Personen, die sonst nicht unternehmerisch tätig sind, werden Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 UStG, wenn sie den in ihrer Photovoltaikanlage (im Folgenden: PVA) erzeugten Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das Netz der allgemeinen Versorgung einspeisen (A 2.5 (1) UStAE). Nach dem BFH kommt es dabei nicht auf die Höhe der erzielten Umsätze an (BFH-Urteil vom 18. 12. 2008 – V R 80/07, BFH/NV 2009 S. 860 = DB0322301). Selbst bei geringen Umsätzen werden Betreiber von PV-Anlagen daher zu Unternehmern.
Gleiches gilt nach A 2.5 (2) UStAE auch für die „kaufmännisch-bilanzielle Einspeisung“ nach § 8 Abs. 2 EEG, wenn also keine physikalische Einspeisung des Stroms in das Netz der allgemeinen Versorgung erfolgt, sondern der Strom vor dem Netzverknüpfungspunkt verbraucht wurde und mithin nur eine bilanzielle Stromlieferung an den Netzbetreiber erfolgt.
Durch die Erlangung der Unternehmereigenschaft unterliegen die Umsätze für Strom aus der PVA der USt. Je nach Gestaltung der „Lieferung“ des Stroms, wird die USt-Pflicht aber unterschiedlich begründet.
Umsatzsteuerliche Behandlung nach EEG 2009
Physikalische Stromeinspeisungen, die der Betreiber einer PVA nach dem EEG vornimmt, sind grds. als entgeltliche Lieferungen von Strom anzusehen. Erhält er dafür eine EEG-Einspeisevergütung, handelt es sich um steuerpflichtige Umsätze. Die gewährte Einspeisevergütung stellt gem. A 2.5 (4) S. 3 UStAE zugleich ein Entgelt für Lieferungen des Anlagenbetreibers dar.
Nach dem EEG 2009 sowie dem „EEG 2012 in der bis zum 31. 3. 2012 geltenden Fassung“ wird Strom aus PV-Anlagen entweder in das Netz gegen eine „Vollvergütung“ (§ 33 Abs. 1 EEG) eingespeist oder in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage gegen eine „reduzierte Vergütung“ (§ 33 Abs. 2 EEG) verbraucht.
Die Finanzverwaltung nimmt aber an, dass der gesamte erzeugte Strom an den Netzbetreiber geliefert wird („Hinlieferung“); dies gilt auch für den Verbrauch des Stroms in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage. Es wird also vollständig eine umsatzsteuerliche Lieferung fingiert. Bei einem Verbrauch in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage (§ 33 Abs. 2 EEG) wird umsatzsteuerlich von einer „Rücklieferung“ ausgegangen.
Damit wäre die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der Lieferung des Anlagenbetreibers („Hinlieferung“) einer Anlage, die nach dem 31. 12. 2010 und vor dem 1. 1. 2012 in Betrieb genommen wurde, 28,74 ct./kWh, für die Rücklieferung des Netzbetreibers 16,38 ct./kWh.
Soweit ist die umsatzsteuerliche Behandlung also bereits geklärt. Anders ist die Situation beim aktuell gültigen „EEG 2012 in der ab dem 1. 4. 2012 geltenden Fassung“ (im Folgenden: EEG-neu), das mit einem umfassend geänderten Vergütungssystem für Strom aus PVA aufwarten kann.
Umsatzsteuerliche Behandlung nach dem EEG (neu):
Die Vergütungsstruktur für PVA wurde durch das EEG (neu) erheblich angepasst. Neben einer intensiven Absenkung der EEG-Vergütungssätze (§ 32 EEG-neu) für alle PVA, wird der Strom für gewisse PVA aufgrund der Vorgaben des „Marktintegrationsmodells“ nicht mehr im vollen Umfang vom Netzbetreiber mit den EEG-Vergütungssätzen abgerechnet. Die EEG-Vergütung wird demnach bei Aufdachanlagen mit einer Leistung zwischen 10 kW und 1 MW auf max. 90% des von der PVA erzeugten Stroms gewährt. Der Rest ist anderweitig an Dritte zu veräußern oder selbst zu verbrauchen. Das Modell des § 33 Abs. 2 EEG 2012 a. F. wurde gestrichen.
Neben der „EEG-Vollvergütung“ kann der Anlagenbetreiber den in der PVA erzeugten Strom weiterhin direkt an Dritte vermarkten. Er kann zwischen drei Arten der Direktvermarktung wählen (§ 33 b EEG-neu):
– Direktvermarktung mit Marktprämie des § 33g EEG,
– Direktvermarktung zum Zweck der Verringerung der EEG-Umlage durch ein Energieversorgungsunternehmen nach § 39 Abs. 1 EEG (sog. Grünstromhändlerprivileg),
– sonstige Direktvermarktung.
Die umsatzsteuerliche Behandlung der neuen Vergütungsstruktur ist bislang noch nicht vollumfänglich geklärt, sodass diesbezüglich bei den betroffenen Anlagen- und Netzbetreibern noch vereinzelt Unsicherheiten bestehen.
Das BMF (Schreiben vom 6. 11. 2012 – IV D 2 – S 7127/12/10002, DB 2012 S. 2603) hat sich bislang lediglich zu der Behandlung der Marktprämie nach § 33g EEG 2012 geäußert und die daraus resultierenden Zahlungen als echte, nicht steuerbare Zuschüsse eingestuft.
Welche umsatzsteuerlichen Folgen allerdings die neue Vergütungsstruktur hat, ist bisher von der Finanzverwaltung noch nicht abschließend geklärt. Im Folgenden werden bisher nicht geklärte Fälle dargestellt.
EEG-Vergütung für eine PVA mit weniger als 10 kW Leistung:
Soweit der Anlagenbetreiber Strom an den Netzbetreiber abgibt, erhält er die volle EEG-Vergütung nach § 32 EEG 2012-neu. Die Stromlieferung gilt analog der bisherigen Regelungen als steuerpflichtige Lieferung.
Nimmt der EEG-Anlagenbetreiber keine EEG-Vergütung in Anspruch, sondern verbraucht den Strom selbst oder verkauft den Strom an Dritte, die den Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur PVA verbrauchen, hat dies eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Relevanz.
Da das EEG 2012-neu keine „kleine“ EEG-Vergütung für selbst verbrauchten Strom mehr kennt, wird auch die Fiktion der Rücklieferung für PVA, die ab dem 1. 4. 2012 erstmals in Betrieb gesetzt wurden, grds. nicht anzuwenden sein. Bei dem Eigenverbrauch des Anlagenbetreibers könnte es sich um einen nicht steuerbaren Innenumsatz handeln, sodass eine Besteuerung ausscheidet.
Liefert der Anlagenbetreiber allerdings Strom an einen Verbraucher in unmittelbarer räumlicher Nähe zur PVA, wird dies als Stromlieferung grds. umsatzsteuerpflichtig sein. Die Bemessungsgrundlage ist nach den allgemeinen Grundsätzen das Entgelt, das der Anlagenbetreiber mit dem Verbraucher vereinbart hat.
Marktintegrationsmodell
Betreibt der Anlagenbetreiber eine PVA, die nach Maßgabe des § 33 Abs. 2 EEG 2012-neu und der Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 19 EEG 2012-neu in den Anwendungsbereich des „Marktintegrationsmodells“ fällt, hat dies umsatzsteuerlich unterschiedliche Auswirkungen.
Speist der Anlagenbetreiber den produzierten Strom zu 100% in das Netz ein und vermarktet diesen nicht anderweitig, zahlt der Netzbetreiber ihm für 90% des eingespeisten Stroms eine EEG-Vergütung nach Maßgabe des § 32 EEG 2012-neu. Die übrigen 10% werden vom Netzbetreiber zu einem abstrakt festgelegten Marktpreis vergütet (§ 33 Abs. 2 EEG 2012-neu, Anlage 4 zum EEG). Hier wird für beide „Vergütungsbestandteile“ eine umsatzsteuerrelevante Stromlieferung vorliegen.
Direktvermarktung mit Marktprämie
In diesem Fall vermarktet der Anlagenbetreiber den Strom selbst und erhält – trotz fehlender Abgabe an den Netzbetreiber – zusätzlich eine Marktprämie (§ 33 g EEG 2012-neu). Der Nutzer der Direktvermarktung mit Marktprämie erhält also von zwei verschiedenen Seiten Zahlungen (Netzbetreiber, Vertragspartner).
Das o. g. BMF-Schreiben wertet die Marktprämie als echten, nicht steuerbaren Zuschuss. Der direktvermarktete Strom wird hingegen eine umsatzsteuerlich relevante Stromlieferung sein.
Andere Formen der Direktvermarktung
In dieser Konstellation wird der Strom nur an einen Dritten vermarktet, eine Marktprämie vom Netzbetreiber oder sonstige Prämien werden nicht gezahlt. Auch hier wird von einer umsatzsteuerlich relevanten Stromlieferung auszugehen sein.
Fazit
Die neue „Vergütungsstruktur“ für Strom aus PVA führt – je nach Anlagennutzung – zu unterschiedlicher umsatzsteuerlicher Relevanz. Umsatzsteuerlich sind noch nicht alle denkbaren Fallkonstellationen geklärt und die betroffenen Marktteilnehmer – Anlagen- und Netzbetreiber, Direktvermarkter – werden zu prüfen haben, in welchen Fällen eine umsatzsteuerlich relevante Leistung vorliegt.
Für welche Zeit die aktuellen Regelungen allerdings gelten, kann kaum abgeschätzt werden. Gegenwärtig plant die Bundesregierung eine umfassende Reform des EEG, um der stetig ansteigenden EEG-Umlage zu begegnen.