Heilung eines Gewinnabführungsvertrags nicht erleichtert: BFH bestätigt strenge Auffassung zu der nur eingeschränkt möglichen Auslegung

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, Stuttgart

RA/FAStR/StB Dr. Wolfgang Walter, Stuttgart

Im Steuerboard-Beitrag vom 7. 5. 2012 (DB0474106) wurde hoffnungsvoll über das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 12. 12. 2011 (6 K 3103/09) berichtet. Dieses Urteil erging zu einem Gewinnabführungsvertrag, dessen fünfjährige Mindestlaufzeit am 30. 12. (statt am 31. 12.) des fünften geplanten Organschaftsjahres endete. Dass es sich dabei um ein Versehen gehandelt hatte, ist außerhalb der filigranen steuerjuristischen Auslegungsdiskussion offenkundig. Kein vernünftiger Mensch würde bei geplanter Organschaft so terminieren. Es kann keinen sachlichen Grund dafür geben, das Ende auf einen Tag vor dem Ablauf eines Geschäftsjahres zu legen, da zivil- und steuerrechtlich ein Gewinnabführungsvertrag ganze (Rumpf-)Geschäftsjahre umfassen muss. Der Fehler tritt vor allem dann auf, wenn als Vorlage ein älteres Vertragsmuster aus Fällen genommen wird, in denen ein abweichendes Geschäftsjahr mit Juni oder September als Geschäftsjahresende vorgelegen hatte.

Der BFH jedoch vertritt seit Langem die Auffassung, dass bei einem Gewinnabführungsvertrag Unklarheiten nur durch objektive Auslegung der Vertragsurkunde selbst geklärt werden können. Die Tatsache, dass die Vertragsparteien eine steuerliche Organschaft begründen wollen, spielt nach dieser Auffassung entgegen einem klaren und unmissverständlichen Wortlaut keine Rolle, wenn sich nicht ausreichende Anhaltspunkte im Vertrag selbst finden.

Das FG Baden-Württemberg hatte zwar auf der Grundlage der strengen Auffassung des BFH die Klage abgewiesen. Erstmals jedoch hatte ein FG zu erkennen gegeben, dass es bei einer Korrektur des Vertrages wegen offenkundiger Unrichtigkeit durch notariellen Nachtragsvermerk anders sein könnte, wäre die Korrektur noch innerhalb der fünfjährigen Mindestlaufzeit des Vertrags erfolgt, was jedoch nicht der Fall gewesen war. Daran hatte sich die Hoffnung der Praxis festgemacht, die Mindestlaufzeit eines Gewinnabführungsvertrags noch rückwirkend zu heilen (vgl. Walter, in: Ernst & Young, KStG, § 14 Rdn. 637). Zu einem notariellen Nachtragsvermerk konnte es im Übrigen überhaupt nur dadurch kommen, dass der Vertrag zusammen mit dem Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter der künftigen Organgesellschaft unnötigerweise beurkundet worden war, was entgegen der für den Gewinnabführungsvertrag im Grunde ausreichenden privaten Schriftform aus Gebührengründen so selten gar nicht ist.

Mit Beschluss vom 23. 1. 2013 (I R 1/12) bestätigt der BFH nun das FG-Urteil im Ergebnis und erneut auch seine strenge Auffassung zu der nur sehr eingeschränkt möglichen Auslegung eines Gewinnabführungsvertrags. Er zerstreut zugleich aufgekommene Hoffnung für die Heilung eines Gewinnabführungsvertrags durch einen notariellen Nachtragsvermerk weitgehend, aber nicht vollständig.

Es müsse ausgeschlossen werden, dass den Vertragsparteien – je nach wirtschaftlicher und steuerlicher Situation – ein „faktisches Wahlrecht“ eingeräumt wird, sich auf den konkreten Vertragstext oder auf ein Redaktionsversehen zu berufen. Auch die erkennbare Absicht, eine Organschaft zu begründen, reiche für sich allein nicht aus, einzelne Vertragsvorschriften gegen deren klaren und unmissverständlichen Wortlaut so auszulegen, dass sie jeweils mit den steuerrechtlich für eine Organschaft geforderten Mindestvoraussetzungen übereinstimmten, insbesondere sei auch die Datumsangabe „30. 12.“ keine offensichtliche Unrichtigkeit, wie sie ein Nachtragsvermerk des Notars erfordere.

Die Auffassung des BFH ist jedoch insoweit kritisch zu sehen, wie die Zulässigkeit eines unterjährigen Kündigungszeitpunkts zur Begründung herangezogen und zusätzlich ausgeführt wird, nur mit gedanklicher Einbeziehung der geplanten Organschaft könne auf den 31. 12. als gewünschten Termin geschlossen werden. Richtigerweise ist die Befristung des Gewinnabführungsvertrags bei Vertragsabschluss klar zu unterscheiden von Kündigungsterminen. Der Grund liegt darin, dass die Mindestlaufzeit im Regelfall nur indirekt geregelt ist, indem der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und ein ordentliches Kündigungsrecht nur zu einem bestimmten Termin nach Ablauf der Mindestlaufzeit eingeräumt wird.

Vielmehr kommt es darauf an, dass ein Gewinnabführungsvertrag auch zivilrechtlich immer nur auf ganze Geschäftsjahre abgeschlossen werden kann. Dies ergibt sich daraus, dass sich der abzuführende Gewinn bzw. der zu ersetzende Verlust gerade aus dem Jahresabschluss ergeben muss. Dies ist bei Vertragsabschluss entscheidend, nicht die spätere Kündigungsmöglichkeit. Auch aus § 240 HGB, der für den Regelfall von einer zwölfmonatigen und immer gleich langen Rechnungsperiode ausgeht, ist zu entnehmen, dass es geradezu offensichtlich ist, dass es keinen Zeitpunkt des bei Vertragsabschluss bestimmten Endes eines Gewinnabführungsvertrags geben kann, der nicht mit einem Monatsende übereinstimmt.

Der Beschluss des BFH überzeugt nicht. Es wurde nicht berücksichtigt, dass ein Gewinnabführungsvertrag bei Vertragsabschluss zivilrechtlich zwingend auf volle (Rumpf-)Ge­schäftsjahre gerichtet sind muss. Ein Vertrag, dessen Laufzeit am Ende einen Tag weniger als ein volles (Rumpf-)Geschäftsjahr umfasst, ist zivilrechtlich unzulässig. Wird er dennoch im Handelsregister eingetragen, ist er offensichtlich unrichtig und kann durch notariellen Nachtragsvermerk berichtigt werden. Bei dieser Auslegung kommt es von Vornherein nicht auf die subjektive Absicht der Vertragsparteien an, die steuerliche Mindestlaufzeit zu erfüllen.

Die Vertragspraxis wird nicht umhin kommen, die vom BFH aufgestellten Grundsätze zu beachten. Allerdings hat es der BFH ausdrücklich offengelassen hat, ob ein Nachtragsvermerk auf Beginn der Mindestlaufzeit zurückwirken kann. Schließlich hat der BFH ausdrücklich erwähnt, es reiche nicht aus, in dem Vertrag, etwa in der Präambel, darauf hinzuweisen, dass die Gründung einer Organschaft gewollt war.

Dies bedeutet zugleich, dass eine Berichtigung in den Fällen wegen offensichtlicher Unrichtigkeit zulässig ist, in denen die steuerlich gewünschte fünfjährige Mindestlaufzeit des Ergebnisabführungsvertrags ausdrücklich und klarer als bisher üblich zum Vertragsinhalt gemacht wird. Aus dem Vertrag müsste sich folglich klar ergeben, dass der Gewinnabführungsvertrag auf die Ergebnisübernahme voller Geschäftsjahre gerichtet ist. Neue Verträge sollten folglich über die bisher üblichen Formulierungen hinausgehen und die Mindestlaufzeit ausdrücklich zum Vertragsinhalt machen. Fehler sind dann wenigstens in den Fällen einer im Grunde unnötiger Beurkundung leichter zu korrigieren. Dieser Lichtblick verbleibt trotz der Bestätigung der strengen Auffassung zur Auslegung eines Gewinnabführungsvertrags durch den BFH.

Leider hat sich durch die sog. kleine Organschaftsreform zu Beginn dieses Jahres nichts daran geändert, dass derartige Schreibfehler eine Organschaft insgesamt von Anfang zum Scheitern bringen können. Es bleibt dabei, dass die Gestaltung einer Organschaftsstruktur und die Abfassung eines Gewinnabführungsvertrags hoch risikobehaftet sind und besondere Sorgfalt erfordern.

Kommentare sind geschlossen.