Die Pläne der GRÜNEN zur Ehegattenbesteuerung

Die Partei DIE GRÜNEN hat letzte Woche ihre Steuerpläne bekannt gegeben, die sie im Falle einer Regierungsbeteiligung umsetzen will. Es zeugt schon von erheblichem (Über)mut, mit dem Ruf nach kräftigen Steuererhöhungen vor allem im Bereich der Einkommen- und Erbschaftsteuer vor die Wähler zu treten. Obwohl die Steuereinnahmen Deutschlands auf einem historischen Höchststand sind, wird weiterer Finanzbedarf proklamiert, aber vor allem die ungerechte Verteilung von Vermögen und Einkommen beklagt, welche die Erhebung einer Vermögensabgabe und späteren Vermögensteuer und die kräftige Erhöhung des Einkommenspitzensteuersatzes rechtfertigen soll. Früher wurden Wahlen mit (nicht immer seriösen) Ankündigungen von Steuersenkungen gewonnen, heute geht man mit happigen Steuererhöhungsplänen auf Stimmenfang. Wie sich die Zeiten geändert haben!
Abbau des Ehegattensplittings
Nach Presseberichten soll das Ehegattensplitting teilweise abgeschafft werden. Für Haushaltseinkommen bis zu 60.000 EUR soll es beim bisherigen Ehegattensplitting bleiben. Ob es danach mit einem Schlag entfällt oder stufenweise abgebaut werden soll, ergibt sich aus den allgemein zugänglichen Quellen nicht. Wenig tröstlich ist der Hinweis auf der Website der Grünen, Ehepaare mit gleichmäßiger Aufteilung des Splitting seien von der Änderung nicht betroffen. Denn diese haben das Splitting durch ihre persönliche Einkommensverteilung bereits selbst herbeigeführt. Unternehmer können dies durch Gründung einer Personengesellschaft erreichen, Arbeitnehmer können dies nicht.
Erwerbsgemeinschaft Ehe
Da beim Splitting die Einkommen zusammengerechnet werden und dann jeweils auf die Hälfte der Grundtarif angewandt wird, stellt es gewissermaßen künstlich den Zustand her, der bestünde, wenn beide Ehegatten gleich viel verdienten und einzeln veranlagt würden. Das Splitting benachteiligt somit nicht Doppelverdienerehen, sondern stellt für alle den günstigsten Zustand der hälftigen Teilung des Einkommens her. Es fingiert – wenn man so will – den gleichen Anteil an der Erwerbsgemeinschaft Ehe. Die Abschaffung des Splittings übt also einen starken Anreiz auf die Eheleute aus, durch eigene Erwerbstätigkeit eigene – möglichst gleich hohe – Einkunftsquellen zu haben. Und genau das wollen die GRÜNEN. Die Alleinverdienerehe soll durch die spürbaren Nachteile des progressiven Zugriffs soweit wie möglich ausgemerzt werden. Sie entspricht nicht mehr den Vorstellungen von einem emanzipierten Zusammenleben.
Verfassungsrechtliche Vorgaben
Bei der Diskussion um das politische Für und Wider des Splittings darf aber nicht vergessen werden, dass es dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, dem Grundprinzip der Einkommensbesteuerung, auf einfache Weise Rechnung trägt, da es vom hälftigen Transfer der steuerlichen Leistungsfähigkeit auf die beiden Ehepartner ausgeht. Der Gesetzgeber wird es also nicht einfach für die Gruppe der Besserverdienenden ersatzlos abschaffen können, sondern muss der Minderung der Leistungsfähigkeit des Alleinverdieners in einer Ehe, die in der rechtlichen Unterhaltsverpflichtung seines Ehegatten begründet ist, auf andere Weise Rechnung tragen. Das Bundesverfassungsgericht hat noch 1982 gerade aus diesem Grunde ausdrücklich hervorgehoben, dass das Ehegattensplitting keine beliebig veränderbare Steuervergünstigung sei (BVerfGE 61, 347). Darauf hat auch der Präsident des BFH jüngst in einem FAZ-Interview hingewiesen.
Folgerichtige Ausgestaltung der Ehegattenbesteuerung
Sollte der künftige „grüne“ Gesetzgeber für die Ehepaare mit über 60.000 Haushaltseinkommen tatsächlich vom Besteuerungskonzept der Ehe als Erwerbsgemeinschaft zur Ehe als Unterhaltsgemeinschaft (mit der Einräumung entsprechender Unterhaltsfreibeträge) wechseln, so stellt sich ein ernsthaftes verfassungsrechtliches Problem: Wie will der Gesetzgeber begründen, dass er für Ehen mit gemeinsamen Einkommen bis 60.000 dem Konzept der Erwerbsgemeinschaft, für Ehen mit Einkommen darüber dem Konzept der Unterhaltsgemeinschaft folgt? Gibt es durchgreifende Sachgründe, die Leistungsfähigkeit innerhalb der Ehe je nach Einkommenshöhe mit unterschiedlichem Maß zu messen? Daran wird man erhebliche  Zweifel anmelden müssen. Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich durch das Folgerichtigkeitsgebot begrenzt ist. Es fordert bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands „die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinn der Belastungsgleichheit umzusetzen“ (BVerfGE 127, 245). Der Wechsel von der hälftigen Zuordnung des Einkommens (Splitting) zur alleinigen Zuordnung ab einer willkürlich gesetzten Einkommensgrenze (60.000) ist ein Bruch in der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands der Ehegattenbesteuerung. Dieser Wechsel des steuerpolitischen Leitbilds der Ehe mit Erreichen eines bestimmten Einkommensbetrags dürfte mit dem Postulat der Folgerichtigkeit kaum in Einklang zu bringen sein. Der Gesetzgeber kann auch im Steuerrecht nicht alles machen, was ihm politisch wünschenswert erscheint.

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