Wirtschaftliches Eigentum bei atypischer Unterbeteiligung

Dr. Barbara Koch-Schulte, P+P Pöllath und Partners, München

Die Unterbeteiligung ist weder zivilrechtlich noch steuerlich geregelt, jedoch hat die Rechtspraxis Maßstäbe für ihre rechtliche und steuerliche Einordnung geschaffen. Zivilrechtlich gilt die Unterbeteiligung als eine Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen zwischen einem Hauptbeteiligten und einem oder mehreren Unterbeteiligten. Gegenstand einer Unterbeteiligung sind Personen- oder Kapitalgesellschaftsanteile. Während sich das Zivilrecht darauf verständigt hat, dass auf die Unterbeteiligung die Regelungen für die stille Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HGB entsprechend Anwendung finden (s. nur BGHZ 50, 316, 320, 323), besteht über die steuerliche Qualifizierung noch Klärungsbedarf.

Mit seiner Entscheidung vom 18. 5. 2005 (VIII R 34/01, BStBl. II 2005 S. 857 = DB 2005 S. 2668) hat der BFH erstmals Standards insofern gesetzt, als er ausdrücklich bestätigt, dass durch die Vereinbarung einer Unterbeteiligung das wirtschaftliche Eigentum an Kapitalanteilen auf den Unterbeteiligten übergehen kann. Das setzt wegen § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO voraus, dass der Unterbeteiligte alle wesentlichen, mit der Beteiligung verbundenen Vermögens- und Verwaltungsrechte, ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. In dem konkreten Fall hatte der VIII. Senat des BFH dies für den Fall bejaht, dass

– die Unterbeteiligung eine Gewinn- und Verlustbeteiligung gem. der prozentualen Beteiligungsquote vorsieht;

– der Unterbeteiligte auch an den stillen Reserven partizipiert;

– das Stimmrecht durch den Hauptbeteiligten gem. der vorherigen Abstimmung im Innenverhältnis entsprechend der prozentualen    Beteiligungsquote ausgeübt werden kann;

– der Unterbeteiligte Auskunfts- und Einsichtsrechte wie der Hauptbeteiligte hat; und

– dass die Unterbeteiligung sowohl vom Hauptbeteiligten als auch vom Unterbeteiligten unter Zahlung einer Abfindung, die auch die stillen Reserven erfasst, gekündigt werden kann.

Bei zweigliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaften (die hier nicht zur Entscheidung anstanden) soll die Durchsetzung der anteiligen Stimmrechte jedoch dann zweifelhaft sein, wenn der Hauptbeteiligte die Mehrheit der Anteile in der (Außen-)Gesellschaft hält und damit das Stimmgewicht des Unterbeteiligten neutralisieren kann. Diese nicht entscheidungserhebliche Äußerung des BFH ließ jedoch außer Acht, dass die Stimmrechte jedes Minderheitsgesellschafters in der Gesellschafterversammlung „neutralisiert“ werden können, weil es sich eben um Minderheitsrechte handelt. Für das wirtschaftliche Eigentum zählt nur, dass der Minderheitsgesellschafter sie hat und ausüben kann.

Nunmehr hat sich der IX. Senat des BFH in seinem Urteil vom 1. 8. 2012 (IX R 6/11) mit dem Übergang wirtschaftlichen Eigentums bei Unterbeteiligungen beschäftigt. In dem zu entscheidenden Sachverhalt hatte ein Vater seinen drei Kindern zunächst Unterbeteiligungen an Kommanditanteilen eingeräumt, die sich dann später aufgrund einer Umwandlung der KG in eine AG an den erworbenen Aktien fortsetzen sollten. Der klagende Unterbeteiligte war mit 10% am Gewinn aus den vom Vater gehaltenen Aktien beteiligt, jedoch höchstens mit 30.000 DM jährlich. Der Unterbeteiligte hatte Anspruch auf alle Informationen, die dem Vater als Aktionär bekannt wurden. Bei der Ausübung der Gesellschafterrechte sollte der Vater als Hauptbeteiligter die Interessen der Unterbeteiligten wahren und sich vor Beschlussfassungen mit ihnen abstimmen. Bei Beendigung des Unterbeteiligungsverhältnisses hatte der Unterbeteiligte Anspruch auf Abfindung i. H. des seinen Anteilen entsprechenden Werts der Aktien. Zusätzlich zu dem Unterbeteiligungsvertrag schlossen alle Unterbeteiligten mit dem Hauptbeteiligten einen Konsortialvertrag. Die Ausübung der Stimmrechte aus den Aktien konnte danach nur durch den Hauptbeteiligten erfolgen. Über die Stimmrechtsausübung wurden einmal jährlich Mehrheitsbeschlüsse gefasst. Der Hauptbeteiligte konnte als Konsortialleiter nur bei wichtigem Grund und unter Zustimmung aller stimmberechtigten Mitglieder des Konsortiums, also auch des Hauptbeteiligten selbst, abberufen werden. Eine Verfügung über die Unterbeteiligung war nur mit Zustimmung des Hauptbeteiligten möglich.

Für den entschiedenen Sachverhalt haben das vorinstanzliche FG Münster (Urteil vom 25. 11. 2010 – 3 K 2791/09 E F, EFG 2011 S. 964) und dann auch der BFH den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums jedenfalls zu dem in der Entscheidung maßgeblichen früheren Zeitpunkt abgelehnt. Bei dem zu würdigenden Gesamtbild des Streitfalls hat das FG nach Meinung des BFH zutreffend auf vier Umstände abgestellt:

– die betragliche Begrenzung des Gewinnanteils;

– die fehlende Verfügungsbefugnis der Unterbeteiligten über ihre Unterbeteiligung;

– nur eingeschränkte Ausübung der Vermögens- und Verwaltungsrechte; und

– das allein dem Hauptbeteiligten zustehende Recht, die Gesellschaftsrechte, einschließlich der Stimmrechte auszuüben.

Während man die Aussage zum Gewinnanteil noch nachvollziehen kann, auch wenn hier nicht erörtert wurde, inwiefern diese Begrenzung tatsächlich relevant wurde, verwundert das zweite Kriterium. Denn eine Verfügungsmöglichkeit des Unterbeteiligten ist bereits zivilrechtlich ausgeschlossen. Die Unterbeteiligung ist ein zweiseitiger Vertrag, aus dem eine Vertragspartei nicht ohne Zustimmung der anderen ausscheiden kann oder gar einen anderen in die Vertragsposition einsetzen könnte. Außerdem sieht der BFH in ständiger Rspr. schuldrechtlich vereinbarte Verfügungsbeschränkungen nicht als Argument gegen den Erwerb wirtschaftlichen Eigentums an (z. B. BFH vom 30. 9. 2008 – VI R 67/05, BStBl. II 2009 S. 282 = DB 2009 S. 98; vom 1. 2. 2007 – VI R 73/04, BFH/NV 2007 S. 896; vom 16. 11. 1984 –  VI R 39/80, BStBl. II 1985 S. 136; jew. m. w. N.).

Bei dem dritten, vom BFH genannten Punkt ist ein selbstständiges Abgrenzungskriterium nicht erkennbar, da die Feststellung, Vermögens- und Verwaltungsrechte seien eingeschränkt, nur das Ergebnis der Gesamtschau aller Rechte sein kann, in sich aber kein Abgrenzungskriterium darstellt. Das FG hatte sich hier mit dem Informationsrecht aus dem Unterbeteiligungsvertrag auseinandergesetzt. Danach war der Hauptbeteiligte verpflichtet, „den Unterbeteiligten über alle ihm bekannt werdenden wesentlichen Geschäftsvorfälle zu informieren, soweit nicht gesetzliche oder vertragliche Geheimhaltungsbindungen entgegenstehen.“ Daraus folgert das FG erstaunlicher Weise, dass dem Kläger damit ein eigenes Informationsrecht danach nicht zustehe.

Was die Ausübung der Stimmrechte betrifft, stellt der BFH darauf ab, dass allein der Hauptbeteiligte berechtigt war, die Stimmrechte aus den Anteilen auszuüben. Dies lässt sich zivilrechtlich jedoch gar nicht anders darstellen, denn der Unterbeteiligte ist eben nicht Gesellschafter der Gesellschaft. Dementsprechend kann es hier auch nicht darauf ankommen, dass der Hauptbeteiligte als Konsortialführer nicht abberufen werden konnte. Eher nachvollziehbar ist daher der Hinweis des FG auf die vertragliche Formulierung, wonach der Hauptbeteiligte auch die Interessen der Unterbeteiligten zu wahren hat. Ein Weisungsrecht des Unterbeteiligten gegenüber dem Hauptbeteiligten zur Ausübung von Stimmrechten sieht in der Tat anders aus.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die aktuelle Entscheidung des IX. Senats zur Unterbeteiligung wenig zur Rechtsfortbildung beiträgt. Möchte man über die Unterbeteiligung das wirtschaftliche Eigentum der Beteiligung auf den Unterbeteiligten übertragen, so ist auf eine saubere quotale Ergebnisbeteiligung und eine Beteiligung an den stillen Reserven zu achten. Unklar ist nach wie vor, wie die Ausübung der Verwaltungsrechte durch den Unterbeteiligten im Einzelnen auszusehen hat. So sollten ein Weisungsrecht des Unterbeteiligten gegenüber dem Hauptbeteiligten für die Ausübung der Stimmrechte vorgesehen werden, sowie eine Verpflichtung zur Weitergabe von Informationen über die Beteiligung. Dass sich ein Minderheitsbeteiligter mit seinem Weisungsrecht aufgrund der Mehrheitsverhältnisse ggf. nicht gegenüber dem Hauptbeteiligten durchsetzen kann, der für alle von ihm gehaltenen Anteile jedenfalls bei einer GmbH einheitlich zu stimmen hat, ist dagegen realitätsfern. Hier sind die Standards erkennbar zu hoch und durch das, was zivilrechtlich möglich ist, kaum zu erfüllen.

(Zitiervorschlag: Koch-Schulte, Steuerboard DB0558203)

 

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