In den letzten Jahren wurde Barvermögen von vermutlich etlichen Milliarden Euro in GmbHs eingelegt und anschließend steuerfrei verschenkt. Die Schenkung war steuerfrei, solange das Barvermögen im Schenkungszeitpunkt als Festgeld angelegt war, da Bankkonten nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG zählten.
Dieser steuerlichen Umgehungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber nun Einhalt geboten. Nach mehreren erfolglosen gesetzgeberischen Anläufen (vgl. dazu Philipp, Steuerboard DB0556489) wurde das ErbStG unlängst im Rahmen des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26. 6. 2013 (BGBl. I 2013 S. 1809) entsprechend ergänzt. Nach der Änderung gelten Finanzmittel in einer Gesellschaft als schädliches Verwaltungsvermögen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn sie 20% des Wertes der Gesellschaft übersteigen, wobei vorab etwaige betriebliche Schulden abzuziehen sind. Künftig sind Gesellschaften, deren Vermögen ausschließlich oder überwiegend aus Festgeld besteht, somit nicht mehr erbschaftsteuerlich begünstigt. Die Gesetzesänderung trat rückwirkend zum 7. 6. 2013 in Kraft (§ 37 Abs. 8 ErbStG n. F.), womit der Gesetzgeber deutlich hinter ursprünglichen Planungen zu einer Rückwirkung bereits ab dem 1. 1. 2013 zurückgeblieben ist.
Für diejenigen Cash-GmbHs, die noch vor diesem Datum übertragen wurden, stellt sich jetzt allerdings die Frage, wie mit der freien Liquidität umgegangen werden soll. Nach der gesetzlichen Regelung in § 13a Abs. 5 i. V. mit Abs. 8 ErbStG unterliegt der steuerbegünstigte Erwerb einer siebenjährigen Haltefrist, während der der Erwerber die ihm geschenkten Geschäftsanteile weder verkaufen noch die GmbH liquidieren noch die wesentlichen Betriebsgrundlagen der GmbH veräußern darf. Verstößt der Erwerber hiergegen, so ist der begünstigte Erwerb anteilig nachzuversteuern bei Steuersätzen von bis zu 30% unter engen Verwandten (Steuerklasse I). Angesichts der aktuell minimalen Verzinsung von Festgeldern kann ein Substanzverlust des begünstigt übertragenen Vermögens somit nur verhindert werden, wenn die zeitnahe Umschichtung des Festgelds in ertragreichere Anlageklassen nicht die Nachversteuerung auslöst. Hinsichtlich dieser Frage gab es bislang sowohl unter Stpfl. als auch unter Beratern eine gewisse Unsicherheit (Stichwort: „Einmal Cash-GmbH immer Cash-GmbH“).
Eine gründliche Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachversteuerung zeigt allerdings, dass insoweit kein Grund zur Sorge besteht:
I. Droht eine Nachversteuerung, wenn das Festgeld nach der Schenkung in Verwaltungsvermögen umgeschichtet wird?
Nein. In der Erbschaft- und Schenkungsteuer gilt das strenge Stichtagsprinzip, d. h. die Begünstigungsvoraussetzungen müssen nur im Zeitpunkt des Vermögensübergangs vorliegen (§ 11 ErbStG). Danach darf der Anteil des gesetzlich definierten Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG) am Gesamtvermögen der Gesellschaft im Übertragungszeitpunkt nicht mehr als 50% aufweisen, bei der steuerlichen Vollverschonung sogar nicht mehr als 10% (§ 13a Abs. 8 Nr. 3 ErbStG). Veränderungen der Verwaltungsvermögensquote sind hingegen unbeachtlich, wenn sie nach dem Besteuerungszeitpunkt beim Erwerber eintreten (R E 13b.8 Abs. 2 Satz 1 ErbStR 2011). Eine Erhöhung der Verwaltungsvermögensquote nach dem Stichtag durch die Investition von Festgeld in ertragreichere Anlageklassen, die zum schädlichen Verwaltungsvermögen gehören (z. B. Aktien, Renten oder Private Equity Fonds etc.), ist insofern für den begünstigten Erwerb einer Cash-GmbH unschädlich.
II. Gibt es eine Schamfrist für die Umschichtung von Festgeld in andere Vermögensanlagen?
Nein. Gesetzlich ist eine Wartefrist für die Investition von begünstigtem Vermögen in Verwaltungsvermögen nicht vorgesehen. Dem Beschluss des BFH über die Vorlage des Erbschaftsteuerreformgesetzes von 2008 zum BVerfG (BFH-Beschluss vom 27. 9. 2012 – II R 9/11, DB0524035) ist zu entnehmen, dass die Inanspruchnahme der schenkungsteuerlichen Vollverschonung bei der Schenkung von Geschäftsanteilen einer Cash-GmbH nicht rechtsmissbräuchlich i. S. von § 42 AO ist. Diese Überlegung muss dann aber erst recht für eine erst nach dem steuerlichen Stichtag erfolgte Umschichtung des begünstigten Gesellschaftsvermögens in nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen gelten. Die Umschichtung in andere Anlageklassen kann daher jederzeit nach Vollzug der Anteilsschenkung erfolgen.
III. Stellt die Umschichtung in andere Vermögensklassen eine Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen in der Cash-GmbH dar?
Nein. Die Umwandlung von Festgeld in andere Vermögensklassen könnte dem Wortlaut nach zwar als Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen einzuordnen sein, die innerhalb der Siebenjahresfrist eine Nachversteuerung auslöst (§ 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG). Denn es ist nicht auszuschließen, dass Festgeld jedenfalls bei der Cash-GmbH – deren Vermögen begriffsnotwendig zum größten Teil aus „Cash“ besteht – als wesentliche Betriebsgrundlage angesehen wird. Fragwürdig erscheint allerdings, ob die Umschichtung in andere Anlageklassen als „Veräußerung“ qualifiziert werden kann.
Letztlich kann diese dogmatische Ungewissheit jedoch offenbleiben, da bei Kapitalgesellschaften – anders als bei Personengesellschaften – eine weitere gesetzliche Voraussetzung erfüllt sein muss, um die Nachversteuerung auszulösen. Während bei gewerblichen Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co. KG) schon die bloße Veräußerung der wesentlichen Betriebsgrundlage innerhalb der Siebenjahresfrist zur Nachversteuerung führt, verlangt das Gesetz bei Kapitalgesellschaften zusätzlich, dass das Vermögen nach der Veräußerung an die Gesellschafter verteilt wird. Sofern demnach im Zuge einer Vermögensumschichtung kein Teil des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter ausgekehrt wird, droht keine Nachversteuerung.
IV. Wieviel Vermögen kann sich der Beschenkte vorab der Siebenjahresfrist ausschütten lassen?
Grundsätzlich sind Ausschüttungen aus der Cash-GmbH innerhalb der Siebenjahresfrist nach dem Übergang der Anteile nur in engen Grenzen zulässig, unzulässige Ausschüttungen (Überentnahmen) können die Nachsteuerpflicht auslösen. Das Gesetz lässt allerdings die Entnahme der im Siebenjahreszeitraum geleisteten Einlagen und der dem Entnehmenden zuzurechnenden Gewinne zu (§ 13b Abs. 5 Nr. 3 ErbStG), und zwar unabhängig davon, ob die Ausschüttung aus dem laufenden Gewinn oder aus einer Gewinn- oder Kapitalrücklage erfolgt (so R E 13a.8 Abs. 3 Satz 7 ErbStR 2011 ausdrücklich für Personengesellschaften). Die Nachversteuerung wird erst ausgelöst, wenn Ausschüttungen die Summe aus Einlagen und Gewinnen um 150.000 € überschreiten. Etwaige Betriebsverluste der Cash-GmbH bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt.
Maßgeblicher Stichtag für die Ermittlung des Saldos aus Einlagen und Gewinnen einerseits sowie Entnahmen andererseits ist nach dem Gesetzeswortlaut das Ende des letzten in den Siebenjahreszeitraum fallenden Wirtschaftsjahres (Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 13a Rdn. 33). Aufgrund dieses Stichtagsprinzips lösen Überentnahmen, die bis zum Ende dieses letzten relevanten Wirtschaftsjahres getätigt wurden, keine Nachversteuerung aus, wenn der Gesellschafter (kurz) vor diesem Stichtag eine Einlage aus dem Privatvermögen in die Cash-GmbH leistet, welche die vorherigen Überentnahmen ausgleicht (Philipp, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, 4. Aufl. 2012, § 13a Rdn. 96). Diese Vorgehensweise sieht die Finanzverwaltung grundsätzlich nicht als rechtsmissbräuchlich an (R E 13a.8 Abs. 4 Satz 1 ErbStR 2011).
Sofern am Stichtag nicht ausgeglichene Überentnahmen vorliegen, werden diese allerdings i. H. ihres Gesamtwertes (und nicht nur in Höhe des die Freigrenze von 150.000 € übersteigenden Betrags) rückwirkend so besteuert, als hätte der Erwerber ursprünglich in gleicher Höhe nicht begünstigtes Vermögen erworben (Philipp, in: Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG, 4. Aufl. 2012, § 13a Rdn. 140).