Porsche hat im Rahmen einer Umstrukturierung nach dem Zusammenschluss mit VW eine im Umwandlungssteuerrecht vorgesehene Möglichkeit genutzt, Anteile in eine andere Gesellschaft einzubringen und als Gegenleistung neben neuen Anteilen auch eine „Cash-Komponente“ zu erhalten (§§ 20 Abs. 2 Satz 4, 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG). Dieses in der Praxis seit Jahrzehnten übliche Vorgehen hat, möglicherweise wegen der Größe der in Rede stehenden Beträge, die Politik auf den Plan gerufen.
Koalitionsvertrag: Prüfung der Systemwidrigkeit
Im Koalitionsvertrag der kommenden Großen Koalition ist vorgesehen, zu „prüfen, wie der Anteilstausch und Umwandlungen mit finanziellen Gegenleistungen nicht mehr systemwidrig steuerfrei gestaltet werden können“. Dabei soll die Zuzahlung ggf. quotal beschränkt werden. Bemerkenswert ist, dass sich die Rechtsprechung gerade in die gegenteilige Richtung bewegt.
Mischentgelt und Teilentgelt bei Personengesellschaften
Die Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und daneben von sonstigen Gegenleistungen gibt es insbesondere auch bei Personengesellschaften („Mischentgelt“). Ähnlich gelagert ist die Konstellation, dass Wirtschaftsgüter in eine Personengesellschaft eingebracht werden, und die Gegenleistung den Verkehrswert der Wirtschaftsgüter nicht erreicht. Die Differenz wird (mit oder ohne Bilanzausweis) in das Eigenkapital der Gesellschaft geleistet, ohne dass hierfür zusätzliche Gesellschaftsrechte gewährt werden („Teilentgelt“).
Finanzverwaltung – Trennungstheorie
In diesen Fällen ging die Finanzverwaltung bislang regelmäßig davon aus, dass der Vorgang für steuerliche Zwecke in zwei Teile aufzuspalten sei (BMF vom 8. 12. 2011 – IV C 6-S 2241/10/10002, Rdn. 15, DB0612348; BMF vom 11. 11. 2011 – IV C 2-S 1978-b/08/10001, Rdn. 24.07, DB0464115). Für den einen Teil gelten die Regelungen, die eine u. U. steuerneutrale Einbringung bzw. Einlage zulassen (§ 24 UmwStG, § 6 Abs. 5 EStG). Für den anderen Teil ist der Vorgang wie ein Verkauf, also ein entgeltliches Geschäft zu behandeln. Dabei sind im Rahmen des entgeltlichen Geschäftes nur die anteiligen Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter der Gegenleistung gegenüberzustellen. Damit werden im Ergebnis die anteiligen stillen Reserven aufgedeckt.
BFH – Verrechnung mit den gesamten Buchwerten
Der BFH hat in einer Reihe von Urteilen (BFH vom 21. 6. 2012 – IV R 1/08,DB0483622; BFH vom 19. 9. 2012 – IV R 11/12, DB0526873 und BFH vom 18. 9. 2013 – X R 42/10, DB0629713) bestätigt, dass die Gegenleistung, die nicht in Gesellschaftsanteilen besteht, in solchen Fällen grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen kann. Allerdings sei dabei dieses Entgelt den gesamten Buchwerten der Wirtschaftsgüter, die auf die Personengesellschaft übertragen werden, gegenüberzustellen. Nur wenn die gesamten Buchwerte überschritten werden, komme es zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Während die Vorgehensweise der Finanzverwaltung als „Trennungstheorie“ bezeichnet wird, kann die Methodik des BFH als „modifizierte Trennungstheorie“ aufgefasst werden. Die jüngste dieser Entscheidungen datiert vom 18. 9. 2013 (X R 42/10, a.a.O) und betrifft in dem uns interessierenden Teil die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine KG, wobei die KG einen Teil des Wertes auf ein Darlehenskonto des Einbringenden buchte.
Die Urteile des BFH aus dem Jahr 2012 wurden mit einem Nichtanwendungserlass belegt (BMF vom 12. 9. 2013 – IV C 6-S 2241/10/10002, a.a.O.).
Keine Systemwidrigkeit
Hier ist das bemerkenswerte Phänomen zu beobachten, dass die Rechtsprechung die bisher zumindest von der Finanzverwaltung anders verstandene Rechtslage in eine Richtung bewegt, wie sie im Gesetz für einen speziellen Fall bereits vorgezeichnet ist, während die Politik genau diesen im Gesetz bereits angelegten Fall als „systemwidrig“ abschaffen möchte. Die Rechtsprechung bestätigt hingegen, dass die derzeitige Regelung in §§ 20 und 21 UmwStG dem steuerlichen System entspricht. Nimmt man den Koalitionsvertrag ernst, ist das Ergebnis der Prüfung vorgezeichnet: Die Regelungen dürfen nicht eingeschränkt werden, da sie nicht systemwidrig sind.
Im Übrigen spricht vieles dafür, anzunehmen, dass die Rechtsprechung aufgrund des Fallmateriales, das ihr zur Verfügung steht, die Bedürfnisse der Praxis auf Seiten der Steuerpflichtigen und der Verwaltung sowie die Ausgestaltung einer sachgerechten Besteuerung besser beurteilen kann, als es die auf einen pressewirksamen Sonderfall reagierende Politik vermag.