Anerkennung von kapitaldisproportionaler Einkünftezurechnung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften

RA Dr. Nico Fischer, Counsel bei P+P Pöllath + Partners, München

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In jüngster Zeit hat die Finanzverwaltung vereinzelt Zweifel an der Wirksamkeit von kapitaldisproportionalen Gewinnverteilungen bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften geäußert. Entgegen dieser Zweifel sind sowohl disproportionale Gewinnverteilungen als auch auf gesonderten Buchungskreisen beruhende Gewinnverteilungen anzuerkennen.

Häufig erfolgen gemeinsame Investitionen in Gesellschaftsanteile oder Immobilien über vermögensverwaltende Personengesellschaften, da diese für ertragsteuerliche Zwecke transparent sind, sodass (anders als z.B. bei Kapitalgesellschaften) keine zusätzliche Besteuerungsebene geschaffen wird. Stattdessen werden die jeweiligen Gesellschafter steuerlich so behandelt, als würden sie direkt die Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft halten. Sie erzielen daher beispielsweise Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung anstelle von Einkünften aus Gewerbebetrieb. In diesem Zusammenhang werden oft auch kapitaldisproportionale Gewinnverteilungen für besondere Gesellschafterbeiträge (Gewinnvorab) vereinbart, bei denen einzelne Gesellschafter einen höheren Anteil an den Erträgen der Personengesellschaft zugewiesen bekommen. Zum Teil wird auch vereinbart, dass den Gesellschaftern jeweils nur die Einkünfte aus bestimmten Investments zugewiesen werden, etwa wenn einzelne Investments nicht durch alle Gesellschafter erfolgen und die entsprechenden Erträge in gesonderten Buchungskreisen erfasst werden.

Rechtsprechung zur Einkünftezurechnung

Bei Personengesellschaften, die gewerblichen Einkünfte erzielen (Mitunternehmerschaften) erkennt die Finanzverwaltung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung grundsätzlich auch für steuerrechtliche Zwecke den gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel, insbesondere eine disproportionale Gewinnverteilung in Form der Gewährung eines Vorabanteils, an (BFH-Urteil vom 29.05.2001 – VIII R 10/00, DB0010787).

Auch bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften geht der BFH von der grundsätzlichen Zulässigkeit einer inkongruenten Gewinnverteilung aus, sofern entsprechende, vor Gewinnentstehung getroffene Vereinbarungen der Gesellschafter bestehen, die ihren Grund im Gemeinschaftsverhältnis haben; als Beispiel für einen solchen Grund wird z.B. eine unterschiedliche Beteiligung an der Verwaltung der Vermögenswerte genannt (vgl. BFH, Urteil vom 07.10.1986, Az.: IX R 167/83, Tz. 2).

Auch der Große Senat des BFH (Beschluss vom 29.05.1972 – GrS 4/71, Rn. 26, DB 1972 S. 2092) geht davon aus, dass bereits aufgrund des natürlichen Interessengegensatzes der Gesellschafter die vereinbarte Gewinnverteilung dem Beitrag des Gesellschafters zur Erreichung des Gesellschaftszwecks entspricht. Für die Gewinnverteilung in einer Personengesellschaft soll nach Ansicht des Großen Senats (a.a.O., Rn. 33) nicht überwiegend auf den Kapitalbeitrag, sondern wesentlich auf die mehr persönlichkeitsgebundenen Beiträge der Gesellschafter abzustellen sein. Auch in seiner neueren Rechtsprechung hat der BFH (vgl. Urteil vom 27.07.2004 – IX R 20/03, DB0071774) eine zivilrechtliche kapitaldisproportionale Gewinnverteilung steuerlich für wirksam gehalten, wenn anzuerkennende wirtschaftliche oder steuerliche Gründe vorliegen und die Vereinbarung vor Gewinnentstehung getroffen wird.

Abweichende Meinung der Finanzverwaltung

Demgegenüber rechtfertigt die von der Finanzverwaltung zur Begründung ihrer Zweifel an kapitaldisproportionalen Gewinnverteilungen herangezogene Norm des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO keine Abänderung der zwischen den Gesellschaften vereinbarten Gewinnverteilung. Danach erfolgt die Zurechnung von Wirtschaftsgütern, die von mehreren Personen über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehalten werden, auf der Grundlage der sogenannten Bruchteilsbetrachtung, welche die jeweiligen Wirtschaftsgüter anteilig (zu Bruchteilen) den Gesellschaftern zurechnet. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu unterscheiden zwischen der Zurechnung von Wirtschaftsgütern und der Zurechnung der Einkünfte aus diesen Wirtschaftsgütern. Während die Norm des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die erste Frage der Kapitalbeteiligung regelt, findet sie auf die zweite Frage der Gewinnbeteiligung gerade keine Anwendung. Hierfür kommt es vielmehr auf die gesellschaftsvertragliche Regelung an. Somit ist etwa für die Frage der durchgerechneten Beteiligungshöhe am Stammkapital im Sinn von § 17 EStG die Beteiligung am Kapital der Personengesellschaft relevant. Wenn aber die Gesellschafter vereinbaren, dass Einkünfte der Personengesellschaft in einer von der Kapitalbeteiligung abweichenden Weise zwischen den Gesellschaftern verteilt werden, dann ist (nur) die gesellschaftsvertragliche Abrede über die Gewinnverteilung zu berücksichtigen.

Die Zweifel der Finanzverwaltung an der kapitaldisproportionalen Zurechnung von Einkünfte bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften finden daher weder im Gesetz noch in der der Rechtsprechung eine Grundlage. Die gesellschaftsvertraglichen Abreden über die Gewinnverteilung sind somit grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen.

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