Verrechnung von „Altverlusten“ mit Kapitalerträgen nur noch 2013 möglich

RA/StB/FAStR Dr. Jens Escher LL.M., Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

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2013 besteht letztmalig die Möglichkeit, sog. „Altverluste“ (insbesondere Verluste aus anlässlich der „Finanzkrise“ erfolgten Wertpapierverkäufen) mit bestimmten positiven Kapitalerträgen zu verrechnen, die im Grundsatz der Abgeltungsteuer unterliegen würden (§ 20 Abs. 2 EStG). Die gegenwärtige Situation an den Märkten wird in vielen Fällen die passende Gelegenheit hierzu bieten.

Insoweit ist ggf. Handlungsbedarf bis zum Jahresende gegeben. Eine erfolgreiche Verlustverrechnung im Rahmen des Veranlagungsverfahrens wird allerdings nur gelingen, wenn die gezielte Aufdeckung von Gewinnen sorgfältig geplant wird.

Gesondert festgestellte „Altverluste“

„Altverluste“ sind solche Verluste, die der Stpfl. grds. vor 2009 aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat (§ 23 EStG a. F.), d. h. insbesondere Verluste aus Wertpapierverkäufen innerhalb der früher (d. h. vor Einführung der Abgeltungsteuer) geltenden Jahresfrist (diese gilt für vor dem 1. 1. 2009 angeschaffte Kapitalanlagen grds. fort, § 52a Abs. 11 Satz 4 EStG) sowie aus Immobilienveräußerungen innerhalb der 10-Jahres-Frist.

Soweit diese Verluste im Jahr ihrer Entstehung nicht vollständig ausgeglichen werden konnten und durch Bescheid gesondert festgestellt worden sind (§ 10d Abs. 4 EStG), können sie im Grundsatz zeitlich unbefristet mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften in Folgejahren verrechnet werden (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG). Zahlreichen Stpfl. liegen entsprechende Verlust-Feststellungsbescheide vor, nicht zuletzt aufgrund weit verbreiteter Verlustrealisationen auf dem Höhepunkt der „Finanzkrise“ im Jahr 2008.

„Altverluste“ 2013 letztmalig verrechenbar mit Kapitalerträgen

Im Grundsatz ist die Verrechnung der „Altverluste“ auf die Einkunftsart der privaten Veräußerungsgeschäfte beschränkt, wozu die Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen seit Einführung der Abgeltungsteuer 2009 nicht mehr zählen. Nur bis einschließlich 2013 hat der Gesetzgeber übergangsweise einen Ausgleich von „Altverlusten“ mit Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, zugelassen (§ 23 Abs. 3 Satz 9, 10 i. V. mit § 52a Abs. 11 Satz 11 EStG).

In diesem Jahr können die „Altverluste“ daher letztmalig mit positiven Kapitalerträgen i. S. des § 20 Abs. 2 EStG ausgeglichen werden. Hierzu zählen insbesondere Gewinne aus der Veräußerung von nach dem 31. 12. 2008 angeschafften Wertpapieren, anderen Kapitalanlagen (§ 52a Abs. 10 Satz 1, 4, 7 EStG) oder Investmentanteilen (§§ 8 Abs. 5, 18 Abs. 2 Satz 2 InvStG) sowie Gewinne aus nach dem 31. 12. 2008 abgeschlossenen Termingeschäften (§§ 20 Abs. 2 Nr. 3, 52a Abs. 10 Satz 3 EStG).

Mit laufenden Kapitalerträgen wie Zinsen und Dividenden (§ 20 Abs. 1 EStG), die der Abgeltungsteuer unterliegen, können „Altverluste“ hingegen nicht verrechnet werden.

Gezielte Realisation von Gewinnen

Um im Jahr 2013 die letztmalige Chance zum Ausgleich der „Altverluste“ mit positiven Kapitalerträgen zu nutzen, ist die gezielte Realisierung von Kapitalerträgen i. S. des § 20 Abs. 2 EStG zu erwägen. Dies kann durch einen endgültigen Verkauf von Kapitalanlagen, aber – in steuerlich anzuerkennender Weise – auch durch Verkauf und Neuerwerb des gleichen Wertpapiers am selben Tage erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 25. 8. 2009 – IX R 60/07, DB 2009 S. 2354 = DStR 2009 S. 2188). Ein „step-up“ ließe sich außerdem durch Einbringung von Kapitalanlagen in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) oder mittels einer offenen oder verdeckten Einlage in eine eigene Kapitalgesellschaft erreichen.

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass eine Verrechnung realisierter Kapitalerträge mit Verlusten aus Kapitalvermögen im „Verlustverrechnungstopf“ der einzelnen Depotbank (§ 43a Abs. 3 Satz 2 EStG) in jedem Fall Vorrang hat (§ 20 Abs. 6 Satz 1 EStG). Die einmal erfolgte Verrechnung kann auch im Veranlagungsverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden (BMF-Schreiben vom 9. 10. 2012 – IV C 1 – S 2252/10/10013 [2011/0948384], BStBl. I 2012 S. 953 = DB 2012 S. 2372, Rdn. 118). Soweit Kapitalerträge daher bereits auf Ebene der Depotbank mit „Neuverlusten“ verrechnet werden, die aus dem Verkauf von nach dem 31. 12. 2008 erworbenen Kapitalanlagen stammen, kommt die angestrebte Verrechnung der Kapitalerträge mit den gesondert festgestellten „Altverlusten“ daher nicht mehr in Betracht. Insbesondere durch gezielte Verschiebung der Realisation von „Neuverlusten“ in das Jahr 2014 oder durch Führung von Depots bei verschiedenen Banken wird sich aber vielfach eine Verrechnung der realisierten Gewinne mit „Neuverlusten“ schon auf Ebene der Depotbank vermeiden lassen.

Eine Verrechnung von „Altverlusten“ mit positiven Kapitaleinkünften i. S. des § 20 Abs. 2 EStG ist sodann nur im Veranlagungsverfahren möglich, das auf Antrag auch im Hinblick auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen durchgeführt werden kann, insbesondere zur Verrechnung noch nicht berücksichtigter Verluste (§ 32d Abs. 4 EStG). Erforderlich ist hierfür eine Bankbescheinigung über den Saldo der positiven Kapitaleinkünfte (§ 45a Abs. 2 EStG).

Verrechnungsreihenfolge

Sollen Gewinne gezielt zur Verrechnung mit „Altverlusten“ realisiert werden, so ist vorab außerdem ein Blick auf die voraussichtliche Verrechnungsreihenfolge zu werfen. Nach umstrittener Ansicht der Finanzverwaltung sind „Altverluste“ nämlich vorrangig mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften zu verrechnen, die im aktuellen Veranlagungszeitraum realisiert worden sind (BMF vom 9. 10. 2012, a.a.O., Rdn. 118). Würde daher im Jahr 2013 – neben positiven Kapitalerträgen i. S. des § 20 Abs. 2 EStG – auch ein steuerbarer Gewinn erzielt, der aus der Veräußerung einer Immobilie oder eines sonstigen Gegenstands des Privatvermögens (z. B. Gold, Kunst etc.) innerhalb der jeweils maßgeblichen Haltefrist i. S. des § 23 Abs. 1 EStG stammt, so wären verfügbare „Altverluste“ zunächst vorrangig mit diesem Gewinn zu verrechnen. Nur wenn im  Anschluss weitere „Altverluste“ zur Verrechnung zur Verfügung stünden, käme nachrangig eine Verrechnung mit Kapitalerträgen i. S. des § 20 Abs. 2 EStG in Betracht. Das FG Baden-Württemberg hat sich dieser Auffassung inzwischen angeschlossen. Ein Wahlrecht des Stpfl. hinsichtlich der Reihenfolge der Verlustverrechnung wird abgelehnt (Urteil vom 12. 9. 2012 – 1 K 4484/11, EFG 2013 S. 35, rkr.).

Nach Verrechnung mit den „Altverlusten“ noch verbleibende positive Kapitalerträge können im Veranlagungsverfahren schließlich auch mit „Neuverlusten“ verrechnet werden, soweit eine Bescheinigung der Bank über die nicht ausgeglichenen Verluste vorliegt (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG). Diese muss bis zum 15. 12. des laufenden Jahres beantragt werden (§ 43a Abs. 3 Satz 5 EStG).

Zu berücksichtigen ist ferner, dass ein Abzug von Altverlusten nur „nach Maßgabe des § 10d EStG“ in Betracht kommt (§ 23 Abs. 3 Satz 10 EStG), d. h. Verlustvorträge können bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. € unbeschränkt, darüber hinaus nur in bestimmten Grenzen abgezogen werden (§ 10d Abs. 2 EStG).

 

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