Die Finanzverwaltung hat vor dem BFH eine beachtliche Niederlage erlitten. Dieser hat mit zwei Urteilen vom 18.4.2012 (X R 5/10 und X R 7/10) entschieden, dass das Halbabzugsverbot auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen und auf Rückstellungen für die drohende Inanspruchnahme aus Bürgschaften entgegen der Auffassung des Bundesfinanzministeriums nicht anwendbar ist.
Beiden Streitfällen lagen Betriebsaufspaltungen zugrunde. In dem Fall X R 5/10 schrieb der Besitz-Einzelunternehmer seine an die in der Krise befindliche Betriebs-GmbH gewährten Darlehen ab und bildete eine Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus Bürgschaften für Bankdarlehen der Gesellschaft. Diese wollte die Betriebsprüfung nur zu 50% anerkennen. Der BFH verneinte den erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Betriebsvermögensminderungen oder –ausgaben mit nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfreien Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen. Darlehen (auch eigenkapitalersetzende) und Bürgschaft seien selbständige Wirtschaftsgüter, die auch bei einer denkbaren gesellschaftlichen Veranlassung von der Beteiligung zu unterscheiden seien. Substanzbezogene Wertminderungen von Darlehensforderungen und auf Bürgschaften unterlägen daher nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG. Die Fremdüblichkeit der Darlehens- oder Bürgschaftsgewährung sei hierbei ebenso wenig beachtlich.
Damit ist das BMF-Schreiben vom 8.11.2010 (BStBl. I 2010 S. 1292) zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens im Zusammenhang mit der Überlassung von Wirtschaftsgütern bei Betriebsaufspaltungen hinfällig. In diesem hatte die Finanzverwaltung versucht, den Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“ in § 3c Abs. 2 EStG mit der Fremdüblichkeit der Vereinbarung bzw. der tatsächlichen Handhabung der Nutzungsüberlassung oder Darlehensgewährung auszufüllen. Nur bei Fremdüblichkeit bestünde ein „Veranlassungszusammenhang“ mit steuerpflichtigen Erträgen, sodass der Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 EStG nicht eröffnet sei. Konsequent erachtete der BFH die von der Finanzverwaltung in Tz. 4 des BMF-Schreibens vertretene Auffassung der „umgekehrten“ Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG im Hinblick auf den Gewinn aus der Wertaufholung einer abgeschriebenen Darlehensforderung als unzulässig.
Den ähnlichen Fall X R 7/10 entschied der BFH genauso, wies ihn aber an das FG zurück. Bei diesem hatte das Besitz-Einzelunternehmen auf seine Darlehensforderung gegen Besserungsvereinbarung verzichtet. Das FG muss hier eine mögliche Teilwertabschreibung, die dem Darlehensverzicht vorginge, untersuchen.
Zur Erinnerung: Bereits der I. Senat hatte entschieden, dass § 8b Abs. 3 a.F. KStG auf den Verluste von Gesellschafterdarlehen und Bürgschaftsinanspruchnahmen nicht anwendbar sei (Urteil vom 14.1.2009 – I R 52/08, BStBl. II 2009 S. 647). Daraufhin wurden in § 8b Abs. 3 KStG mit den Sätzen 4-8 Abzugsverbote eingeführt. Die Finanzverwaltung hatte es jedoch versäumt, auch § 3c Abs. 2 EStG entsprechend ändern zu lassen. Der X. Senat liegt mit seinen aktuellen Urteilen auf der Linie des I. Senats. Die Grundsätze der BFH-Urteile sind auch auf das sog. Teileinkünfteverfahren nach dem Unternehmensteuerreformgesetz vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007 S. 1912) anwendbar. Für die Finanzverwaltung ist die Situation schwierig. Ihr BMF-Schreiben vom 8.11.2010 kann in der derzeitigen Fassung nicht bestehen bleiben. Sie wird auch das BMF-Schreiben vom 29.3.2011 (BStBl. I 2011 S. 277) zu § 1 AStG überdenken müssen. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung erneut eine rechtsprechungsbrechende Gesetzesänderung wie bei § 8b KStG einleitet.
Die Urteile des X. Senats beschäftigten sich ausschließlich mit der Frage der Abzugsfähigkeit von Substanzverlusten. Offen blieb daher die in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung umstrittene Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen. Ob der BFH seine Rechtsprechung bei diesen Sachverhalten entsprechend weiterentwickelt, kann mit Interesse beobachtet werden.