Neues zu FATCA – das zwischenstaatliche Abkommen

RA Ronald Buge, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

RA Ronald Buge, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, Berlin

Das Thema FATCA war schon des Öfteren Gegenstand dieses Blogs. FATCA steht für Foreign Account Tax Compliance Act. Dabei handelt es sich um ein Gesetz der USA, mit dem sichergestellt werden soll, dass US-Bürger Einkünfte, die sie unter Einschaltung ausländischer Banken und anderer Finanzintermediäre erzielen, in den USA ordnungsgemäß erklären und versteuern. Das Gesetz stellt in gewisser Weise eine Reaktion auf den UBS-Skandal dar.Technisch geht FATCA so vor, dass von Zahlungen aus Quellen in den USA an – aus US-Sicht – ausländische Finanzinstitutionen (der Begriff ist recht weit gefasst und erfasst neben Banken z. B. auch Fonds) eine Quellensteuer von 30% einbehalten wird, sofern die betreffende Finanzinstitution keine Informationen über seine US-Kunden an die US-Steuerbehörde (Internal Revenue Service – IRS) liefert. Anders formuliert: Die ausländische Finanzinstitution ist gezwungen, dem IRS Daten über seine US-Kunden zu liefern, sofern sie Zahlungen aus den USA weiterhin ohne (Straf-)Quellensteuerabzug erhalten will.

FATCA sieht vor, dass jede ausländische Finanzinstitution einen Vertrag mit dem IRS abschließen muss. Nach diesem Vertrag ist die ausländische Finanzinstitution verpflichtet, sämtliche Kundenbeziehungen daraufhin zu überprüfen, ob es sich dabei um einen US-Kunden handelt. Sofern US-Kunden identifiziert werden, müssen zu diesen jährliche Meldungen an den IRS gemacht werden. Von Zahlungen an Kunden, die dabei nicht kooperieren (es muss sich dabei nicht einmal um US-Kunden handeln), hat die ausländische Finanzinstitution seinerseits eine Quellensteuer von 30% einzubehalten und an den IRS abzuführen. Ferner müssen derartige nicht kooperative Kunden gekündigt werden.

Diese Regelungen haben verständlicherweise einen Aufschrei in der Branche ausgelöst. Denn es ist klar, dass auf sämtliche Finanzinstitutionen außerhalb der USA erhebliche Kosten zukommen werden. Da FATCA eine Art „Beweislastumkehr“ enthält, müssen sie die vom IRS vorgeschriebenen Verfahren zur Identifizierung von Kunden in jedem Fall anwenden (und dies entsprechend dokumentieren), damit sie sämtliche US-Kunden identifizieren können.

Einziger Ausweg aus FATCA wäre somit, Zahlungen aus US-Quellen zu vermeiden. Ein derartiger Rückzug vom US-Kapitalmarkt dürfte für eine global agierende Finanzinstitution aber praktisch kaum möglich sein, den US-Kapitalmarkt komplett zu ignorieren. Lediglich für rein innerstaatlich operierende Finanzinstitutionen wäre dies eine Möglichkeit.

FATCA wirft darüber hinaus vielfältige juristische Probleme auf, die einer praktischen Umsetzung entgegenstehen können. So können etwa die Erhebung von Daten, die für die Identifizierung von US-Kunden erforderlich sind, sowie ihre Weitergabe an ausländische Behörden durch die Gesetze des Ansässigkeitsstaates einer Finanzinstitution eingeschränkt oder verboten sein. FATCA legt hierzu zwar fest, dass Finanzinstitutionen von jedem Kunden einen wirksamen Verzicht auf derartige Bestimmungen einholen müssen. Ist dies nicht möglich, muss die Kundenbeziehung beendet werden. Kann nun aber ein Finanzinstitut einem Kunden kündigen, nur weil dieser nicht auf ein nach den Gesetzen seines Staates eingeräumtes Schutzrecht verzichten kann oder will?

Nichtsdestotrotz stellt FATCA auch die USA vor erhebliche Probleme. Eigentlich sollte FATCA bereits seit dem 1. 1. 2013 angewendet werden. Der IRS hat die Anwendung immer wieder hinausgeschoben. Nach derzeitigem Stand soll der Quellensteuerabzug nach FATCA in einer ersten Stufe ab dem 1. 1. 2014 eingeführt werden.

Dem Aufschrei der Finanzbranche stand in Deutschland und auch auf EU-Ebene ein sehr beredtes Schweigen gegenüber. Dies wohl mit Kalkül: Denn mit FATCA wollten die USA nicht weniger in Gang setzen als einen globalen automatisierten Informationsaustausch in Steuersachen. Dies ist seit langem ein Ziel der EU, namentlich auch von Deutschland. Es verwundert daher auch wenig, dass Deutschland zusammen mit weiteren EU-Staaten eine Initiative zum gegenseitigen Informationsaustausch gestartet hat und FATCA dabei als Modell angesehen wurde. In diesem Zusammenhang wurde auch der Abschluss zwischenstaatlicher Abkommen (Intergovernmental Agreements – IGA) mit den USA im Zusammenhang mit FATCA angekündigt.

Mittlerweile haben eine Reihe von Staaten entsprechende IGAs abgeschlossen. Am 31.5. 2013 hat auch Deutschland sein IGA unterzeichnet. Im Ergebnis muss der Abschluss dieses Abkommens als positiv bewertet werden, auch wenn das IGA FATCA letztlich nicht aus der Welt schaffen kann.

Wesentlicher Vorteil des IGA ist, dass sämtliche deutschen Finanzinstitutionen (das Abkommen spricht von „Finanzinstituten“) gegenüber den USA als „compliant“ angesehen werden. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass gegenüber deutschen Finanzinstitutionen kein (Straf-)Quellensteuerabzug mehr vorgenommen wird. Ferner ist auch kein Vertrag mit dem IRS mehr erforderlich.

Die Verpflichtung zur Identifizierung von Kunden und zur Meldung der Einkünfte von US-Kunden bleibt aber bestehen. Sie erfolgt nun allerdings auf Basis einer (noch zu erlassenden) Vorschrift des deutschen Rechts und gegenüber einer deutschen Behörde (wahrscheinlich dem Bundeszentralamt für Steuern). Die deutsche Behörde übermittelt die Daten dann an den IRS. Damit dürfte insbesondere etwaigen datenschutzrechtlichen Bedenken Rechnung getragen sein.

Interessanterweise bringt das Abkommen aber noch eine Verschärfung gegenüber FATCA. Während FATCA dadurch vermieden werden konnte, keine Einkünfte aus US-Quellen zu beziehen, sind nach dem Abkommen zumindest im Grundsatz sämtliche deutschen Finanzinstitute verpflichtet, US-Kunden zu identifizieren und ggf. Steuerdaten dieser Kunden zu melden. Theoretisch könnte hiervon z. B. auch ein geschlossener Immobilienfonds erfasst sein, der lediglich eine Immobilie in Deutschland hält. Nach FATCA (ohne Berücksichtigung des IGA) müsste dieser Fonds gar nichts tun. Es bleibt abzuwarten, ob die noch zu erlassende Umsetzungsvorschrift für diese Fälle Erleichterungen vorsehen wird.

Und es besteht auch noch Handlungsbedarf in den USA. Wenn eine deutsche Finanzinstitution Einkünfte aus den USA bezieht, muss sie sich gegenüber dem Abzugsverpflichteten in den USA als eine nach einem IGA als „compliant“ geltende Finanzinstitution legitimieren. Dafür ist es u. a. erforderlich eine sog. Global Intermediary Identifier Number (GIIN) zu beantragen. Ein Online-Registrierungsportal auf der Website des IRS ist seit vergangener Woche online. Um sicher ab dem 1. 7. 2014 über eine GIIN zu verfügen, muss die Anmeldung bis spätestens 25. 4. 2014 erfolgt sein.

Resümierend bleibt festzuhalten, dass deutsche Finanzinstitutionen FATCA nicht ignorieren können. Der Abschluss des IGA ist im Ergebnis aber als positiv zu bewerten, weil damit das Unvermeidliche etwas leichter handhabbar wird. Nichtsdestotrotz bleibt für die betroffenen Unternehmen noch eine Menge zu tun.

 

 

 

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