Seit ihrer Einführung ist die Steuerbefreiung für Dividenden gem. § 8b KStG für Gewerbesteuerzwecke eine diffizile Angelegenheit. Noch komplizierter wird es, wenn die Dividende mittelbar über eine zwischengeschaltete Mitunternehmerschaft bezogen wird. Im Gewerbesteuerrecht gilt prinzipiell der Grundsatz, dass der auf Ebene einer Mitunternehmerschaft versteuerte Gewerbeertrag nicht nochmals auf Ebene des Mitunternehmers versteuert wird, sofern dieser selbst gewerbesteuerpflichtig ist, wie z. B. eine Kapitalgesellschaft. Dies wird dadurch gewährleistet, dass Gewinn- und Verlustanteile aus einer Mitunternehmerschaft bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Mitunternehmers gekürzt bzw. hinzugerechnet werden (§ 8 Nr. 8, § 9 Nr. 2 GewStG). Die Regelung gilt auch für ausländische Mitunternehmerschaften, was der Finanzverwaltung aber ein Dorn im Auge ist.
Besonderheit bei ausländischen Mitunternehmerschaften
Bei mittelbar über ausländische Mitunternehmerschaften bezogenen Dividenden fällt letztlich keine inländische Gewerbesteuer an. Dieses Ergebnis ist indes systematisch zutreffend. Denn die Gewerbesteuer erstreckt sich nur auf den im Inland unterhaltenen Gewerbebetrieb, d. h. die im Inland bestehenden Betriebstätten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 GewStG). Durch die Einbeziehung ausländischer Mitunternehmerschaften in die gewerbesteuerlichen Kürzungs- bzw. Hinzurechnungsvorschriften wird dieses Grundprinzip auch für diesen Bereich umgesetzt.
In der Praxis werden nunmehr allerdings Versuche der Finanzverwaltung bekannt, das bei Streubesitzdividenden auszuhebeln. Hintergrund ist die nicht gerade einfach gestaltete Gesetzestechnik:
- So ist die Dividende zunächst aufgrund der Steuerbefreiung gem. § 8b KStG – und wegen der damit verbundenen Regelung über nicht abziehbare Betriebsausgaben – nur zu 5 % im körperschaftsteuerlichen Gewinn aus Gewerbebetrieb enthalten. Dieser ist die Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewerbeertrags.
- Anzuwenden ist sodann eine Hinzurechnungsvorschrift (§ 8 Nr. 5 GewStG), die auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen zweier Kürzungsvorschriften (§ 9 Nr. 2a GewStG für inländische und § 9 Nr. 7 GewStG für ausländische Dividenden) verweist, in denen insbesondere die 15 %-Grenze geregelt ist.
- Die vorstehend erwähnte Kürzungsvorschrift für Gewinnanteile aus Mitunternehmerschaften gilt unabhängig davon.
Die Argumentation der Finanzverwaltung geht nun so: Bei sog. Streubesitzdividenden ist die Dividende auch bei einer zwischengeschalteten Mitunternehmerschaft nur zu 5 % im körperschaftsteuerlichen Gewinnanteil des Mitunternehmers enthalten (so ausdrücklich § 8b Abs. 6 KStG). Da die maßgebliche Beteiligungsschwelle (15 %) nicht erreicht ist, müssen die steuerfreien 95 % der Dividende für Gewerbesteuerzwecke also wieder hinzugerechnet werden. Sodann ist noch der Gewinnanteil aus der Mitunternehmerschaft zu kürzen. Hier geht die Finanzverwaltung mit der – an sich zutreffenden – herrschenden Meinung davon aus, dass der für Körperschaftsteuerzwecke anzusetzende Gewinnanteil zu kürzen ist. In diesem ist die Dividende aber wiederum nur zu 5 % enthalten.
Ergebnis ist, dass 95 % der Dividende auf Ebene des Mitunternehmers der Gewerbesteuer unterliegen. Bei der zwischengeschalteten ausländischen Mitunternehmerschaft hat die Finanzverwaltung damit eine veritable Gewerbesteuerquelle erschlossen.
Doppelbelastung bei inländischen Mitunternehmerschaften?
Dass dies nicht richtig sein kann, zeigt zunächst eine Kontrollüberlegung bei der inländischen Mitunternehmerschaft: Auf deren Ebene unterliegt die Streubesitzdividende in voller Höhe der Gewerbesteuer. Da die Argumentation der Finanzverwaltung aber genauso bei Mitunternehmern einer inländischen Mitunternehmerschaft greift, muss in diesem Fall der Mitunternehmer nochmals 95 % der Dividende der Gewerbesteuer unterwerfen.
Eine Besonderheit kommt allerdings noch hinzu: Die Argumentation der Finanzverwaltung wurde in Fällen vor Einführung der 10 %-Grenze für Körperschaftsteuerzwecke im Jahre 2013 vertreten. Nach Einführung dieser Grenze ergibt sich da ein vollkommen anderes Bild: Da eine Streubesitzdividende (Beteiligung weniger als 10 %) in voller Höhe der Körperschaftsteuer unterliegt, ist sie auch im Gewinn aus Gewerbebetrieb enthalten. Einer Hinzurechnung für Gewerbesteuerzwecke bedarf es somit nicht mehr. Zu kürzen ist wiederum der körperschaftsteuerliche Gewinnanteil des Mitunternehmers. Dieser enthält aber gerade die nämliche Dividende in voller Höhe. Ergebnis: Bei Beteiligungen von weniger als 10 % ist die Dividende auf Ebene des Mitunternehmers gewerbesteuerfrei. Die verquere Logik der Finanzverwaltung spielt nur noch bei Beteiligungen von mindestens 10 % und weniger als 15 % eine Rolle.
Fazit: Keine Hinzurechnung
Spätestens hier zeigt sich, dass die Auffassung der Finanzverwaltung nicht mit dem Gesetz vereinbar ist. Der Denkfehler liegt darin, dass der Mitunternehmer bei einer zwischengeschalteten Mitunternehmerschaft aus gewerbesteuerlicher Sicht keine Dividende bezieht, sondern einen Gewinnanteil aus einer Mitunternehmerschaft, in dem die Dividende, ggf. aber auch andere Einkünfte enthalten sind. Der Gesetzgeber hat dies auch bedacht. Denn in der Hinzurechnungsvorschrift, auf die sich die Finanzverwaltung beruft (§ 8 Nr. 5 GewStG), wird nur auf § 8 Abs. 1 KStG verwiesen. Dieser regelt aber lediglich die Steuerbefreiung der unmittelbar bezogenen Dividende. Die mittelbar über eine Mitunternehmerschaft bezogene Dividende wird in § 8b Abs. 6 KStG behandelt. Auf diese Vorschrift wird in § 8 Nr. 5 GewStG (wohlweislich) nicht verwiesen. Somit kommt die Hinzurechnungsvorschrift auf Ebene des Mitunternehmers gar nicht zur Anwendung und es verbleibt lediglich bei der Kürzung des körperschaftsteuerlichen Gewinnanteils.
Nur so werden eine zutreffende Besteuerung sichergestellt und eine doppelte steuerliche Erfassung vermieden: Auf Ebene der Mitunternehmerschaft findet eine Besteuerung statt, soweit diese einen Gewerbebetrieb im Inland unterhält. Auf Ebene des Mitunternehmers wird der Gewinnanteil nicht nochmals besteuert.