Zur steuerbegünstigten Schenkung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

RA/FAStR/StB Dr. Arne von Freeden, LL.M. (NYU), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Voraussetzung für eine steuerbegünstigte Schenkung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist unter anderem eine „unmittelbare“ Beteiligung des Schenkers an der Gesellschaft. Fraglich ist, ob eine unmittelbare Beteiligung an der Kapitalgesellschaft für Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerzwecke auch vorliegt, wenn der Schenker über eine zwischengeschaltete vermögensverwaltende Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Nach einer Entscheidung des FG Köln ist die Frage – zu Gunsten des Steuerpflichtigen – zu bejahen (Urteil vom 16. 11. 2011, 9 K 3087/10, Revision anhängig, Az. des BFH: II R 4/12).

Unmittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als schenkung- und erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen

Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH) kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen seine Anteile unentgeltlich auf einen Dritten (z. B. Kinder) „schenkungsteuerfrei“ übertragen. Entsprechendes gilt für eine Übertragung der Anteile von Todes wegen. Eine (steuer-)begünstigte Schenkung setzt u. a. voraus, dass der Gesellschafter im Zeitpunkt der Schenkung am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 v. H. unmittelbar beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Durch Abschluss eines Poolvertrags zwischen dem Schenker und anderen Gesellschaftern besteht die Möglichkeit, auch eine Beteiligung von 25 v. H. oder weniger steuerbegünstigt zu übertragen (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG). In beiden Fällen ist erforderlich, dass der Schenker „unmittelbar“ an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft könnte „schenkungsteuerschädlich“ sein

Bei der Strukturierung der Beteiligung eines Gesellschafters an einer (Familien‑)Kapitalgesellschaft kann die Nutzung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zum Erreichen (außersteuerlicher) Ziele des Gesellschafters sinnvoll sein. Der Gesellschafter hält in diesem Fall – ggf. zusammen mit anderen Gesellschaftern (z. B. Familienmitglieder) – eine 100 Prozent-Beteiligung an der Personengesellschaft, die Personengesellschaft hält eine Beteiligung (z. B. 60%) an der (operativen) Kapitalgesellschaft. Die Personengesellschaft fungiert in diesem Fall als „Familiengesellschaft“. Im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft werden Rechte und Pflichten der Gesellschafter „familienbezogen“ geregelt, der Vertrag hat praktisch die Funktion eines Familienstatuts. Für Ertragsteuerzwecke ist die vermögensverwaltende Personengesellschaft voll-transparent, d. h. ein Gesellschafter wird grundsätzlich so behandelt, als sei er unmittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Insoweit ist die Zwischenschaltung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft aus ertragsteuerlicher Sicht im Grundsatz darstellbar.

Fraglich ist jedoch, ob in dem skizzierten Fall für Schenkung- bzw. Erbschaftsteuerzwecke eine unmittelbare Beteiligung des Schenkers an der Kapitalgesellschaft vorliegt. Sofern dies nicht der Fall sein sollte, wäre eine begünstigte Schenkung der Anteile an der Kapitalgesellschaft – in Form der „direkten“ Beteiligung des Gesellschafters an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft – nicht begünstigt.

Entscheidung des FG Köln vom 16. 11. 2011

Die Rechtsfrage ist – soweit ersichtlich – erstmalig finanzgerichtlich durch das FG Köln beantwortet worden (offen gelassen von FG Münster, Urt. v. 17. 2. 2011 – 3 K 217/08 Erb). Danach liegt für Schenkung- und Erbschaftsteuerzwecke eine unmittelbare Beteiligung des Schenkers an einer Kapitalgesellschaft vor, eine begünstigte Übertragung der Beteiligung an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft zusammen mit den Kapitalgesellschaftsanteilen sei möglich. Zwar ist die Entscheidung zum „alten“ ErbStG ergangen. Die streitgegenständliche Vorschrift des (alten) § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a. F. entspricht jedoch dem (neuen) § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG, die Überlegungen des Finanzgerichts haben somit auch Geltung für die Beantwortung der Rechtsfrage nach neuem Recht. Der Senat begründet seine Auffassung mit Hinweis auf eine gebotene widerspruchsfreie Gesetzesanwendung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a. F. bzw. § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG n. F. bestimmen eine transparente Behandlung der vermögensverwaltenden Personengesellschaft) und auf die voll-transparente ertragsteuerliche Behandlung. Im Übrigen sei für die Beantwortung der Frage, wem ein Vermögensgegenstand (hier: Beteiligung an der Kapitalgesellschaft) für Schenkung- oder Erbschaftsteuerzwecke zuzurechnen ist, die Zivilrechtslage (hier: nur mittelbare Beteiligung des Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft) nicht entscheidend.

Im Hinblick auf die anhängige Revision dürfte die Entscheidung im Rahmen der Gestaltungsberatung zwar noch nicht „verwertbar“ sein. Sollte der BFH den Überlegungen des Finanzgerichts folgen, dürfte die vermögensverwaltende Personengesellschaft bei der Strukturierung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften jedoch (wieder) an Bedeutung gewinnen. Denkbar erscheint in diesem Fall – statt Abschluss eines Poolvertrags – auch die Nutzung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (mit Gesamthandsvermögen) zur (erbschaftsteuerlichen) Poolung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG).

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