arbeitszimmer“ eingibt, erhält 4158 Treffer. Ging es früher vor allem um Sachverhaltsfragen (liegt wirklich eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen vor?), so ging es seit Bestehen der Abzugsbeschränkung auch um Auslegungsfragen. Wann liegt ein häusliches Arbeitszimmer vor? Was heißt „Mittelpunkt der beruflichen Betätigung“? Welche Anforderungen sind an den „anderen Arbeitsplatz“ zu stellen? Wie verhält sich die Abzugsbeschränkung zur nunmehr grundsätzlich zulässigen Aufteilung gemischter Aufwendungen?
Die Komplexität der Fragen hat zugenommen, was vor allem an der divergierenden Rechtsprechung sichtbar wird. Dem BFH liegt ein Fall vor, in dem ein Unternehmer, der einen Vor-Ort-Service für Karosseriearbeiten anbot, in seinem Wohnzimmer einen „Arbeitsbereich“ eingerichtet hat, in dem er die notwendigen Büroarbeiten erledigte und die hierfür anfallenden Kosten als Betriebsausgaben geltend machte. Das Finanzgericht Köln hat den anteiligen Abzug zugelassen mit dem Argument, dass nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH zur Aufgabe des Aufteilungsverbots (GrS vom 21. 9. 2009, 1/06) es nicht mehr entscheidend sei, dass der Arbeitsraum nahezu ausschließlich beruflich genutzt werde. Und ein anderer Arbeitsplatz als die Ecke im Wohnzimmer stand dem Unternehmer nicht zur Verfügung. Genau umgekehrt hat das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 2. 2. 2011, 7 K 2005/08) entschieden. Es argumentierte, dass das Arbeiten im Wohnbereich grundsätzlich nicht zu abzugsfähigen Aufwendungen führen könne, da die Wohnkosten ja bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten seien.
In zwei neueren Entscheidungen, die das Arbeitszimmer eines Richters und eines Professors betrafen, hat der BFH ausgeführt, dass die Tätigkeit, die für deren Berufsbild prägend ist, das Gericht bzw. die Hochschule ist. Deshalb komme auch der Tatsache, dass sich beide Berufsangehörigen möglicherweise überwiegend in ihrem Arbeitszimmer aufhalten, keine entscheidende Bedeutung zu. Der Begriff des „Mittelpunkts der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung“ in § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sei nicht zeitlich, sondern tätigkeitsbezogen zu verstehen. Das „Wesensmäßige“ der Hochschullehrer- oder Richtertätigkeit finde nicht zu Hause, sondern in der Hochschule bzw. dem Gericht statt.
Dass der Gesetzgeber den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer beschränken kann, ist seit der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2010 nicht mehr zweifelhaft. Umso mehr erstaunt, dass angesichts der vorhandenen Abzugsbegrenzung auf 1250 € und der verhältnismäßig geringen steuerlichen Auswirkung des abzugsfähigen Aufwands für ein häusliches Arbeitszimmer nach wie vor wie verbissen vor den Finanzgerichten gekämpft wird. Es scheint ein besonderes Ungerechtigkeitsgefühl auszulösen, wenn beruflicher Aufwand, der im häuslichen Bereich anfällt, steuerlich nicht anerkannt wird.