Steuererhöhungen sind bekanntlich nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages zwischen der SPD und der CDU/CSU geworden. Es bleibt abzuwarten, ob die weiteren Punkte in dem Koalitionsvertrag, insbesondere in der Rentenpolitik, tatsächlich ohne eine Gegenfinanzierung umsetzbar sein werden. Schleichende Steuererhöhungen gibt es aber schon länger in der Grunderwerbsteuer – ohne Koalitionsvertrag oder große Steuerreform. Denn seit 2006 dürfen die Länder autonom den in dem jeweiligen Bundesland anzuwendenden Steuersatz bestimmen und anheben. Leere Landeskassen haben dafür gesorgt, dass der Steuersatz innerhalb von 8 Jahren in den einzelnen Bundesländern von 3,5% auf durchschnittlich 5% gestiegen ist (außer in Bayern und in Sachsen). Betroffen sind davon Private wie Unternehmer. Zum Jahreswechsel planen nun einige Bundesländer erneute Steuersatzerhöhungen. So wird ab dem 1. 1. 2014 der Steuersatz voraussichtlich in Berlin von 5,0% auf 6,0%, in Schleswig-Holstein von 5,0% auf 6,5%, in Niedersachsen von 4,5% auf 5,0% und in Bremen von 4,5% auf 5,0% erhöht. Die geplanten Steuererhöhungen geben Anlass zu prüfen, wie die in 2013 geplanten Immobilientransaktionen noch zum alten Steuersatz durchgeführt werden können.
Mit einer solchen Frage hat sich aktuell das Finanzgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 29.07.2013 (Az. 7 K 563/13) beschäftigt (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt beim Bundesfinanzhof; Az. II B 90/13); in dem Verfahren streiten die Parteien darum, ob auf einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang noch der alte Steuersatz von 3,5% anzuwenden ist, oder aber schon der erhöhte Steuersatz von 5%.
Sachverhalt
Die Klägerin erwarb durch notariellen Vertrag vom 25. 4. 2004 ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 3,50 €/qm. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin im Falle einer innerhalb von 15 Jahren nach Vertragsschluss bestandskräftig erteilten Auskiesungsgenehmigung ein zusätzliches Entgelt i. H. von 9,80 €/qm für die alsdann genehmigte Kiesabbaufläche zu zahlen. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass der Klägerin innerhalb von 15 Jahren keine Auskiesungsgenehmigung erteilt oder eine solche bestandskräftig abgelehnt werden sollte. Weiterhin wurde in dem Vertrag die Auflassung bezüglich des übertragenen Grundbesitzes erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels bewilligt.
Auf den im Jahr 2004 gezahlten Kaufpreis von 20.184,50 € wurde Grunderwerbsteuer unter Anwendung des zu der Zeit noch geltenden Steuersatz von 3,5% fest. Nach Bemühungen seitens der Klägerin wurde 2012 eine Auskiesungsgenehmigung erteilt, woraufhin das 2004 vertraglich vereinbarte Kiesentgelt i. H. von 46.030 € gezahlt wurde. Als Bemessungsgrundlage für die 2012 festgesetzte Grunderwerbsteuer wurde das zusätzlich in 2012 entrichtete Kiesentgelt zugrunde gelegt und ein Steuersatz von 5% angewandt.
Entscheidung des Finanzgerichts
Das Finanzgericht Düsseldorf ist der Auffassung der Finanzverwaltung nicht gefolgt. Sowohl die bisherige grunderwerbsteuersteuerliche Vorschrift (§ 23 GrEStG) als auch die entsprechenden Landesgesetze sehen in der Regel vor, dass die Frage der Anwendbarkeit des jeweiligen Steuersatzes davon abhängt, wann der Erwerbsvorgang verwirklicht wird. So auch in NRW, wonach der Steuersatz von 5% auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden ist, die ab dem Tag des Inkrafttretens des entsprechenden Gesetzes (1. 10. 2011) verwirklicht werden. Vereinfacht gesagt müssen sich die Parteien bezüglich der einzelnen Vertragsbestandteile im Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs so gebunden haben, dass die weiteren Rechtsfolgen aus dem Vertrag feststehen. Rechtstechnisch ist dabei der Begriff der Verwirklichung von dem Begriff der Steuerentstehung abzugrenzen. Für die Frage der Verwirklichung ist auf die durch die rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen eingetretene Bindungswirkung und nicht auf den Bedingungseintritt abzustellen. Ein bedingtes Rechtsgeschäft ist danach bereits mit seiner Vornahme vollendet und gültig; lediglich seine Rechtswirkung ist hinausgeschoben. Mit anderen Worten: Der Zeitpunkt der Verwirklichung und der Steuerentstehung können bei bedingten Rechtsgeschäften auseinanderfallen.
So auch im vorliegenden Fall. Das Finanzgericht Düsseldorf ist davon ausgegangen, dass die Vertragsparteien sich bereits mit Vertragsabschluss im Jahre 2004 rechtlich gebunden haben, da sie neben der schuldrechtlichen Einigung auch die Auflassung erklärt hatten. Die grunderwerbsteuerliche Verwirklichung des Erwerbsvorgangs war folglich in 2004 eingetreten, sodass der Steuersatz von 3,5% auch auf das in 2012 gezahlte Teilentgelt auf Grund der Erteilung der Genehmigung anzuwenden war. Eine aufschiebende Bedingung hinsichtlich der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs wurde dagegen verneint.
Auch öffentlich-rechtliche Genehmigungserfordernisse hindern grundsätzlich die Verwirklichung nicht. Diesbezüglich hat das Finanzgericht Düsseldorf hervorgehoben, dass durch die Erteilung der Genehmigung lediglich die Entstehung der Steuer für das Teilentgelt aufschiebend bedingt gewesen ist. Die Finanzverwaltung will dagegen offensichtlich auch erst mit Bedingungseintritt bei bedingten Gegenleistungen den Erwerbsvorgang als verwirklicht ansehen (so OFD Rheinland, Verfügung vom 16. 8. 2011 – S-4430-1000-St-235, DB 2011 S. 2063).
Ebenso ist die Verwirklichung des vorliegenden Erwerbsvorgangs nicht durch die Fälligkeit des Teilentgelts mit Erteilung der Genehmigung aufschiebend bedingt worden. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es sich um eine nachträgliche Leistung gehandelt hätte. Hier hatten sich die Vertragsparteien – so auch das Finanzgericht Düsseldorf – aber bereits bei Vertragsabschluss in 2004 über die Höhe der gesamten Gegenleistung, also einschließlich des Teilentgelts bei Genehmigungserteilung, bindend geeinigt. Etwas anderes kann gelten, wenn die Parteien erst nachträglich eine Kaufpreisanpassungsklausel in den Vertrag einfügen. In derartigen Fällen hat der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit eine nachträgliche Leistung angenommen, sodass auch erst zum späteren Zeitpunkt die Verwirklichung des Erwerbsvorgangs eintreten konnte.
Ergebnis
Bei Immobilientransaktionen zum Jahresende ohne Vereinbarung einer Bedingung sollte es grundsätzlich möglich sein, für den Erwerbsvorgang den niedrigen Steuersatz zur Anwendung kommen zu lassen. Bei Vereinbarung von aufschiebenden Bedingungen sollten vertragliche Gestaltungen möglich sein, um den erhöhten Steuersatz bei Vertragsabschlüssen in 2013 zu vermeiden. Da die Finanzverwaltung offensichtlich aber abweichend von dem bisherigen allgemeinen Verständnis bei einer aufschiebend bedingten Gegenleistung erst mit Eintritt der Bedingung (insoweit) den Erwerbsvorgang als verwirklicht ansehen möchte, ist hier eine steuerrechtliche Vorüberprüfung dringend zu empfehlen.