Aufwendungen für ein Erststudium als Betriebsausgaben oder Werbungskosten?

StB Dr. Simone Wick, KPMG AG, Köln

StB Dr. Simone Wick, KPMG AG, Köln

Eine Ausbildung oder ein Studium ist in vielen Fällen die Grundlage für eine spätere berufliche Tätigkeit. Neben Fleiß und Durchhaltevermögen ist auch ein gewisser Geldeinsatz, z.B. für Bücher, Unterbringung am Ausbildungsort, Fahrtkosten etc., notwendig. Da diese Aufwendungen zumeist im Hinblick auf die spätere Tätigkeit erbracht werden, stellt sich die Frage, ob sich diese auch steuerlich auswirken. Der BFH hat nun mit Urteil vom 5.11.2013 ( VIII R 22/12, DB0646520) dem Abzug von Aufwendungen für ein Erststudium – außerhalb eines Dienstverhältnisses – als Werbungskosten oder Betriebsausgaben eine Absage erteilt.

Sachverhalt

Dem BFH lag ein „klassischer“ Sachverhalt zur Entscheidung vor: Ein lediger junger Mann entscheidet sich nach dem Abitur für ein Studium (in diesem Fall Jura). Aus diesem Grund bezieht er an seinem Studienort (gleichzeitig sein Hauptwohnsitz) eine „Studentenbude“ und ist bei seinen Eltern weiterhin mit Zweitwohnsitz gemeldet. Der Jurastudent geht davon aus, dass er nach erfolgreichem Abschluss des Studiums selbstständig als Rechtsanwalt tätig sein wird. Somit macht er für die Jahre 2004 und 2005 die Kosten für die Wohnung (Miete und Strom) sowie Telefonkosten als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend.

Das Finanzamt erkennt die negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit nicht an und erlässt sogenannte Nullsteuerbescheide. Hiergegen legt der Student zunächst Klage beim FG und nach negativer Entscheidung des FG Revision beim BFH ein. Er führt an, dass sein Studium und somit auch die dadurch entstandenen Aufwendungen final mit seiner späteren selbständigen Tätigkeit im Zusammenhang gestanden hätten. Der Nichtabzug der Aufwendungen würde daher gegen das im Steuerrecht geltende Nettoprinzip verstoßen. Zudem läge eine unzulässige Rückwirkung vor: Die in §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 erfolgte „Klarstellung“, dass – mit Geltung für alle Veranlagungszeiträume ab 2004 – Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung bzw. ein erstmaliges Studium ohne vorherige Ausbildung keine Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben sind, verstößt nach seiner Ansicht gegen das Rückwirkungsverbot und sei somit verfassungswidrig.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Die Ausbildungskosten sind nicht als Werbungskosten/ Betriebsausgaben, sondern nur gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abzugsfähig.

Unstreitig ist, dass ein Abzug als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben dem Sonderausgabenabzug grds. vorgeht. Für Kosten eines Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses absolviert wird, wird allerdings durch die Regelung in § 4 Abs. 9 und § 12 Nr. 5 EStG ein Abzug als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben ausdrücklich versagt. Der BFH sieht die Neuregelung ab 2012 und insbesondere die damit verbundene „echte Rückwirkung“ als verfassungsgemäß an. Die Gesetzgebung entspräche der bisherigen langjährigen Rechtsprechung und es handele sich um eine Klarstellung. Die „neue“ Rechtsprechung datiert erst aus 2011. Die Reaktion des Gesetzgebers mit der Neufassung von §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG verdeutliche lediglich die bereits seit 2004 vertretene Auffassung. Somit konnte sich für die betroffenen Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 kein schützenswertes Vertrauen bilden.

Der BFH sieht auch weder einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit noch einen Verstoß gegen das Nettoprinzip. Die Neuregelung stellt eine zulässige Typisierung dar, die sich laut BFH in realitätsgerechtem Rahmen bewegt. Unerheblich ist demnach auch, dass der allein verbleibende Abzug als Sonderausgaben bei fehlenden positiven Einkünften ins Leere läuft.

Folgerungen für die Praxis

Nach der Ansicht des VIII. Senats des BFH ist die Situation bei der Anerkennung von Ausbildungskosten „klar“: Eine steuerliche Geltendmachung von Aufwendungen für „Bildung“ ist davon abhängig, ob es sich um eine „erstmalige Ausbildung“ oder um eine „Fortbildung“ handelt.

Die Kosten einer Erstausbildung können grds. nicht als Werbungskosten/ Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Eine Ausnahme besteht nur für ein Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses. In allen übrigen Fällen können diese Aufwendungen nur bis zu einer beschränkten Höhe (aktuell 6.000 €) als Sonderausgaben abgezogen werden. Dieser Sonderausgabenabzug läuft allerdings ins Leere, sofern keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt werden, ein Verlustvortrag in die Zukunft ist hierdurch nicht möglich.

Im Fall der „Fortbildung“ ist – bei Erfüllung der allgemeinen Anforderungen – eine steuerliche Geltendmachung als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben möglich. Sollten die Aufwendungen die erzielten Einnahmen übersteigen, wird der Verlust vorgetragen und kann in einem späteren Veranlagungszeitraum verrechnet werden. Wer also nach einer abgeschlossenen Ausbildung studiert oder nach einem Bachelor-Abschluss ein Masterstudium absolviert, ist häufig gut beraten, jährlich eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Beim VI. Senat des BFH sind noch weitere ähnlich gelagerte Verfahren anhängig (Az. VI R 2/12, VI R 38/12, VI R 52/12, VI R 2/13, VI R 30/13). Es bleibt abzuwarten, wie sich der VI. Senat bei dieser Frage positioniert. Steuerpflichtige sollten im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung auf diese Verfahren hinweisen um ggf. von einem „positiven Ausgang“ profitieren zu können.

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