Die Entfernungspauschale ermöglicht bekanntlich den Abzug von 30 Cent pro Kilometer der Entfernung zwischen Wohnort und Tätigkeitsstätte als Werbungskosten. Sie ist unabhängig von der Art des Beförderungsmittels und steht daher auch Fußgängern zu. Die Festlegung auf 30 Cent pro Kilometer ist eine gesetzliche Pauschalierung der Wegekosten. Die tatsächlichen Kosten bleiben unerheblich. Gestritten wurde seit einiger Zeit darüber, ob neben der Entfernungspauschale auch außergewöhnliche Kosten geltend gemacht werden können, z.B. Unfallkosten. Der BFH hat dem nun eine Absage erteilt.
Die Entfernungspauschale deckt unstreitig jedenfalls die laufenden und vorhersehbaren Wegekosten von der Anschaffung eines Fahrzeugs über die Kosten für Treibstoff, Wartung, Versicherung, Kfz-Steuer bis hin zu üblichen Reparaturen ab. Aber gilt das auch für solche Aufwendungen, die außergewöhnlich oder unüblich sind? Diese entziehen sich eigentlich einer Pauschalierung. Dabei geht es z.B. um Kosten, die durch Unfälle oder Motorschäden auf dem Weg zur Arbeit entstehen oder durch einen Diebstahl des am Bahnhof abgestellten Fahrrades oder – auch das kommt vor – die versehentliche Betankung mit Diesel statt mit Benzin. Dieser Falschbetankungsfall bereichert jetzt die Chroniken der einschlägigen Rechtsprechung. Weil der betroffene Falschtanker erst nach Fortsetzung der Fahrt bemerkte, dass sein Gefährt „unregelmäßig“ fuhr, war eine Reparatur unvermeidlich. Und weil ihm dieses Missgeschick auf dem Weg zur Arbeit passierte, machte er die Reparaturkosten von über 4.000 € als Werbungskosten geltend. Vom FG Niedersachsen bekam er zunächst Recht (Urteil vom 24.04.2013 – 9 K 218/12, DB0593545).
Eindeutiger Wortlaut schließt konkreten Kostenabzug aus
Nach dem Gesetzeswortlaut scheint die Berücksichtigung irgendwelcher, konkreter Wegekosten generell ausgeschlossen zu sein. Denn der Gesetzgeber hat seit 2001 ausdrücklich aufgeschrieben, dass mit der Pauschale „sämtliche Aufwendungen abgegolten“ sind. Ausnahmen gibt es nur für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und für behinderte Menschen. Dieser Wortlaut klingt eindeutig. Weil aber im Steuerrecht selten etwas eindeutig aufgefasst wird, hat man die frühere Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Wegekosten fortgeführt. Nur die „normalen, voraussehbaren Kosten“ könnten von der Pauschale erfasst sein, nicht aber die Kosten durch Unfälle, Motorschäden oder Diebstahl des Fahrzeugs, die auf dem Weg zur Arbeit passieren und daher beruflich veranlasste Werbungskosten sein müssten.
Die Frage war seitdem umstritten. Die Befürworter stützen sich insbesondere auf den Willen des Gesetzgebers. Für das FG Niedersachsen war die Schlussfolgerung „zwingend“, dass außergewöhnliche Kosten nicht abgegolten sind. Dabei zog es auch die Auffassung des Bundesfinanzministeriums heran. Denn das am Gesetzgebungsverfahren beteiligte Ministerium hat in seinem aktuellen Schreiben zur Entfernungspauschale vom 31.10.2013 (DB0629749) noch einmal ausdrücklich bestätigt, dass zumindest Unfallkosten neben der Entfernungspauschale als außergewöhnliche Aufwendungen berücksichtigt werden können. Darin sah das Finanzgericht aber eine nicht vertretbare Einschränkung (auf Unfallkosten) und hat auch weitere außergewöhnliche Aufwendungen als abzugsfähig angesehen und damit schließlich auch dem Falschtanker geholfen. Der BFH konnte sich mit dieser Rechtspraxis aber nicht anfreunden. Er begründet dies knapp damit, dass sich der Abzug irgendwelcher, also auch außergewöhnlicher Aufwendungen klar außerhalb des Wortlauts der Vorschrift bewegt und damit unzulässig ist (BFH vom 20.03.2014 – VI R 29/13, DB0664114).
Der BFH hält den Gesetzgeber auch nicht für verpflichtet, die Entfernungspauschale so auszugestalten, dass auch außergewöhnliche Aufwendungen berücksichtigungsfähig sind. Die Reparaturkosten des Falschtankers sind für den BFH eine mit der hier zulässigen Pauschalierung verbundene und hinzunehmende Härte.
Keine Ausnahme mehr für Unfallkosten?
Obwohl der BFH es in seiner Entscheidung nur mit dem Falschtanker zu tun hatte, wird man kaum umhinkommen, die Begründung auf Unfallkosten zu übertragen. Einen Ausweg dafür hat der BFH nicht offen gelassen. Damit dürfte auch feststehen, dass das Bundesfinanzministerium in Bezug auf die Unfallkosten eine begünstigende Verwaltungsregelung geschaffen hat, die sich außerhalb des Gesetzeswortlauts bewegt. Ein Festhalten daran verstieße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Diejenigen, die auf der Grundlage dieser Verwaltungsauffassung Unfallkosten als Werbungskosten geltend machen konnten, sind sozusagen in den Genuss einer gut gemeinten, aber rechtswidrigen Großzügigkeit der Finanzverwaltung gekommen. Hätte die Finanzverwaltung diese auch dem Falschtanker gewährt, wäre es natürlich nicht zu einem Prozess gekommen. Dank des Falschtankers können die Unfallgeschädigten künftig vermutlich nicht mehr mit dem Wohlwollen der Finanzverwaltung rechnen.