Aufwendungen für verfallene Optionsrechte sind Werbungskosten

StB Dipl.-Kfm. Dr. Christian Hick, Partner bei FGS Flick Gocke Schaumburg, Bonn
StB Dipl.-Kfm. Dr. Christian Hick, Partner bei FGS Flick Gocke Schaumburg, Bonn

Die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Optionsgeschäften im Privatvermögen stellt sich als stete Quelle finanzgerichtlicher Auseinandersetzungen dar. Der am 27.06.2014 (1 K 3740/13 E) vom FG Düsseldorf entschiedene Fall verdeutlicht, dass sich hieran auch in dem System der Abgeltungsteuer nichts geändert hat. Die Bedeutung der Entscheidung besteht darin, dass erstmals ein Finanzgericht für die im System der Abgeltungsteuer ab dem 01.01.2009 geltende Rechtslage die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für verfallene Optionen als Werbungskosten bestätigt hat.

Sachverhalt

Gegenstand der Entscheidung des FG Düsseldorf bildet die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für sog. verfallene Optionsrechte. Der Steuerpflichtige hatte im Streitjahr 2010 von einer deutschen Geschäftsbank emittierte Put-Optionen auf den Dax-Index mit einer Laufzeit bis zum 15.12.2010 erworben. Aufgrund „ungünstiger“ Entwicklung des Dax-Index übte der Steuerpflichtige die Optionen nicht aus, sodass sie am 15.12.2010 verfielen. Damit erlitt er einen (wirtschaftlichen) Verlust in Höhe der Anschaffungskosten der Optionen (zzgl. Kosten). Diesen Verlust behandelte der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, bei den Aufwendungen für die verfallenen Optionen handele es sich um einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Aufwendungen auf der privaten Vermögensebene, eine Berücksichtigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen komme daher nicht in Betracht.

Termingeschäfte, bei denen die Durchführung des Basisgeschäfts ausgeschlossen ist

Für die steuerliche Einstufung der im Streitfall getätigten Optionsgeschäfte ist zu beachten, dass der Erwerber einer Put-Option (Optionsnehmer) gegen Zahlung der Optionsprämie das Recht erwirbt, am Ende der Laufzeit der Option an den Verkäufer der Option (Stillhalter) eine bestimmte Menge eines Bezugsobjektes (z.B. Aktien) zu einem festgelegten Optionspreis zu verkaufen. Es liegt ein sog. bedingtes Termingeschäft vor, da der Optionsnehmer zur Durchführung des Basisgeschäfts nicht verpflichtet ist. Die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Termingeschäfts hängt dann davon ab, ob das dem Optionsgeschäft zugrundeliegende Basisgeschäft tatsächlich durchführbar ist.

Zu den von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG erfassten Einkünften aus Kapitalvermögen zählt der Gewinn bei „Termingeschäften“, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Durch die Vorschrift werden solche Termingeschäfte der Besteuerung unterworfen, bei denen die Durchführung des Basisgeschäfts ausgeschlossen ist. Dies trifft auf die von dem Steuerpflichtigen getätigten Geschäfte zu, da sich erworbenen Optionen auf den Dax-Index dadurch auszeichnen, dass eine effektive Abnahme bzw. Lieferung eines Basiswerts ausgeschlossen ist. Das Schließen der Option erfolgt daher mit Ablauf der Optionsfrist durch Verfall oder durch Ausübung der Option. Im Fall der Ausübung der Option wandelt sich die Abnahmeverpflichtung des Stillhalters in einen Barausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis des Optionsrechts und dem Wert des Basisgeschäfts bei Fälligkeit des Vertrages. Dieser Barausgleich ist der von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG geforderte Differenzausgleich.

Der Steuerpflichtige hatte das Recht aus seinen Optionsscheinen bis zum Ende der Laufzeit nicht ausgeübt, weil der Dax-Index zu diesem Zeitpunkt über 5.500 Punkte gestiegen war und sich daher kein positiver Differenzbetrag ergeben hätte. Ausgehend von der bereits zur Vorgängervorschrift § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. vertretenen Rechtsauffassung war die Finanzverwaltung der Ansicht, dass das verfallen lassen der (wertlosen) Optionsrechte nicht die Voraussetzungen eines Beendigungstatbestandes i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG erfüllt, da der Optionsnehmer keinen Differenzausgleich i.S.d. Vorschrift erlangt.

Verfallen lassen wertloser Optionsrechte

Der BFH ist in seiner Entscheidung vom 29.09.2012 (IX R 50/09, DB 2012 S. 2611) zur Vorgängerregelung (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F.) – entgegen seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung – zu dem Ergebnis gelangt, dass der Differenzausgleich nicht nur positiv, sondern auch negativ ausfallen kann. Unter dem Aspekt einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit macht es aus Sicht des BFH aber keinen Unterschied, ob es tatsächlich zu einem steuerbaren negativen Differenzausgleich kommt oder ob ein solcher aufgrund des Verfalls der Optionen unterbleibt. In beiden Varianten beruht die bei dem Steuerpflichtigen eintretende Vermögensminderung auf der Wertentwicklung des Basiswerts mit der Folge, dass die gezahlten Optionsprämien als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Das FG Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung der Urteilsbegründung des BFH für die ab dem 01.01.2009 geltende Rechtslage angeschlossen. Aus Sicht der Steuerpflichtigen ist die Entscheidung des FG Düsseldorf daher zu begrüßen. Das FG hat die Revision allerdings zugelassen, da zu der streitigen Rechtsfrage für die ab dem 01.01.2009 geltende Rechtslage noch keine Rechtsprechung des BFH vorliegt. Das FG kommt zu dem m.E. zutreffenden Ergebnis, dass die Entscheidungsgründe des BFH auf die aktuelle Rechtslage (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG) übertragbar sind, da der Wortlaut der Vorschrift von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. – bis auf den Wegfall der einjährigen Spekulationsfrist – nicht abweicht. Der aus § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG resultierende Ausschluss eines Werbungskostenabzugs steht einer steuerwirksamen Berücksichtigung der Aufwendungen für die erworbenen Optionen nicht entgegen, weil es sich um von § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG erfasste Aufwendungen handelt, die in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem hierdurch begründeten Termingeschäft stehen.

Die Finanzverwaltung hat die BFH-Entscheidung vom 29.09.2012 zwar im Bundessteuerblatt veröffentlicht, die Entscheidung allerdings für die Fälle des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG mit einem Nichtanwendungserlass belegt (vgl. BMF v. 27.03.2013, BStBl. I 2013 S. 403 = DB0585209). Insoweit ist es konsequent, dass die Finanzverwaltung versucht, ihre Rechtsauffassung in dem gegen die Entscheidung des FG Düsseldorf unter dem Az. VIII R 31/14 beim BFH anhängigen Revisionsverfahren durchzusetzen. 

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