Die Praxis zeigt, dass der Entscheidungsprozess über konzerninterne Umstrukturierungen oftmals langwierig sein kann. Ist die Entscheidung dann einmal getroffen, muss die Umsetzung häufig sehr schnell gehen, damit beispielsweise die Umstrukturierungsmaßnahme noch in dem laufenden Geschäftsjahr abgebildet wird. Mit Blick auf das immer komplexer werdende Steuerrecht inklusive seiner formalen Anforderungen verwundert es in derartigen Situationen nicht, dass das interne Controllingsystem eines Konzerns steuerliche Konsequenzen im Zusammenhang mit den entsprechenden Umstrukturierungsmaßnahmen falsch einschätzt oder gar übersieht. Dies gilt umso mehr für internationale Konzerne, die sich mit den jeweiligen nationalen steuerrechtlichen Vorschriften auseinandersetzen müssen. So ist es immer wieder eine echte Herausforderung, einem CFO eines ausländischen Konzerns erklären zu müssen, dass eine ausschließlich im Ausland stattfindende Umstrukturierung zu steuerrechtlichen Konsequenzen in Deutschland führen kann. Das Paradebeispiel ist die Zwischenschaltung einer weiteren Gesellschaft im Konzern. Wird im Konzern eine Gesellschaft zwischen der Konzernmutter und immobilienbesitzenden Tochterkapitalgesellschaften geschaltet, kann hieraus schnell ein deutscher Grunderwerbsteuerfall resultieren. Hier kann dann auch die neuere Rechtsprechung des BFH zu konzerninternen Umstrukturierungen bei immobilienbesitzenden Personengesellschaften nicht weiterhelfen. Zu denken wäre noch an die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel, die seit neuestem auch die Einbringung begünstigt. Ist aber das „Kind bereits in den Brunnen gefallen“ ist guter Rat teuer. Abhilfe kann hier möglicherweise eine besondere grunderwerbsteuerliche Korrekturvorschrift verschaffen (§ 16 GrEStG). Danach können unter gewissen Voraussetzungen grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge rückabgewickelt werden mit der Folge, dass die Grunderwerbsteuer rückwirkend entfällt.
Umfang der Rückabwicklung nach BFH im Urteil vom 11. 6. 2013
Mit den Voraussetzungen dieser Korrekturvorschrift hat sich der BFH kürzlich im Fall der Übertragung von Anteilen an einer immobilienbesitzenden Kapitalgesellschaft beschäftigt (BFH-Urteil vom 11. 6. 2013 – II R 52/12, DB0604244). Kurz zum Fall:
An der immobilienbesitzenden GmbH waren der Kläger zu 64,8%, F zu 10% und die H-AG zu 25,2% beteiligt. Der Kläger erwarb sämtliche Geschäftsanteile von der H-AG und von F einen Geschäftsanteil in Höhe von 5%. Damit wurden in der Hand des Klägers erstmals 95% der Geschäftsanteile an der immobilienbesitzenden GmbH vereinigt. Ein klarer grunderwerbsteuerbarer Fall (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Innerhalb von 2 Jahren vereinbarten Kläger und F die Rückabwicklung der Übertragung des Geschäftsanteils von 5%, wobei F dem Kläger zugleich einen Geschäftsanteil in Höhe von 4,9% verkaufte. Die schädliche Mindestbeteiligungsquote von 95% war somit unterschritten, der Kläger hielt nach der Rückabwicklung nur noch Geschäftsanteile in Höhe von 94,9%. Das Finanzamt sah die Voraussetzungen der Korrekturvorschrift nicht als erfüllt an. Es war der Ansicht, dass eine vollständige Rückabwicklung der Übertragungsvorgänge zur Erfüllung der Voraussetzungen erforderlich sei. Damit hätte nicht nur die Übertragung zwischen dem Kläger und F, sondern auch die Übertragung zwischen dem Kläger und der H-AG rückabgewickelt werden müssen. Dieser Ansicht konnte sich der BFH nicht anschließen. Er vertrat vielmehr die Auffassung, dass nicht der Rückwerwerb sämtlicher Anteile erforderlich sei, die zu einer Überschreitung der schädlichen Mindestbeteiligungsquote von 95% geführt haben. Es sei bereits ausreichend, wenn die schädliche Mindestbeteiligungsquote von 95% durch einen teilweisen Rückerwerb der Anteile unterschritten wird. Im Streitfall reichte somit die Rückübertragung eines Anteils von 0,1% für die Anwendung der Korrekturvorschrift aus. Die Steuerfestsetzung war aufzuheben.
Fazit
Die Entscheidung deckt sich im Ergebnis mit dem Urteil des BFH vom 18. 4. 2012 (II R 51/11, DB0482847). Abweichend zum vorliegenden Sachverhalt ging es darin aber um den Umfang der Rückabwicklung bei Anwendung der spezielleren Vorschrift für immobilienbesitzenden Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Offensichtlich hat der BFH seine Rechtsprechung sukzessive auf sämtliche der Grunderwerbsteuer unterliegenden fiktiven Erwerbsvorgänge ausgeweitet. Interessant ist noch die Frage, ob er auch die gleichen Schlussfolgerungen im Falle des neu eingeführten § 1 Abs. 3a GrEStG (Vermeidung von RETT-Blockern) ziehen wird. Eigentlich wäre dies nur konsequent.
Insgesamt also eine sehr erfreuliche Entwicklung für den Steuerpflichtigen. Die Grundsätze des BFH werden aber nur dann in zukünftigen Fällen weiterhelfen, wenn bei der ursprünglichen Anteilsübertragung auch an eine ordnungsgemäße Anzeige an das Finanzamt gedacht wurde. Denn fehlt diese, ist eine Rückabwicklung ausgeschlossen. Dabei ist zwingend darauf zu achten, dass die Anzeige innerhalb von 2 Wochen erfolgt (neuerdings mit Nachweis der Beteiligungsstruktur), da der BFH in diesem Punkt nicht so großzügig ist wie bei der Rückabwicklung.