Mit Urteil vom 19.12.2013 – 10 K 1916/12 hat das FG Köln entschieden, dass die Gewinnanteile aus Tochterpersonengesellschaften bei der Ermittlung der sog. Zinsschranke auch auf der Ebene der beteiligten Mutterpersonengesellschaft zu berücksichtigen sind. Diese Frage ist wegen der positiven, aber auch negativen Kaskadeneffekte der Zinsschranke umstritten.
Die Zinsschrankenregelung nach § 4h EStG beschränkt die steuerliche Abziehbarkeit betrieblich veranlasster Zinsaufwendungen. Zinsaufwendungen eines Betriebs können demnach im jeweiligen Veranlagungszeitraum grundsätzlich nur in Höhe der Zinserträge und darüber hinaus bis zur Höhe des sog. verrechenbaren EBITDA als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dieses verrechenbare EBITDA beträgt 30 % des um die Zinsaufwendungen und -erträge bereinigten und um bestimmte Abschreibungen erhöhten maßgeblichen Gewinns.
In einer mehrstöckigen Personengesellschaftsstruktur unterhalten Ober- und Untergesellschaft jeweils einen eigenen Betrieb, der auch das Sonderbetriebsvermögen umfasst. Zinsaufwendungen, die im Inland steuerpflichtige Sondervergütungen eines Mitunternehmers im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind, stellen dabei allerdings nach der Verwaltungsauffassung weder Zinsaufwand der Mitunternehmerschaft noch Zinserträge des Mitunternehmers im Sinne der Zinsschranke dar.
Restriktive Auffassung der Finanzverwaltung
Aus der Betriebsbezogenheit der Zinsschranke folgt nach Ansicht der Finanzverwaltung, dass Gewinnanteile der Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die bereits im Betrieb der Personengesellschaft in das verrechenbare EBITDA eingeflossen sind, bei den Mitunternehmern nicht nochmals berücksichtigt werden können. (vgl. BMF-Schreiben v. 04.07.2008, BStBl. I 2008 S. 718, Rz. 42)
Ablehnung der Verwaltungsauffassung durch das FG Köln
Dieser Verwaltungsauffassung ist das FG Köln in der Entscheidung vom 19.12.2013 mit gewichtigen Argumenten entgegengetreten. Hiernach sind Gewinne einer Tochterpersonengesellschaft, die bereits deren steuerliches EBITDA erhöht haben, bei der Mutterpersonengesellschaft nochmals für Zinsschrankenzwecke zu berücksichtigen (sog. Kaskadeneffekt). Bei Verlusten der Tochtergesellschaft stünde demgegenüber auch auf der Ebene der Muttergesellschaft weniger Zinsabzugspotential zur Verfügung.
Zur Begründung seiner Auffassung verweist das FG Köln insbesondere auf den Gesetzeswortlaut, wonach sich der maßgebliche Gewinn als Ausgangsgröße für die Ermittlung des verrechenbaren EBITDA nach den allgemeinen steuerlichen Vorschriften zur Gewinnermittlung bemisst (§ 4h Abs. 3 EStG). Zu diesen Vorschriften gehört auch § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Hiernach werden die Gewinnanteile einer als Mitunternehmerschaft im steuerlichen Sinne zu qualifizierenden gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft den Mitunternehmern einkommensteuerlich zugerechnet. Bei mehrstöckigen Personengesellschaften folgt aus dem sog. Transparenzprinzip, dass bei der Oberpersonengesellschaft auch die Anteile an dem für die Untergesellschaft einheitlich und gesondert festgestellten „Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft“ in die Gewinnermittlung eingehen. Diese Gewinnanteile müssen daher als Teil des maßgeblichen Gewinns nach § 4h Abs. 1 und 3 EStG bei der Ermittlung des verrechenbaren EBITDA der Obergesellschaft für Zinsschrankenzwecke berücksichtigt werden.
Dieses Ergebnis steht nach der Ansicht des FG Köln auch im Einklang mit der Betriebsbezogenheit der Zinsschranke. Denn eine Personengesellschaft hat nur einen Betrieb, zu dem bei der Obergesellschaft auch deren Beteiligung an der Untergesellschaft gehört.
Für die Auffassung des FG Köln spricht zudem die Gesetzessystematik. Denn bei der – ebenfalls objektbezogenen – Gewerbesteuer wird eine mehrfache Ergebnisberücksichtigung bei der Personengesellschaft und ihren Mitunternehmern nur durch eine ausdrückliche gesetzliche Kürzungsregelung in § 9 Nr. 2 GewStG vermieden. § 4h EStG enthält jedoch für die Ermittlung des verrechenbaren EBITDA gerade keine entsprechende Kürzungsvorschrift.
Praxisfolgen der Entscheidung
Gegen das erstinstanzliche Urteil des FG Köln vom 19.12.2013 ist Revision beim BFH eingelegt worden (Az. BFH: IV R 4/14). Eine höchstrichterliche Klärung dieser Rechtsfrage steht somit derzeit noch aus.
Folgt man der Ansicht des FG Köln, ist derselbe Gewinn sowohl beim verrechenbaren EBITDA der gewinnerzielenden Untergesellschaft als auch beim verrechenbaren EBITDA der Obergesellschaft zu berücksichtigen. Sollte sich der BFH im Revisionsverfahren dieser Auffassung anschließen, könnten sich für Personengesellschaftskonzerne auf Grund dessen im Einzelfall steuerliche Vorteile, ggf. aber auch Nachteile ergeben. In Fällen mit einer positiven Ergebnisprognose könnten sich durch eine mehrfache Gewinnberücksichtigung bei der Ermittlung der Zinsschranke für die Gestaltungspraxis interessante Möglichkeiten zur Erhöhung des steuerlichen Zinsausgabenabzugs über mehrstufige Personengesellschaftsstrukturen eröffnen. Im Verlustfall käme es in diesen Fällen allerdings zu gegenläufigen negativen Kaskadeneffekten.