Die Erteilung verbindlicher Auskünfte durch die Finanzverwaltung stellt ein wichtiges Instrument zur Steuerplanung dar. In einem kürzlich ergangenen Urteil (BFH-Urteil vom 29. 2. 2012 – IX R 11/11, DB 2012 S. 1550) hat der BFH entschieden, dass ein Stpfl. die inhaltliche Richtigkeit einer zu seinen Ungunsten ergangenen verbindlichen Auskunft nur sehr eingeschränkt gerichtlich überprüfen kann. Falls das FA im Rahmen der verbindlichen Auskunft zu Ungunsten des Stpfl. entscheidet, so bleibt dem Stpfl. deshalb i. d. R. nur, sein ursprüngliches Vorhaben aufzugeben oder er stellt sich auf eine Auseinandersetzung im Steuerfestsetzungsverfahren ein. Hier ist die Entscheidung des FA einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich.
Im Vorfeld unternehmerischer Entscheidungen wie Investitionen oder Umstrukturierungen oder bei der privaten Vermögensplanung stellen sich regelmäßig auch steuerliche Fragen. Insbesondere bei neuartigen Konstellationen, umstrittener Rechtslage oder wenn besonders große Werte und damit Steuerrisiken im Raum stehen, besteht bei den betroffenen Steuerzahlern ein großes Bedürfnis an zuverlässiger Klärung der Steuerfolgen vor der Umsetzung der Maßnahmen.
Der Gesetzgeber erkennt dieses Bedürfnis an und hat die von Rspr. und Finanzverwaltung entwickelten Grundsätze inzwischen auch gesetzlich geregelt (§ 89 AO). Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft führt dazu, dass die Finanzverwaltung im Rahmen der Steuerveranlagung oder einer späteren Betriebsprüfung grds. an die frühere Beurteilung im Rahmen der verbindlichen Auskunft gebunden ist.
Da der Gesetzgeber die Erteilung einer verbindliche Auskunft und die damit verbundene Rechtssicherheit für den Stpfl. als „eine individuelle Unterstützung der steuerlichen Gestaltungsplanung einzelner Stpfl.“ ansieht, berechnet er für diese Dienstleistung auch Gebühren. Diese werden nach dem sog. Gegenstandswert berechnet, also dem Unterschied der Steuerfolgen bei positiver oder negativer Antwort der Finanzverwaltung. Soweit ein solcher Wert nicht bestimmbar ist, berechnet das FA eine zeitabhängige Gebühr. Ausnahmen von der Kostenpflicht bestehen nur für einen Gegenstandswert von weniger als 10.000 € oder einem Arbeitsaufwand des FA von weniger als zwei Stunden.
In dem vom BFH kürzlich entschiedenen Fall (Urteil vom 29. 2. 2012 – IX R 11/11, DB 2012 S. 1550) hatte der Stpfl. aber möglichweise zu hohe Erwartungen an die Serviceorientierung bezüglich der Dienstleistung „verbindliche Auskunft.“ Der Stpfl. beantragte eine verbindliche Auskunft, mit der er festgestellt haben wollte, dass sein geplantes Vorhaben keine Besteuerung eines Veräußerungsgewinns auslösen würde.
Die Finanzverwaltung teilte die Auffassung des Stpfl. aber nicht. Im Rahmen der verbindlichen Auskunft teilte das FA stattdessen mit, dass es das geplante Vorhaben als steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang ansehen würde. Dieses Ergebnis wollte der Stpfl. aber nicht akzeptieren und erhob hiergegen Klage, um doch noch eine Entscheidung zu seinen Gunsten zu erzwingen. Der BFH hat jedoch entschieden, dass kein Anspruch des Klägers auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft besteht. D. h., der Stpfl. kann eine Entscheidung der Finanzverwaltung zu seinen Gunsten nicht gerichtlich erzwingen. Die Auskunft der Finanzverwaltung muss nach Auffassung der BFH-Richter lediglich den Anforderungen an ein faires rechtsstaatliches Verfahrens genügen. Daher muss die Entscheidung im Rahmen der verbindlichen Auskunft dem entsprechen, was das FA in der Sache für richtig hält, ohne dass dem FA hierbei ein Ermessen zusteht. Der BFH unterstreicht, dass die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des FA nicht umfassend gerichtlich überprüft werden kann. Eine Ausnahme hiervon besteht, wenn die rechtliche Einordnung des zu beurteilenden Sachverhalts in sich nicht schlüssig oder evident rechtsfehlerhaft ist. Allerdings dürfte sich die Abgrenzung zwischen evidenter und bloß einfacher Rechtsfehlerhaftigkeit als schwierig gestalten.
Der Stpfl. kann daher das FA nicht gerichtlich zwingen, sein Vorhaben bereits vor der Umsetzung in seinem Sinne zu entscheiden. Der Stpfl. wird somit vor die Wahl gestellt, entweder seine Planung zu ändern oder das Vorhaben in Kenntnis der ablehnenden Auffassung der Finanzverwaltung umzusetzen. Im letzteren Fall bleibt ihm dann nur, eine für ihn positive Entscheidung im Steuerfestsetzungsverfahren anzustreben. Dies ist auch in vollem Umfang möglich, da die verbindliche Auskunft keine Bindungswirkung entfaltet, wenn sie zum Nachteil des Stpfl. rechtswidrig ist. Im Regelfall wird die Finanzverwaltung allerdings ihre Entscheidung in gleicher Weise treffen, wie sie das im Rahmen der verbindlichen Auskunft getan hat. Gegen diese Entscheidung der Finanzverwaltung steht jedoch dem Stpfl. eine gerichtliche Überprüfung offen.
Um einen derartigen „Marsch durch die Instanzen“ zu vermeiden, empfiehlt es sich, frühzeitig Kontakt mit der Finanzverwaltung aufzunehmen, um zunächst (ohne Anfall von Gebühren) einen Entwurf der verbindlichen Auskunft abzustimmen und erst nach Klärung aller möglichen Divergenzen den endgültigen Antrag auf verbindliche Auskunft einzureichen. So weit wird die Serviceorientierung der Finanzverwaltung aber in der Praxis leider nur in seltenen Fällen gehen.
Auch wenn eine gerichtliche Überprüfung von verbindlichen Auskünften (abgesehen von evidenten Rechtsfehlern oder unschlüssigen Ausführungen) i. d. R. nicht möglich ist, bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung das Urteil des BFH nicht zum Anlass nimmt, die Erteilung von verbindlichen Auskünften in der Praxis noch mehr zu erschweren. Stattdessen sollte die Unterstützung der Stpfl. bei der Planung ihrer Verhältnisse auch als Teil der gebührenpflichtigen Dienstleistung verbindliche Auskunft angesehen werden. Denn gerade auch ein Vergleich mit europäischen Nachbarländern zeigt, dass hier noch ein Nachholbedarf besteht.
(Zitiervorschlag: Fischer, Steuerboard DB0483626)