Das BMF hat am 26. 7. 2012 das „Musterabkommen zur Steuerehrlichkeit und Umsetzung des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA)“ veröffentlicht (vgl. auch die Meldung unter DB0484368) und damit einen für die deutsche Finanzwirtschaft wichtigen Zwischenschritt bei der Umsetzung der US-amerikanischen FATCA-Regelungen in deutsches Recht vollzogen. Als nächstes steht nun die Verhandlung eines bilateralen Abkommens zwischen Deutschland und den USA an.
Zielsetzung und Systematik der US-amerikanischen FATCA-Regelungen
FATCA wurde am 18. 3. 2010 in das US-Steuerrecht eingefügt. Ziel ist es, ab 1. 1. 2013 ausländische Finanzinstitute und Finanzintermediäre (sog. Foreign Financial Institutions [FFI]) zur Offenlegung von Kontoinformationen in Bezug auf in den USA steuerpflichtige Personen gegenüber dem US Internal Revenue Service (IRS) zu bewegen. Unterschieden werden FFIs, die am Informationsaustausch teilnehmen (sog. Participating Foreign Financial Institutions [PFFI]) und FFIs, die gegenüber dem IRS nicht die relevanten Kontoinformationen offenlegen (sog. Non Participating FFI [NPFFI]). Vereinfacht sehen die FATCA-Regelungen ab 1. 1. 2014 einen 30%igen Quellensteuerabzug auf bestimmte US-Einkunftsquellen (insb. Zinsen und Dividenden) vor, ab 1. 1. 2015 auch auf Verkaufserlöse (brutto), die mit den vorgenannten Einkunftsquellen zusammenhängen. Die Einbehaltungsverpflichtung besteht für Zahlungen an NPFFs, die die relevanten Kontoinformationen dem IRS nicht zur Verfügung stellen. Ab 1. 1. 2017 soll der 30%ige Quellensteuereinbehalt nicht nur auf US-Einkünfte erfolgen, sondern auch auf sog. „Passthru Payments“, die ein PFFI, das selbst US-Einkünfte erzielt, an ein NPFFI leistet. Damit sollen auch indirekte Investments in US-Einkünfte erfasst werden.
Umsetzung von FATCA im Rahmen eines bilateralen Abkommens zwischen USA und Deutschland
Die einschneidende Wirkung von FATCA für deutsche Finanzinstitute soll durch ein bilaterales Abkommen entschärft werden. Durch das Abkommen, das auf Basis des jetzt veröffentlichten Musterabkommens abgeschlossen werden soll, wird sich Deutschland verpflichten, die Erhebung der FATCA-relevanten Informationen bei deutschen Finanzinstituten zu übernehmen, sodass der Abschluss separater Vereinbarungen deutscher Finanzinstitute mit dem IRS entbehrlich wird und deutsche Finanzinstitute nicht als NPFFIs mit einem Quellensteuerabzug von 30% belegt werden. Vorgesehen ist, dass Deutschland und weitere EU-Staaten von den in ihrem Gebiet ansässigen Finanzinstituten die Informationen über für US-Kunden geführte Konten selbst erheben und an den IRS weiterleiten. Die USA werden dasselbe tun und darüber hinaus im Gegenzug alle Finanzinstitute des jeweiligen Vertragspartners (z. B. Deutschland) von der Pflicht ausnehmen, mit dem IRS Informationsvereinbarungen abzuschließen, wenn sie in den USA eine Einordnung als NPFFI vermeiden wollen.
Die Umsetzung soll im Rahmen bestehender Doppelbesteuerungs- bzw. Steuerinformationsabkommen erfolgen und die Rechtsunsicherheiten (insb. im Bereich des Datenschutzes) beseitigen, die sich ergäben, wenn deutsche Finanzinstitute sich „freiwillig“ US-amerikanischen Informations-pflichten unterwerfen würden.
Das nun veröffentlichte englischsprachige Musterabkommen gliedert sich dabei in einen Hauptteil, einen Annex I sowie einen Annex II. Der Hauptteil enthält neben einem umfangreichen Definitionskatalog (Art. 1) Regelungen zum Umfang der auszutauschenden Informationen (Art. 2), zum Zeitpunkt und zur Art und Weise des Informationsaustauschs (Art. 3), zur Abgrenzung und Einordnung von Finanzinstituten als PFFI und als NPFFI (Art. 4), zur Zusammenarbeit der Staaten bei der Durchsetzung der Informationspflichten (Art. 5), zur weiteren und verbesserten Zusammenarbeit (Art. 6) sowie zur zeitlichen Anwendung (Art. 7).
In Annex I wird detailliert beschrieben, welchen Due Diligence Prozess ein Finanzinstitut durchführen muss, um seinen Aufklärungs- und Informationspflichten in Bezug auf relevante US-Konten nachzukommen. Bisher nur durch Verweise angedeutet wird ein Annex II, der praktisch wichtige Ausnahmetatbestände enthalten soll.
Auch wenn der Zeitplan für den Abschluss eines bilateralen Abkommens zwischen Deutschland und den USA und die Transformation in nationales Recht noch offen sind, so ist das Musterabkommen gleichwohl ein Schritt in die richtige Richtung für mehr Rechtssicherheit für deutsche Finanzinstitute.
Insb. die in Art. 5 Abs. 2 des Musterabkommens vorgesehene Systematik, nach der deutsche Finanzinstitute nur dann als NPFFI einzuordnen sind und relevante Zahlungen an sie einem 30%igen Quellensteuerabzug unterliegen, nachdem ihr Name auf einer entsprechenden Liste des IRS veröffentlich wurde, mindert Rechtsunsicherheiten. Das Verfahren muss jedoch im maßgeblichen bilateralen Abkommen rechtssicher ausgestaltet und von den zuständigen deutschen Behörden effektiv umgesetzt werden. Deutschland ist insoweit aufgefordert, einerseits das verwaltungsinterne Verfahren so auszugestalten, dass eine rechtzeitige Information des betreffenden Finanzinstituts sichergestellt ist, und sollte andererseits darauf dringen, dass ein deutsches Finanzinstitut nur mit Zustimmung Deutschlands durch den IRS als NPFFI eingeordnet werden darf und dass diese Einordnung im Vorwege im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens überprüft werden kann. Besondere Bedeutung wird schließlich der Ausgestaltung von Ausnahmetatbeständen in Annex II zukommen.
(Zitiervorschlag: Kring, Steuerboard DB0485095)