Die Regierungskoalition plant den Zinsabzug zu untersagen, wenn Unternehmen mit Fremdkapital erworben werden. Ein nicht nur steuerlich sondern auch volkswirtschaftlich bedenklicher Eingriff in das Steuerrecht. Anfang der Woche wurde ich von einem englischen Kollegen darauf angesprochen, ob es stimme was man hört, dass die deutsche Regierung eine Änderung des Steuerrechtes plant mit der gezielt eine Branche bzw. wirtschaftliche Aktivität verhindert bzw. benachteiligt werden soll. Der Kollege spielte dabei auf den von der Regierungskoalition verabschiedeten Maßnahmenplan (12-Punkte Papier) an der jüngst veröffentlicht wurde und unter anderem vorsieht, dass sogenannte Leveraged Buy-Outs (LBO) unerwünscht seien und deshalb ein hiermit verbundener Betriebsausgabenabzug untersagt werden soll.
Dabei geht es um folgendes:
Wird ein Unternehmen erworben, wird in aller Regel der Kaufpreis nicht nur mit Eigenkapital, sondern auch mit Fremdkapital (Bankdarlehen) finanziert. Für diese Bankdarlehen müssen Zinsen bezahlt werden. Diese Zinsen stellen grundsätzlich steuerlichen Aufwand dar und können deshalb mit steuerpflichtigen Einkünften verrechnet werden. Dabei werden Unternehmenserwerbe regelmäßig so strukturiert, dass die Zinsaufwendungen mit den steuerpflichtigen Erträgen des erworbenen Unternehmens verrechnet werden können. Das macht auch Sinn, denn andernfalls würde das Unternehmen Gewinne versteuern, währendem die Ausgaben die in Zusammenhang mit dem Erwerb dieser Einnahmequelle stehen steuerlich nicht abgesetzt werden können.
Dabei scheint die Regierungskoalition nicht nur die steuerliche Verrechnung der Einnahmen mit den Ausgaben zu stören, sondern bereits der wirtschaftliche Vorgang, dass die eigenen Einnahmen des Unternehmens dazu dienen die Zinsaufwendungen zu bezahlen. Das ist aber nichts anderes, als es tagtäglich bei jedem Immobilienerwerb geschieht. Auch hier werden die Zinszahlungen aus den erwirtschafteten Mieteinnahmen entrichtet.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber über Jahre hinweg die Abzugsmöglichkeit von Zinsaufwendungen bereits erheblich verschärft. Heute können Zinsaufwendungen nur noch in einem sehr begrenzten Rahmen steuerlich geltend gemacht werden (§ 4h EStG und § 8a KStG). Auch diese Regelung ist nicht unumstritten. Wenigstens aber gilt sie gleichermaßen für alle steuerrelevanten Aktivitäten die Zinsaufwand auslösen.
Hingegen ist die vorliegend geplante Gesetzesänderung offensichtlich politisch motiviert um eine vermeintlich unerwünschte wirtschaftliche Aktivität zu sanktionieren und damit wenn möglich zu verhindern. Hierzu kann man sicherlich unterschiedliche Auffassungen vertreten. Die Erfinder dieser geplanten Regelung sollten aber (zumindest bei der Umsetzung) folgendes bedenken:
Können Zinsen (überhaupt) nicht mehr abgesetzt werden, so drückt dies erheblich auf die Rendite des investierten Kapitals. Schlimmstenfalls müssen Steuern bezahlt werden obwohl insgesamt kein Überschuss erzielt wird. Dies wird notwendigerweise dazu führen dass die Kaufpreise für Unternehmen sinken oder, viel schlimmer, dass Risikoinvestitionen nicht mehr getätigt werden. Leidtragende sind dann die Unternehmen bzw. deren Mitarbeiter.
Schließlich ergeben sich erhebliche Abgrenzungsprobleme. Wie will man den tagtäglichen Fall behandeln, bei dem eine Unternehmensgruppe ein weiteres Unternehmen erwirbt, die hierbei entstehenden Zinsaufwendungen aber innerhalb der Unternehmensgruppe mit anderen steuerlichen Einkünften verrechnet werden (statt mit den Erträgen des erworbenen Unternehmens selbst)? Im Endeffekt würde dies bedeuten, dass jeglicher Zinsabzug im Zusammenhang mit dem Erwerb von Unternehmen versagt werden müsste. Ein volkswirtschaftlich nicht sehr sinnvolles Ergebnis.
Von jeher war es umstritten, ob das Steuerrecht ein Vehikel zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher und politischer Ziele sein kann. Die steuerliche Gesetzgebung sollte sich an Steuergerechtigkeit und der Besteuerung der Leistungsfähigkeit orientieren. Und: auch der Erwerb von Unternehmen ist in aller Regel volkswirtschaftlich sinnvoll. Gerade die viel gescholtene Private Equity Branche investiert in Deutschland jährlich ca. 5 Milliarden Euro und ist damit Arbeitgeber für ca. 1,2 Millionen Personen. Ohne derartiges Risikokapital würde es viele Unternehmen heute nicht mehr geben. Sicherlich gibt es dabei auch unerwünschte Effekte und zwar dann, wenn noch lebensfähige Unternehmen zur gezielten Zerschlagung erworben werden. Das zu verhindern wird man aber mit dem Steuerrecht nicht erreichen.
Wie kann ich Woldfgang Franz wegen des Artikels “ Der Fluch des Mindestlohnes“ kontaktieren.