Wichtige OFD-Verfügung zur „Kleinen Organschaftsreform“

Ann-Cathrin Hütig, Steuerberaterin, Manager, Tax, KPMG AG, Köln

Ann-Cathrin Hütig, Steuerberaterin, Manager, Tax, KPMG AG, Köln

Mit Datum vom 16.1.2014 hat die OFD Karlsruhe eine nicht bundesweit abgestimmte Arbeitshilfe für die Finanzverwaltung zur sog. „Kleinen Organschaftsreform“ veröffentlicht, die eine erste Richtungsweisung für die Finanzbeamten darstellen soll (vgl. FR 2014 S. 434). Die behandelten Themen „Aufgabe des doppelten Inlandsbezugs bei der Organgesellschaft“ sowie „Ausländischer Organträger“ haben in der Praxis erhebliche Bedeutung.

 

Aufgabe doppelter Inlandsbezug bei der Organgesellschaft

Grundsätzlich ist eine grenzüberschreitende Organschaft zwischen einem inländischen Organträger (OT) und einer Gesellschaft, die ihre Geschäftsleitung im Inland, ihren Sitz jedoch in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Vertragsstaat des EWR Abkommens hat möglich (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Problematisch ist in diesen Fällen indessen die praktische Durchführung der grenzüberschreitenden Organschaft, da Anerkennungsvoraussetzungen auch weiterhin der Gewinnabführungsvertrag (GAV) und die Abführung des „ganzen Gewinns“ sind.

Die Lösung der OFD Arbeitshilfe ist in diesem Punkt zwar einfach, aber problematisch: Zutreffend weist sie darauf hin, dass die Eintragung des GAV eine Frage des ausländischen Gesellschaftsrechts ist und eine Eintragung in das HR des inländischen OT nicht ausreicht. Bedauerlicherweise erteilt sie jedoch der Anerkennung bloßer schuldrechtlicher Verträge außerhalb des GAV nach § 291 AktG eine Absage. Damit wird eine grenzüberschreitende Organschaft in den meisten Fällen unmöglich sein.

Ergebnis: Die personenbezogenen Hemmnisse wurden durch die „Kleine Organschaftsreform“ zwar behoben, die gesetzlichen Anforderungen an den GAV können aber auch weiterhin aufgrund der „Formalia“ selten erfüllt werden. Dadurch könnte die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit verletzt sein.

Ausländischer Organträger – Zuordnung der Beteiligung und Zurechnung der Einkünfte

Aufgrund des BFH-Urteils vom 9.2.2011 (I R 54, 55/10, BStBl. II 2012 S. 106 = DB0414233) sind die Voraussetzungen für die OT-Eigenschaft in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sätze  4-7 KStG zur Absicherung deutschen Steuersubstrats angepasst worden. Grundsätzlich regeln die Sätze 4 und 5 die ununterbrochene Zuordnung der Beteiligung an der OG zur inländischen Betriebsstätte des OT i.S.d. § 12 AO (Tatbestandsebene), während in Satz 6 als Rechtsfolge dieser Zuordnung das Einkommen dieser inländischen Betriebsstätte des OT zugerechnet wird. Nach Satz 7 soll eine inländische Betriebsstätte allerdings nur vorliegen, wenn die dieser Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte sowohl nach innerstaatlichem Steuerrecht als auch nach einem anzuwendenden DBA der inländischen Besteuerung unterliegen. Das Verhältnis von Satz 4 zu Satz 7 ist unklar. Für reine Inlandsfälle sollte Satz 7 keine Rolle spielen.

Zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sätze 4, 5 und 6 KStG: In der Arbeitshilfe wird klargestellt, dass sich die Zuordnung der Beteiligung und die Zurechnung des Einkommens nicht nach DBA-Grundsätzen, sondern nach rein nationalen Grundsätzen richten. Die „ununterbrochene“ Zuordnung soll während der gesamten Mindestlaufzeit von fünf Zeitjahren und anschließend während des gesamten Wirtschaftsjahres der OG erfüllt sein. Dies ist sicherlich nicht unproblematisch.

Bei OT-Personengesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern akzeptiert die Arbeitshilfe, dass das zivilrechtliche Gesamthandseigentum eine Zuordnung zur inländischen Betriebsstätte indiziert. Das ist erfreulich und bedeutet eine Vereinfachung im Vergleich zu OT-Kapitalgesellschaften. Weitere Zuordnungskriterien werden an dieser Stelle nicht genannt.

Zu § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 7 KStG: Zur Sicherstellung der inländischen Besteuerung des gewerblichen Einkommens der OG bei einem Mitunternehmer wird gefordert, dass eine Betriebsstätte i.S.d. jeweils anzuwendenden DBAs gegeben sein soll, so dass der Gewinnanteil des ausländischen Mitunternehmers der beschränkten Steuerpflicht als gewerbliche Einkünfte bei der Mitunternehmerbetriebsstätte des Gesellschafters unterliegt. Ein Quellensteuerabzug soll nicht ausreichen. Dabei folgt die Zurechnung der Einkünfte zur DBA Betriebsstätte der funktionalen Zuordnung der Beteiligung an der OG zur DBA-Betriebsstätte des OT. Die anderen Einkünfte des OT sind nicht von dieser Regelung betroffen. Es ist daher möglich, dass ein OT steuerfreie Einkünfte in der betreffenden Betriebsstätte erzielt, die nicht aus der OG stammen.

Für grenzüberschreitende Sachverhalte wird damit mittelbar auch die Zuordnung der Beteiligung nach DBA gefordert. Die Frage der funktionalen Zuordnung soll im Einzelfall unter Berücksichtigung des BMF Schreibens vom 16.4.2010 (BStBl. I 2010 S. 354, Tz. 2.2.4.1 zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften, vgl. DB0350423) zu prüfen sein. Zweifelsfälle sind bei der OFD vorzulegen.

Konkrete Zuordnungskriterien indessen fehlen und das BMF Schreiben vom 16.4.2010 ist derzeit in Überarbeitung. Das von der OFD genannte Kriterium der tatsächlich-funktionalen Zuordnung ist sehr streitig und im Einzelfall unscharf, so dass mit Rechtsstreitigkeiten zu rechnen ist.

Die OFD Arbeitshilfe bietet allerdings für Altfälle, bei denen aufgrund der Rückwirkung (ab Veranlagungszeitraum – VZ – 2012) ein Scheitern der Organschaft drohen würde, an, diese ggf. durch zusätzliche funktionale Verbindungen zu heilen (im Einzelfall auch für den VZ 2012). Diese Fälle sind mit der OFD abzustimmen. Die Gesetzesänderung soll darüber hinaus keine Auswirkungen auf Vorjahre haben, wenn in Altfällen die Organschaft nun während der Mindestlaufzeit nicht mehr anerkannt werden könnte. Damit könnte die Arbeitshilfe verfassungsrechtliche Probleme, die sich durch die in Teilbereichen rückwirkende Verschärfung der Regelungen ergeben, zwar nicht grundsätzlich beheben, aber auf „kurzem Dienstweg“ vermeiden (dazu auch Dötsch/Pung, DB 2014 S. 1215).

Ergebnis

Die Arbeitshilfe bietet für das komplexe Thema der Zuordnung der Organbeteiligung und Zurechnung der Einkünfte zum ausländischen OT einige Anhaltspunkte und ermöglicht dem Steuerpflichtigen für Altfälle Heilungsmöglichkeiten. Bezüglich des komplexen Themas der steuerlichen Zuordnung einer Beteiligung an der OG sind aber auch weiterhin viele Fragen offen.

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