Besteuerung von Genussrechten als Instrument der Mitarbeiterbeteiligung

RA/StB Dr. Barbara Koch-Schulte, Partnerin, P+P Pöllath + Partners

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Der VI. Senat des BFH (zuständig für Lohnsteuer) hatte in seiner Entscheidung vom 17.6.2009 (VI R 69/06, DB0334965) bereits angedeutet, dass eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung durchaus insgesamt den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit zugeordnet werden kann. Der VIII. Senat (zuständig für die Besteuerung von Kapitaleinkünften) scheint diese Auffassung nun zu teilen (Urteil vom 5.11.2013, VIII R 20/11, DB0648854). Einnahmen aus Mitarbeiterbeteiligungen unterliegen danach entweder der Besteuerung als Gehaltsbestandteil oder als Kapitalertrag. Eine Aufteilung der Erlöse für Zwecke der Besteuerung ist nach Auffassung des VIII. Senats nicht vorgesehen.

Sachverhalt

Einem GmbH-Geschäftsführer war in seinem Anstellungsvertrag ein Genussrecht eingeräumt worden, das in Höhe von 2% an der Wertsteigerung der Arbeitgebergesellschaft teilnehmen sollte. Zusätzlich hatte er einen Genussrechtsvertrag zum Erwerb von Genussrechten in Höhe 20.000 DM nominal abgeschlossen. Diese Genussrechte trugen einen jährlichen Zins von 10% und hatten eine Laufzeit von zehn Jahren mit Beginn zum 15.12.2000. Der Vertrag konnte von beiden Parteien mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende des Geschäftsjahres gekündigt werden. Bei einem Ausscheiden des Klägers aus der GmbH sollte das Genussrechtsverhältnis ohne Kündigung zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres enden. Für den Fall der Rückübertragung sollte der Abfindungsbetrag nach der Formel „Nennbetrag des Genussrechts x Unternehmenswert der GmbH zum Beendigungszeitpunkt: Unternehmenswert der GmbH zum Zeichnungszeitpunkt“ berechnet werden, wobei der Unternehmenswert nach dem sog. Stuttgarter Verfahren zu bestimmen war. Eine Verwertung der Genussrechte durch Übertragung an Dritte war nicht vorgesehen.

Ende 2002 vereinbarten die Parteien eine Aufhebung des arbeitsvertraglichen Genussrechts und eine Änderung der Bedingungen für den am 15.12..2000 geschlossenen Genussrechtsvertrag. Danach sollte der Vertrag bereits am 31.12.2003 enden. Der Abfindungswert wurde auf 1,6 Millionen Euro festgelegt. Außerdem sah der geänderte Vertrag vor, dass bei Kündigung des Anstellungsverhältnisses wegen schuldhaften Verhalten des Geschäftsführers das Genussrechtsverhältnis vorzeitig enden und, bis auf die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals, sämtliche Zahlungsansprüche des Klägers aus dem Genussrechtsvertrag entfallen sollten.

Das zuständige Finanzamt unterwarf den gesamten Abfindungsbetrag im Auszahlungsjahr 2004 der Besteuerung als Einnahme aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Im Rechtsbehelfsverfahren stellte das Finanzamt den für die Abfindungszahlung maßgeblichen Unternehmenswert in Höhe von 1.125.865 Euro fest, und qualifizierte lediglich den „überschießenden“ Betrag der Abfindungszahlung in Höhe von 474.144 Euro als Einnahme aus nichtselbstständiger Tätigkeit.

Das Finanzgericht München hat in seinem Urteil vom 29.03.2011 (12 K 3991/09, EFG 2011 S. 1522) den Schwerpunkt seiner Ausführungen vor allem auf die Frage gelegt, ob es sich bei der Abfindungszahlung für die Beendigung des Genussrechts um einen (damals noch) nicht steuerbaren Vermögenszuwachs im Privatvermögen handelt oder um ein Entgelt für Kapitalnutzung aus einer sonstigen Forderung (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Es sah die Abfindungszahlung gerade nicht als Ausgleich für eine Wertsteigerung des dem Kläger zuzurechnenden Vermögensrechtes, sondern als variablen Ertrag für die Überlassung von Kapital und damit als steuerbares Einkommen.

Entscheidung des BFH

In der Revision hat der BFH die Qualifizierung der überschießenden Abfindungszahlung durch das Finanzgericht als Zinseinnahme als maßgeblichen Revisionsgrund angesehen. Der für die Abfindung der Genussrechte gewährte Betrag sei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zuzurechnen. Zwar bestehe zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen und aus nichtselbständiger Tätigkeit kein Rangverhältnis. Allerdings müsse dennoch darüber entschieden werden, welche Einkunftsart im Vordergrund steht.

Dabei differenziert der BFH, anders als das Finanzamt, nicht zwischen der „überschießenden“ Abfindungszahlung und einem durch das Genussrecht veranlassten Kapitalertrag. Vielmehr qualifiziert der VIII. Senat das Genussrechtsverhältnis einheitlich als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst.

Als Indizien für die Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis würdigt der BFH vor allem, dass

–         die Genussrechte nur leitenden Angestellten der GmbH angeboten wurden,

–         die Verfallklausel für die Genussrechte an das Bestehen des Dienstverhältnisses anknüpft, und

–         sich die Höhe der Abfindungszahlung in Abhängigkeit vom Verhalten des Klägers als Arbeitnehmer der GmbH bestimmt.

Diese Indizien reichen nach Meinung des BFH jedes für sich genommen nicht aus, um die Abfindungszahlung als Einnahme aus nichtselbstständiger Tätigkeit zu qualifizieren. Kumulativ hält der BFH diese Indizien jedoch für ausreichend, um den Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis zu bejahen.

Praxisfolgen

Die Entscheidung ist insbesondere im Hinblick auf die zuletzt uneinheitliche Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Verhältnis zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen und den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit von Bedeutung (siehe z.B. FG Baden-Württemberg vom 13.12.2011 – 11 K 1189/09, und FG Köln vom 21.09.2011 – 12 K 2152/09, Revision anhängig unter VIII R 44/11 (!)). So bestand zwischen den Finanzgerichten Uneinigkeit darüber, ob ein Kapitalüberlassungsverhältnis bei einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung insgesamt nur einheitlich zu qualifizieren sei, mit der Folge, dass Einnahmen daraus entweder vollumfänglich den Einkünften aus Kapitalvermögen oder den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit zuzuordnen sind. Bis dato wurde auch in der Praxis die Auffassung vertreten, dass lediglich ein unübliches Entgelt, also z.B. ein die übliche Verzinsung eines Genussrechts übersteigender Betrag, den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit zuzuordnen sind. Eine marktübliche Verzinsung könnte dagegen durchaus bei den Einkünften aus Kapitalvermögen angesetzt werden. Dies hat der BFH nun abgelehnt.

In der Praxis wird diese Entscheidung auf wenig Begeisterung stoßen. Letztlich werden Genussrechte danach nur dann als Mitarbeiterkapitalbeteiligung anerkannt, wenn sie in ihren Bedingungen im Wesentlichen marktüblich sind, d.h. mit am Kapitalmarkt verfügbaren Instrumenten vergleichbar sind. Angesichts der Vielfalt der möglichen Genussrechtsgestaltungen wird sich dabei immer die Frage stellen, welche Referenzkriterien hierbei heranzuziehen sind. Die BFH-Entscheidung gibt zwar gewisse Indizien, in der Praxis bleibt es aber ungewiss, welche Modifikationen ausreichend sind, um eine Fremdüblichkeit herzustellen. Diese Ungewissheit lässt sich nur im Wege einer Lohnsteueranrufungsauskunft oder einer verbindlichen Auskunft klären.

Mit der neuesten Entscheidung des BFH verliert das aufgrund seiner Flexibilität für die Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungen beliebte Instrument des Genussrechtes sicherlich an Attraktivität. Bei der Strukturierung von Mitarbeiterbeteiligungen ist um so mehr darauf zu achten, die Verbindung zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Kapitalüberlassung so gering wie möglich zu halten.

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