Ein Unternehmen mag aus verschiedenen Gründen das Bedürfnis verspüren, sich seiner Belastung mit Altersversorgungsverpflichtungen zu entledigen. Die Gläubiger – das Kollektiv der Versorgungsanwärter und –bezieher – werden in den seltensten Fällen zu einem Verzicht auf ihre Ansprüche bereit sein. Das abgabewillige Unternehmen muss sich deshalb auf die Suche nach einem aufnahmebereiten Partner begeben. Der wiederum hat nicht die Selbstlosigkeit auf seinem Briefkopf kundig gemacht. Er verlangt für die Übernahme der Pensionslast einen versicherungsmathematisch ausgerechneten Gegenwert. Dann nimmt das Aha-Erlebnis zur steuerbilanziellen Auswirkung eines solchen Übertragungsvorgangs seinen Lauf. Das abgabewillige Unternehmen blickt auf den Steuerbuchwert der Pensionsrückstellung mit 100 und das aufnahmebereite Unternehmen, das nichts zu verschenken hat, nimmt das versicherungsmathematische Erfordernis zur Abdeckung der Pensionslasten ins Visier und landet bei einem Betrag von 130. Auf dieser Basis kommt das Geschäft dann auch zustande, denn der interessierte Übernehmer muss die Schuld nicht übernehmen, der abgabewillige Partner will dies aber.
Bestätigung vom Bundefinanzhof …
Rechtstechnisch sind zum Transfer verschiedene Hürden zu überspringen, wozu sich mehrere Rechtstechniken anbieten. Davon ist hier nicht weiter die Rede. Vielmehr geht es um den steuergestalterischen Ansatz, den die dargestellte ökonomische Ausgangssituation offenlegt. Wenn ein Passivwert von 100 zu 130 abgegeben wird, entsteht notwendig ein steuermindernder Aufwand in der Steuerbilanz. Der IV. BFH-Senat (Az. IV R 43/09, DB 2012 S. 1359) hat die unsystematisch begründete Gegenwehr der Finanzverwaltung abgelehnt, den Einmalaufwand also akzeptiert. Nun muss die steuergestalterische Strategie auch die Sphäre des aufnehmenden Unternehmens berücksichtigen. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Bewertungsvorschrift des § 6a EStG. Genau diese hat die Bewertungsbeschränkung (im Beispiel) auf 100 bewirkt, während der wirkliche Wert der Pensionslast 130 beträgt. Wenn nun der Erwerber nach der Übertragung wieder mit 100 bewerten müsste, würde er den Aufwand des abgebenden Unternehmens durch einen gleichhohen Gewinn gerade wieder kompensieren. Steuergestalterisch läge ein Nullsummenspiel vor. Doch dem hat der I. BFH-Senat in 2013 (Az. I R 69/11, DB 2013 S. 611) einen Riegel vorgeschoben: Der Übernehmer muss keinen Gewinn aus der Übernahme der Pensionslast versteuern. Deshalb setzt der I. Senat die Bewertungsrestriktion für die übernommene Pensionslast – also den § 6a EStG – außer Kraft und das nicht nur für die Bewertung anlässlich des Übertragungsvorgangs, sondern auf Dauer, vielleicht für 50 Jahre. Der Adrenalinstoß in der Zunft der Steuergestalter überstieg alle einschlägig bekannten Skalenwerte, musste doch der Steuerminderungseffekt beim abgebenden Unternehmen beim aufnehmenden nicht wieder zurückgedreht werden.
… vom Gesetzgeber wieder einkassiert …
Dieses vom BFH geöffnete Scheunentor der Bilanzgestaltung war der steuereinnehmenden Partei weitaus zu viel des Schlechten. Nach einem vergeblichen Versuch noch in der alten Legislaturperiode ist es den gesetzgebenden Instanzen in treuer Gefolgschaft zur exekutiven Gewalt in einer Hau-Ruck-Aktion gelungen, das Gestaltungsangebot des BFH in einem sog. Nichtanwendungsgesetz zu torpedieren. Als alle Welt auf die Koalitionsverhandlungen stierte, hat der Bundestag am 28.11. mit Bestätigung durch den Bundesrat parteienübergreifend ein sog. AIFM-Steueranpassungsgesetz verabschiedet. Dieses enthält einen neuen § 4f EStG und einen neuen Abs. 7 zu § 5 EStG. Die erste Norm zielt auf das abgebende Unternehmen. Dessen Aufwand (im Beispiel) von 30 darf im Übertragungsjahr nur mit 1/15 und in den nächsten 14 Jahren mit eben diesem Betrag als Betriebsausgabe abgezogen werden. Die zweite neue Norm nimmt die Besteuerungssituation des aufnehmenden Unternehmens ins Visier. Dieses muss den sog. Erwerbsgewinn von 30 versteuern, kann aber auf Antrag diesen Gewinn durch eine Rücklage auf längstens 14 Jahre nach dem Wirtschaftsjahr der Übernahme verteilen. Die Mindestversteuerung in diesem Zeitraum beläuft sich also auf 1/15 des Erwerbsgewinns. Erlaubt ist dabei neben dem Verzicht auf den Ansatz der Rücklage auch eine vorzeitige totale oder teilweise Auflösung, was im Verlustjahr eine sinnvolle Lösung darstellen kann.
…, um Haushaltsnotstände zu verhindern.
An der Gesetzesneufassung kann gerade aus systematischen Gründen Vieles kritisiert werden. Doch dominiert die gesamtpolitische Situation auch das Steuerbilanzrecht. Hinter den 30 im Beispiel verbergen sich nach mehr oder weniger genauen Statistiken gesamtwirtschaftlich stille Lasten für Pensionsverpflichtungen in den deutschen Steuerbilanzen von 60 Milliarden €. Diese repräsentieren ein sog. Haushaltsrisiko von gut und gerne 20 Milliarden €. Da musste die Politik nach deren Interessenlage parteienübergreifend einschreiten.