Maßnahmen gegen aggressive Steuerplanung

Multinationale Konzerne, unter ihnen vor allem US-basierte Unternehmen, nutzen Besteuerungslücken, die dadurch entstehen, dass die nationalen Steuersysteme nicht aufeinander abgestimmt sind. Bspw. klassifiziert das eine Steuersystem eine Zahlung als Zinszahlung, das andere Steuersystem hingegen diese Zahlung nur als eine Überweisung von einem auf das andere Konto ein- und desselben Unternehmens, also etwa als steuerfreie Dividende. Es ist hinlänglich bekannt, dass Unternehmen wie Apple, Amgen oder Google außerhalb der USA weniger als 5% auf ihren Gewinn als Steuern zahlen.

Berichte über diese Steuervermeidungspraktiken haben eine intensive öffentliche Debatte ausgelöst und die internationale Politik zum Handeln veranlasst. Sowohl die OECD als auch die EU arbeiten derzeit an Reformvorschlägen zur Bekämpfung von Steuervermeidung und Gewinnverlagerung durch multinationale Unternehmen. Allerdings greifen die Reformüberlegungen in einer ganz entscheidenden Hinsicht zu kurz: übersehen wird bewusst oder unbewusst  eine Erhebung anrechenbarer Quellensteuern auf Zinsen und Lizenzgebühren. Stattdessen setzt die OECD in ihrem am 19. 7. 2013 veröffentlichten Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting auf 15 Einzelmaßnahmen, die das eigentliche Problem nicht an der Wurzel packen.

Ein Ende Juli am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Kooperation mit der Universität Mannheim erstelltes Positionspapier möchte dieser Diskussion zusätzliche Impulse geben. Es kommt zu folgenden wesentlichen Ergebnissen (Clemens Fuest/Christoph Spengel/Katharina Finke/Jost H. Heckemeyer/Hannah Nusser, Profit Shifting and ‘Aggressive’ Tax Planning by Multinational Firms: Issues and Options for Reform, ZEW-Discussion Paper Nr. 13-044, www.zew.de/de/publikationen/publikation.php3?action=detail&art=12&nr=7041):

Durch empirische Untersuchungen ist gut dokumentiert, dass multinationale Unternehmen Finanzierungsstrukturen und rechtliche Strukturen gezielt gestalten, um Steuern zu vermeiden. Dabei wird üblicherweise nicht gegen Gesetze verstoßen, sondern Gesetzeslücken werden genutzt. Unklar ist allerdings, welches  Ausmaß diese Art der Steuergestaltung annimmt.

Grundsätzlich sollte die Unternehmensbesteuerung Nullbesteuerung ebenso wie Doppelbesteuerung vermeiden und willkürlich Diskriminierungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen vermeiden.

Bestimmte Formen von Steuervermeidung und Steuerplanung haben zur Folge, dass Gewinne nicht oder fast nicht besteuert werden. Da unterschiedliche Unternehmen sehr unterschiedliche Möglichkeiten zur Steuerplanung haben, kommt es durch Steuervermeidungsaktivitäten zur Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Branchen und Unternehmen.

Maßnahmen gegen Steuervermeidung multinationaler Unternehmen sollten international koordiniert werden. Unilaterale Maßnahmen wie bspw. Zinsabzugsbeschränkungen führen zu Doppelbesteuerung und stören das Funktionieren der nationalen Steuersysteme.

Kurzfristig sollte die Politik sich darauf konzentrieren, international koordiniert Quellensteuern auf ins Ausland abfließende Zinsen und Lizenzzahlungen einzusetzen, die im Sitzstaat der Zahlungsempfänger vollständig anzurechnen sind. Diese Maßnahme bekämpft effektiv Gewinnverlagerung ohne eine Doppelbesteuerung auszulösen. Da die Strategie der OECD zur Bekämpfung der Steuervermeidung dieses Instrument nicht einsetzt, ist sie ergänzungsbedürftig. Auch die EU-Kommission hat diese Maßnahme nicht auf ihrer Agenda. Um ihren Reformwillen unter Beweis zu stellen, müsste die internationale Staatengemeinschaft Doppelbesteuerungsabkommen und Europäisches Recht (insbesondere Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie) entsprechend anpassen.

Um langfristig grundlegende Reformen zu ermöglichen, sollte die Debatte über eine grundlegende Neuordnung der internationalen Unternehmensbesteuerung vorangetrieben werden, also bspw. über Formula Apportionment.

Mehr öffentlicher Zugang zu Informationen über Steuerzahlungen von Unternehmen wie ‚Country by Country Reporting‘ können Reformen der Steuergesetzgebung nicht ersetzen.

 

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