In einem aktuellen Urteil hat der Bundesfinanzhof zu Begründung und Beendigung einer körperschaftssteuerlichen Organschaft entschieden. Das Fazit lautet: Wesentliche Erleichterungen bei der Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags im Zusammenhang mit Rumpfgeschäftsjahren gehen damit einher, dass die vorfristige Beendigung der Organschaft ohne deren rückwirkendes Scheitern von Anfang problematischer geworden ist. Nicht immer kann man sich über eine Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs uneingeschränkt freuen. Licht und Schatten zeichnen auch das am 26.3.2014 veröffentlichte Urteil vom 13.11.2013 zur Organschaft aus (I R 45/12, DB0650772). Zudem enthält das Urteil eine überraschende Wendung, die so nicht einmal zu erahnen war (Walter, Steuerboard vom 19.7.2012, DB0483635).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Bereits im ersten Jahr einer Organschaft wurde das Geschäftsjahr mit Zustimmung des Finanzamts verkürzt. Der Gewinnabführungsvertrag wurde dann nach insgesamt einem Jahr und neun Monaten beendet. Der BFH gibt zur Verdeutlichung der Motivation der Parteien aus dem FG-Urteil wieder, dass bei Vertragsbeginn vorhandene gewerbesteuerliche Verlustvorträge des Organträgers verbraucht werden sollten. Nach dem Verbrauch dieser Verlustvorträge habe eine vorzeitige Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags dem Ziel einer steuerlich optimalen Gestaltung der Konzernstrukturen entsprochen, offenbar weil man nachteiligen ausländischen Regelungen der Konzernbesteuerung nur so begegnen konnte und die Organbeteiligung konzernintern umgehängt hatte. [Rz. 24 des Urt.]
Das FG Niedersachsen (Urteil vom 10.5.2012 – 6 K 140/10, DB0481541) lehnte die Veräußerung im Konzern als wichtigen Grund für eine steuerlich unschädliche vorfristige Beendigung der Organschaft ab, ebenso die im ausländischen Steuerrecht basierten Gründe. Dachte man allerdings, der Bundesfinanzhof käme aus Rechtsgründen gar nicht so weit, darüber zu judizieren, weil die Organschaft schon aufgrund des eingelegten Rumpfgeschäftsjahrs ohne Verlängerung der Laufzeit des Gewinnabführungsvertrag gescheitert sei, sieht man sich einer unerwarteten Wende in der Argumentation des BFH gegenüber.
Rumpfwirtschaftsjahre bei der Organschaft
Konnte man aus dem BFH-Urteil vom 12.1.2011 (I R 3/10, DB0414232) vermeintlich zwanglos ableiten, dass ein zunächst ohne Berücksichtigung von Rumpfgeschäftsjahren abgeschlossener Gewinnabführungsvertrag sofort zu verlängern ist, wenn die Organschaft nach einem eingelegten Rumpfgeschäftsjahr innerhalb der fünfjährigen Mindestlaufzeit nicht rückwirkend scheitern soll, nimmt der BFH nun eine „Abgrenzung“ zu diesem Urteil vor (sogar im Leitsatz).
Die steuerliche Anerkennung der Organschaft scheitere nicht an der Umstellung des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, obwohl die feste Vertragslaufzeit von fünf Zeitjahren unberührt blieb. Mit seiner damaligen Aussage, dass bei Vorhandensein von Rumpfwirtschaftsjahren letztlich eine längere Mindestlaufzeit als fünf Jahre erforderlich wird, sei ein generelles Erfordernis, den Mindestzeitraum mit fünf zwölfmonatigen Wirtschaftsjahren auszufüllen, nicht verbunden. Insoweit wird auf ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zurückgegriffen, wonach die Rechte und Pflichten aus einem Gewinnabführungsvertrag bis zur Beendigung in einem laufenden Geschäftsjahr der Organgesellschaft unberührt bleiben. Auf welche Weise die Vertragsparteien zum regulären Ende des Gewinnabführungsvertrags sicherstellen, dass im letzten Jahr der Mindestlaufzeit den steuerrechtlichen Folgerungen der Organschaft Rechnung getragen wird (z.B. durch eine Fortsetzung des Vertrags zum Ablauf des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft) sei nicht Gegenstand einer ex-ante-Beurteilung für das Durchführungserfordernis während der Vertragslaufzeit.
In der Kürze dieser Feststellungen liegt die Würze. Gefestigt geglaubte Grundlagen der Organschaft scheinen zu wanken, ohne dass die Auswirkungen schon ganz zu übersehen sind. Insoweit allerdings braucht das zunächst nicht zu irritieren, da sich diese Feststellungen des BFH ausschließlich zugunsten der Firmen auswirken.
Wichtiger Grund bei vorzeitiger Vertragsbeendigung
Positiv zu sehen ist auch, dass der BFH es nicht für schädlich erachtet, wenn Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Gewinnabführungsvertrages in diesem vereinbart werden. Eine ex-ante-Betrachtung möglicher Auflösungsgründe sei für die Laufzeitvoraussetzungen des Vertrags (zunächst) ohne Belang. Damit sind die Befürchtungen vom Tisch, solche vertraglich festgelegten Gründe gefährdeten die Organschaft von vornherein.
Schatten fällt hingegen dadurch auf die Organschaft, dass der BFH die steuerbegriffliche Eigenständigkeit des wichtigen Grunds für eine unschädliche Beendigung des Gewinnabführungsvertrags hervorhebt und damit die Vorinstanz in aller Schärfe bestätigt. Die zivilrechtlich sinnvollen vereinbarten Gründe für eine Kündigung oder Aufhebung des Vertrages haben steuerlich keine Relevanz, wenn es darum geht, eine willkürliche Beeinflussung der Besteuerung zu verhindern, wie sie eintreten könne, wenn die fünfjährige Mindestlaufzeit unterlaufen werden soll. Dass die Vertragsparteien dies in casu gewollt hatten – daran lässt der BFH keinen Zweifel erkennen und bringt auch den zugrunde liegenden Sachverhalt deutlicher zum Ausdruck als die Vorinstanz. Die Motivation der Vertragsparteien war allzu offensichtlich, und man spürt das Bedauern des Senats, die Organschaft schon deshalb ablehnen zu können, weil die Mindestlaufzeit nicht ernsthaft vereinbart gewesen ist. [Rz. 15] Dazu hatte das FG jedoch keine Feststellungen getroffen. Bei dieser Sachlage kann man den Senat letztlich verstehen, auch wenn er in Bezug auf die vorfristige Beendigung Steine statt Brot gibt.