Hybride Finanzierungen – Die EU stopft ein Steuerschlupfloch und kommt der OECD zuvor

StB Dr. Pia Dorfmueller, Partner bei P+P Pöllath + Partners, Frankfurt

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Beginn der Initiative in 2012

Im Februar 2012 führte die EU-Kommission eine öffentliche Befragung im Zusammenhang mit doppelter Nichtbesteuerung durch, um Informationen bzgl. bestimmter hybrider Gestaltungen und deren mögliche Wirkung auf den Binnenmarkt einzuholen. In den Antworten auf die Konsultation war man sich generell einig, dass solche Gestaltungen unerwünscht sind, da sie zu erheblichen Einnahmeausfällen führen und den Wettbewerb zwischen den Unternehmen im Binnenmarkt verzerren.

Das Europäische Parlament forderte am 19.04.2012 dazu auf, die EU Mutter-Tochter-Richtlinie zu überarbeiten, um der doppelten Nichtbesteuerung mithilfe von hybriden Finanzinstrumenten in der EU ein Ende zu bereiten. Im Lichte des von der EU-Kommission am 06.12.2012 angenommenen Aktionsplans zur Verstärkung der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung hat das Parlament die EU-Kommission erneut aufgefordert, konkret gegen missbräuchliche hybride Gestaltungen vorzugehen, bei denen die unterschiedliche Besteuerung in den Steuersystemen der einzelnen Mitgliedstaaten ausgenutzt wird und spätestens 2013 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Mutter-Tochter-Richtlinie vorzulegen. Dieser Vorschlag wurde am 25.11.2013 vorgelegt.

Gegenstand der EU Mutter-Tochter-Richtlinie

Die Mutter-Tochter-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, unter bestimmten Voraussetzungen Gewinnausschüttungen, die Muttergesellschaften von Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten zufließen, von der Steuer zu befreien oder die im Ausland angefallene Steuer anzurechnen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Gewinnausschüttung in dem Mitgliedstaat, in dem die zahlende Tochtergesellschaft ansässig ist, als abzugsfähige Zahlung behandelt wurde.

Vorschlag der EU-Kommission vom 25.11.2013

Nach Ansicht der EU-Kommission ist die beste Option der Nichtbesteuerung entgegenzuwirken, die in der Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung für im Quellenstaat abzugsfähige Gewinnausschüttungen nicht zu gewähren (Anti-Hybrid-Regelung).

Darüber hinaus enthielt der Vorschlag ebenfalls eine umfassende Regel zur allgemeinen Missbrauchsbekämpfung.

Kompromissvorschlag vom 08.04.2014 und Zustimmung des ECOFIN-Rats am 08.07.2014

In den Diskussionen hat sich gezeigt, dass der Plan, das Steuerschlupfloch durch Unterbindung der Gestaltung mit hybriden Finanzinstrumenten zu schließen, auf breite Zustimmung stößt, jedoch bei dem Teil des Vorschlags, der die allgemeine Regel zur Verhinderung von Missbrauch betrifft, noch größerer Beratungsbedarf besteht. Insofern beinhaltet der Kompromissvorschlag vom 08.04.2014 lediglich die Anti-Hybrid-Regelung. Gleichzeitig wurde in einer Erklärung für das Ratsprotokoll festgehalten, dass der Rat über die anderen Teile des Vorschlags noch weiter beraten wird. Nach zwei gescheiterten Beratungen im ECOFIN-Rat wurde der Vorschlag am 08.07.2014 angenommen.

Auswirkungen

Die Anti-Hybrid-Regelung ist von den Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2015 in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland hängt die Steuerfreistellung von Dividenden bereits seit dem 01.01.2014 von der Nichtabzugsfähigkeit der Zahlung bei der ausschüttenden Gesellschaft ab. Insofern ist die von Deutschland unilateral gefasste Lösung mit der der EU deckungsgleich.

Auf der anderen Seite wird Frankreich gezwungen sein, sein nationales Recht zu ändern, da die nationale Anti-Hybrid-Regelung vorsieht, den Abzug bei der zahlenden Gesellschaft zu versagen. Dies wäre dann nicht mehr mit der Richtlinie vereinbar.

Steht die Vorgehensweise der EU dem Vorschlag der OECD entgegen?

Die OECD arbeitet im Rahmen ihres Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)-Projekts ebenfalls an einer Anti-Hybrid-Regelung. Die OECD schlug in ihrem Aktionsplan vom 19.07.2013 vor, u.a. eine Musterregel für nationale Gesetze zu entwickeln, die (vorrangig) dem Zahlungsempfänger Befreiungen für vom Zahlenden abzugsfähige Zahlungen aberkennt. Allerdings scheint die OECD von diesem Ansatz abgerückt zu sein und empfiehlt nun als vorrangige Lösung Abzüge für Zahlungen, welche vom Zahlungsempfänger nicht dem Einkommen hinzugerechnet werden, zu verwehren (wie Frankreich). Erst als zweite Lösung sieht die OECD die Versagung der Steuerfreistellung bei Abzugsfähigkeit der Zahlung.

Insofern scheint die EU Anti-Hybrid-Regelung der derzeitigen Präferenz der OECD entgegenzustehen. Es bleibt zu hoffen, dass auch die OECD und die EU koordiniert handeln, auch wenn die EU schon gehandelt hat.

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