Mit Urteil vom 16. 5. 2013 (IV R 15/10, DB 2013 S. 2485) hat sich der BFH nochmals zur Behandlung der Zahlungen von Abfindungen an Erbprätendenten geäußert, die vergleichsweise gegen Zahlung dieser Abfindung auf die weitere Geltendmachung ihrer Rechte verzichten,. Hiernach müssen Steuerpflichtige, die ein angebliches Erbrecht geltend machen, um als Miterbe oder Mitgesellschafter anerkannt zu werden, der Streit aber vergleichsweise gegen Zahlung eines Geldbetrags beigelegt wird, diesen Geldbetrag als Veräußerungsgewinn wie bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils versteuern und in der einheitlichen und gesonderten Feststellung bei der Personengesellschaft feststellen lassen. Zwar hat es speziell zu diesem Aspekt schon eine Entscheidung (BFH vom 14.03.1996 – IV R 9/95, DB 1996 S. 1263) aus dem Jahr 1996 und ein entsprechendes BMF-Schreiben aus dem Jahr 2006 gegeben (11. 1. 2006 – IV B 2 – S 2242 – 2/04), sodass das Urteil dementsprechend nicht als bahnbrechende Neuigkeit zu werten ist. Die Entscheidung gibt jedoch Anlass, sich noch einmal mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Zum einen zeigt sie die Abhängigkeit des Steuerrechts von den zivilrechtlichen Wertungen, hier insbesondere des Erb- und Gesellschaftsrechts. Zum anderen zeigt sie, hierauf aufbauend, wie wichtig eine rechtlich geordnete Nachfolgeplanung auch für die steuerliche Abwicklung eines Erbfalls ist.
Der Ausgangssachverhalt
Der Aufhänger des finanzgerichtlichen Streits war die Frage, ob die abgefundenen Erbprätendenten in die Gewinnfeststellung der Gesellschaft mit einzubeziehen seien. Wie auch in dem Urteil aus dem Jahr 1996 (BFH, Urteil vom 14. 3. 1996 – IV R 9/95, DB 1996 S. 1263) ging in dem aktuellen Fall dem mehrjährigen finanzgerichtlichen Prozess ein zivilgerichtlicher Prozess um die Anerkennung der Erbenstellung voraus. Im März 2004 verstarb die bis zu ihrem Tod einzige Kommandistin der zuvor gegründeten X-GmbH & Co. KG. Im Jahre 1999 hatte die Erblasserin zusammen mit ihrer Mutter (die 2003 verstarb) ein als „Gemeinschaftliches Testament“ aufgesetztes Dokument verfasst, das für den Fall des gleichzeitigen Versterbens den Ausschluss aller Verwandten von der Erbfolge verfügte. Angesichts der unklaren Formulierungen des Testaments entbrannte ein Streit über dessen Wirksamkeit, da die Verfügenden offensichtlich nicht gleichzeitig verstorben waren. Dieser Streit über die Erbfolge wurde sodann durch Vergleich beigelegt und es wurde bestimmt, dass drei der sechs als Erben infrage kommenden Personen jeweils 450.000 € bzw. 600.000 € als Abfindungszahlung bekommen sollten. Die Beantwortung der Ausgangsfrage hängt nun maßgeblich davon ab, wie man die Zahlung des durch Vergleich bedungenen Betrags steuerlich einordnet.
Steuerliche Würdigung der Abfindungszahlung
Es bestünde die Möglichkeit, die geleistete Abfindung unabhängig von der Behauptung des Erbrechts als Entgelt für den Verzicht zu sehen und dieses als Einkünfte aus sonstigen Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG zu behandeln. Dies kommt insbesondere vor dem Hintergrund in Betracht, dass die Abfindung als Gegenleistung für den Verzicht des Steuerpflichtigen auf sein mögliches Erbrecht angesehen wird, er insofern niemals Erbe geworden und dementsprechend auch eine Behandlung nach den Grundsätzen der Erbengemeinschaft nicht zwingend geboten ist.
In seinem Urteil aus dem Jahr 1996 führt der BFH jedoch aus, schon früher in zwei vergleichbaren Sachverhalten entschieden zu haben, dass die Abfindungszahlung ihre wirtschaftliche Rechtfertigung lediglich in der umstrittenen Stellung des Abgefundenen als Erbe oder Gesellschafter findet und er den Prozess nur geführt habe, um als Miterbe oder Mitgesellschafter anerkannt zu werden – d. h. sich zumindest sein Ausscheiden aus der behaupteten Erbengemeinschaft oder Gesellschaft vergüten zu lassen. Auch in dem hier zugrunde liegenden Urteil führt der BFH diese Rechtsprechung mit dem damals angeführten Argument, es gebe keinen vernünftigen Grund dafür, den Prätendenten anders zu besteuern als einen unangefochtenen Miterben oder Mitgesellschafter, der aus der Gemeinschaft oder Gesellschaft gegen eine Abfindung ausscheidet. Insofern ist die Behandlung der Abfindung bei nur potenziell bestehendem Eintrittsrecht letztlich sachlich auch gerechtfertigt. Bei Inanspruchnahme des Freibetrags des § 16 Abs. 4 EStG, ggf. i. V. mit § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG, dürfte dies für den Steuerpflichtigen i. d. R. günstiger sein.
Letztlich keine Entscheidung in der Sache
Dem BFH war es zwar mangels Spruchreife verwehrt, in der Sache zu entscheiden. Die Beantwortung der Frage, ob die Abgefundenen nun in die Gewinnfeststellung mit einzubeziehen seien oder nicht, macht der BFH davon abhängig, ob es den Abgefundenen nach den Regeln des Gesellschaftsrechts (§ 177 HGB) überhaupt möglich gewesen wäre, Gesellschafter zu werden. Dies hätte vorausgesetzt, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls eine vom gesetzlichen Leitbild des § 177 HGB abweichende Regelung, derzufolge die Gesellschaft mit allen Erben fortgesetzt wird, im Gesellschaftsvertrag der X-GmbH & Co. KG nicht bestand. Zur Klärung dieser Frage wurde das Verfahren deshalb an das FG zurückverwiesen.
Gestaltungsempfehlungen
Mit einer fundierten rechtlichen Beratung im Vorfeld hätte möglicherweise ein kürzerer, aber sich doch mit großen Summen befassender zivilrechtlicher Prozess sowie ein mehrjähriger finanzgerichtlicher Prozess vermieden werden können. Angesichts des Sachverhalts und des unklaren Testaments als die Wurzel allen Übels empfiehlt sich zunächst eine erbrechtliche, auf solider rechtlicher Basis stehende Nachfolgeplanung. In einem weitergehenden Schritt könnten dann in einer die Situation des Mandanten individuell berücksichtigenden Weise auch steuerrechtliche Implikationen gesellschaftsvertraglicher Regelungen wie z. B. die des § 177 HGB berücksichtigt werden und somit die steuerlichen Rechtsfolgen des Erbfalls bereits im Vorfeld entsprechend den Wünschen des Mandanten gestaltet werden. In Anbetracht der Vergleichssummen wäre dies im Zweifel günstiger gewesen.